REINKARNATION
Die umfassende Wissenschaft
der Seelenwanderung

von Ronald Zürrer

Internet-Veröffentlichung Juli 2008,
(c)
Govinda-Verlag GmbH

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KAPITEL 6: REINKARNATION IM CHRISTENTUM

Die Lehre «von den letzten Dingen» (Eschatologie)

Ich möchte mich nun noch einmal der zentralen Frage unserer gesamten Betrachtungen zuwenden und untersuchen, welche Lehrmeinung die offizielle christliche Kirche heute vertritt. Die Frage lautet: Was geschieht nun tatsächlich mit der Seele, nachdem diese im Augenblick des Todes ihren physischen Körper verläßt?

Für ihre Beantwortung schuf die Kirche die sogenannte „Lehre von den letzten Dingen“ (Eschatologie). Papst Benedikt XII. schreibt in der Constitutio „Benedictus deus“ vom 29. Januar 1336: 

Die Seelen der Gerechten sind und werden sein im Himmel und im Paradies sofort nach ihrem Tod, und zwar auch noch vor der Wiedervereinigung mit ihrem Leib und vor dem allgemeinen Gericht ... Sie schauen die göttliche Wesenheit in unmittelbarer Schau.

 

Ferner bestimmen wir: Wie Gott allgemein angeordnet hat, steigen die Seelen derer, die in einer tatsächlichen schweren Sünde verscheiden, sofort in die Hölle hinab, wo sie von höllischen Qualen gepeinigt werden. Aber trotzdem werden am Tage des Gerichtes alle Menschen vor dem Richterstuhl Christi in ihrem Leibe erscheinen und Rechenschaft geben über ihre eigenen Taten.

Im Anschluß an den Tod des Körpers erfolgt also ein „besonderes Gericht“ mit vorläufiger Belohnung oder Bestrafung, oder vielmehr Läuterung („Fegefeuer“), und nach einer ungewissen Wartezeit dann noch einmal das allgemeine letzte Gericht am sogenannten Jüngsten Tag. Dieses kennt nur gerade zwei mögliche Urteile, ist also, verglichen mit einem weltlichen Gericht, sehr grob. Darüber hinaus erscheint der Sinn des letzten oder „Jüngsten Gerichtes“ unverständlich, wenn es die Urteile des vorhergehenden besonderen Gerichtes nur noch einmal wiederholt.

Außerdem stellt sich hier auch die Frage, wo und in welchem Zustand sich die Seele während dieser „Wartezeit“ nach dem Tode befindet. Diese Frage bildet in der Tat eines der größten Probleme der Einmaligkeitstheorie des menschlichen Lebens und kann von der Kirche nicht eindeutig beantwortet werden.

Möglich wäre, daß sich die Seele bis zur Auferstehung des Fleisches (ein weiteres unverständliches Dogma, auf das ich hier nicht eingehen will) und dem Jüngsten Gericht entweder in einer Art unbewußtem Schlafzustand aufhält, daß sie in der Zwischenzeit völlig ausgelöscht und am Jüngsten Tage neu ins Leben gerufen wird oder daß sie einem geheimnisvollen „Fegefeuer“ ausgesetzt ist.

Dies alles sind freilich unbegründete Vermutungen – weit weg von den Lehren Jesu –, und so ist die allgemeine Tendenz der Kirchenvertreter leicht verständlich, diesem Thema tunlichst aus dem Wege zu gehen.

Ihrer zahlreichen inneren Widersprüche wegen haben solche Lehren schon immer zu etlichen theologischen Meinungsverschiedenheiten geführt. Neuerdings wird von manchen zeitgenössischen Theologen gar die sogenannte Ganztod-Theorie vertreten, wonach der ganze Mensch mit Leib und Seele stirbt. Der Theologe Paul Althaus schreibt in seinem Werk „Die Letzten Dinge – Lehrbuch der Eschatologie“: 

Wir haben den Tod als wirkliches Ende hingestellt, als Zerbrechen von Leib und Seele, also völlige Zerstörung unserer Lebendigkeit, und haben uns gegen jede Abschwächung des Todes gewehrt, gerade vom Gedanken des Todes als Gericht aus: seinen Charakter als Gericht behält das Sterben nur, wenn auch die Seele stirbt, wenn die Person das Nein Gottes als Zerbrechen ihrer gesamten Lebendigkeit erfahren muß. (S. 111)

Der Historiker und Religionspublizist Gerhard Adler hat in seinem Buch „Wiedergeboren nach dem Tode? – Die Idee der Reinkarnation“ die Fragwürdigkeit dieser Ganztod-Theorie klar erkannt. Er schreibt: 

Konkret aber spitzt sich das Problem zu, wenn man die vielfältigen und gut beglaubigten Erfahrungen der Parapsychologen ernst nimmt... Es handelt sich hier keineswegs um vage weltanschauliche Spekulationen, sondern um Fakten, die nach einer Deutung verlangen. Man muß die Frage stellen, ob Theologen eine Ganztod-Theorie entworfen hätten, wenn ihnen diese vielfältigen Materialien bekannt und einer gründlichen Reflexion wert gewesen wären. (S. 179)

Es mag auch verwundern, daß diejenigen Theologen, die sich für die Ganztod-Theorie einsetzen, scheinbar den Ausspruch Jesu nicht kennen: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können.“ (Mt 10,28) Wäre die Kirche in Handlung und Lehre konsequent, müßte sie die modernen Ganztod-Theologen wie früher vor ein Inquisitionsgericht stellen und öffentlich ve­fluchen, da diese gegen das Dogma De fide vom V. Lateran­konzil (1513) verstoßen, in dem eindeutig festgelegt wird, daß der Mensch eine individuelle und unsterbliche Seele besitzt.

Um aber abschließend noch einmal auf das „Jüngste Gericht“ und die „ewige Verdammnis“ der nicht christlich getauften Seelen zurückzukommen: Abgesehen von der bereits erwähnten offensichtlichen Unvereinbarkeit einer ewigwährenden Höllenstrafe mit der Gott zugesprochenen Barmherzigkeit und Liebe erscheint dieses Dogma auch aus einem anderen Grunde unverständlich und widersprüchlich:

Könnte man nicht erwarten, daß bei einem gerechten Gerichtsurteil die Sühne maximal der Höhe der Schuld entspricht? Ist aber das Verhältnis einer ewigen, unvergänglichen Verdammnis zu einer zeitlichen Schuld nicht ungerecht? Hier können wir uns nur dem evangelischen Bischof Schjelderups anschließen, wenn er schreibt: 

Ich bin froh, daß am Jüngsten Tag nicht Theologen und Kirchenfürsten, sondern der Menschensohn uns selbst richten wird. Und ich zweifle nicht daran, daß die göttliche Liebe und Barmherzigkeit größer ist als die, die in der Lehre von der ewigen Pein in der Hölle zum Ausdruck kommt ... Für mich gehört die Lehre von der ewigen Höllenstrafe nicht in die Religion der Liebe. (in: Sartory, „In der Hölle brennt kein Feuer“, München 1968, S. 186)

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