REINKARNATION von Ronald Zürrer |
Internet-Veröffentlichung Juli 2008, |
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KAPITEL 8: DAS ENDE DER REINKARNATION
Wunschlosigkeit
Die Befreiung aus der Bindung des materiellen Daseins – mit anderen Worten: das Ende der Reinkarnation – gilt also nicht nur im Osten, sondern auch bei den altgriechischen Orphikern, bei Pythagoras, Sokrates und Platon sowie später bei den Gnostikern und bei Philosophen wie Lessing, Schopenhauer und Nietzsche als das Endziel allen menschlichen Strebens.
Sie alle fordern in der einen oder anderen Weise, daß wir, um uns aus der polaren Welt befreien zu können, alle karmischen Bindungen überwinden sollen, und die Wurzel dieser Bindungen sind unsere eigenen Wünsche.
Obwohl es einerseits diese Wünsche sind, die uns an die Gesetze von Karma und Reinkarnation binden, kann doch auch dieselbe Kraft des Wünschens, wenn sie umgepolt wird, uns auf unserem Weg des Fortschritts voran und in die Freiheit bringen, nach der wir uns sehnen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal ein Gedicht von Hermann Hesse anführen, das diesen essentiellen Punkt veranschaulicht. Er hat es „Glück“ benannt:
Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.
Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.
Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,
Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht.
Wir sollen also jedem materiellen Wunsch entsagen und keine materiellen Begehren, keine materiellen Pläne und Vorhaben mehr kennen. Erst dann finden wir wahres Glück, wahren Frieden, wahre Ruhe, und erst dann müssen wir folglich auch nicht mehr in dieser Welt wiedergeboren werden. Auch die Bhagavad-gita sagt in diesem Zusammenhang:
Nur wer durch die unaufhörliche Flut von Wünschen nicht beeinträchtigt ist – wie das Meer, das trotz des Zufließens unzähliger Ströme immer ausgeglichen bleibt –, kann Frieden erlangen, und nicht derjenige, der danach trachtet, solche Wünsche zu befriedigen.
Wer alle materiellen Wünsche und allen Anspruch auf Besitz aufgegeben hat und frei von falschem Ego ist – er allein kann wirklichen Frieden erlangen. (Bg 2.70–71)
Alle Wünsche aufgeben? Wie aber soll denn das gehen? In der Tat, wer schon probiert hat, auch nur einen bestimmten materiellen Wunsch aufzugeben, weiß, daß solche Wünsche mitunter so hartnäckig anhaften können wie Honig im Haar.
Wie oft haben sich zum Beispiel Raucher schon geschworen, eine bestimmte Zigarette sei die letzte in ihrem Leben, aber wie viele schaffen tatsächlich den Absprung auf Dauer? Und selbst dann ersetzt oft nur eine neue Sucht die alte.
Ja, wenn wir es uns genau überlegen, ist eigentlich die Erfüllung individueller Wünsche der treibende Faktor in unserem Leben. Was also soll daran falsch sein? Und wenn ich nun alle Wünsche auf einmal aufgäbe, was bliebe mir noch übrig? Könnte ich mich dann nicht gleich umbringen? Und überhaupt, ist Gott etwa neidisch auf die Erfüllung der wenigen kleinen Wünsche, die ich mir in meinem streßerfüllten Leben noch gönne?
Solche oder ähnliche Gedanken werden bei diesem Thema wohl vielen Zeitgenossen unwillkürlich durch den Kopf gehen. Nun, sicherlich ist Gott nicht auf uns Menschen neidisch, denn Er besitzt per Definition bereits alles und – um beim Beispiel zu bleiben – somit auch allen Tabak der Welt. Höchstwahrscheinlich ist Er obendrein auch noch Nichtraucher. Was also könnte Ihm daran gelegen sein, daß ich nicht rauche?
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