REINKARNATION
Die umfassende Wissenschaft
der Seelenwanderung

von Ronald Zürrer

Internet-Veröffentlichung Juli 2008,
(c)
Govinda-Verlag GmbH

  zum Inhaltsverzeichnis 


KAPITEL 6: REINKARNATION IM CHRISTENTUM

Die Theologie der Reinkarnation

Die beiden Hauptunterschiede zwischen der Reinkarnationsvorstellung, wie sie beispielsweise in den vedischen Schriften Indiens beschrieben wird, und der Lehrmeinung der christlichen Theologie sind: 

  1. Die Präexistenz der Seele, das heißt die Auffassung, daß die Seele bereits vor der Geburt (und auch vor der Zeugung) des physischen Körpers existierte.

  2. Die "ewige Verdammnis", das heißt das kirchliche Dogma der ewigen Bestrafung in der Hölle oder des ewigen Genusses im himmlischen Paradiese nach nur einem einzigen irdischen Menschenleben.

Zunächst zum zweiten Punkt. Weder in den vedischen Texten noch in den Lehren Jesu Christi finden wir Beschreibungen einer ewigen Verdammnis der Seele durch Gott. Diese Auffassung stünde im Widerspruch zur Allgüte Gottes, der sämtliche Seiner Kinder ewig und unparteiisch liebt. In der Bhagavad-gita sagt Er hierzu:

Ich beneide niemanden, und Ich bevorzuge auch niemanden. Ich bin allen gleichgesinnt. Doch jeder, der Mir in Hingabe dient, ist Mein Freund, ist in Mir, und auch Ich bin sein Freund. (Bg. 9.29)

Andererseits finden wir in den Schriften auch keine Beschreibungen eines ewigen himmlischen Genusses innerhalb der polaren Welt.

Vielmehr heißt es dort, daß nichts in dieser Welt immerwährend ist, sondern alles einem ständigen Wandel und Verfall unterworfen – sowohl das Glück („gutes Karma“) als auch das Leid („schlechtes Karma“). Ziel ist es nicht, eine permanent angenehme Situation innerhalb der materiellen Sphäre zu schaffen, sondern sich aus dem Kreislauf der wiederholten Geburten und Tode zu befreien und in die ewige spirituelle Heimat, das Reich Gottes, zurückzukehren, welches jenseits von „Himmel“ und „Hölle“ gelegen ist. Wie Jesus sagt: „Wir sind in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt.“

Die Reinkarnationslehre nun besagt, daß Gott nicht ein unbarmherziger Richter der Menschen ist, der ihnen nur gerade ein einziges Leben, eine einzige Chance bietet, sich Ihm zuzuwenden, und der diejenigen, die diese Chance nicht wahrnehmen wollen oder nicht wahrnehmen können, „ewig“ bestraft. Nein, Gott ist gemäß den Lehren Jesu und auch gemäß der vedischen Theologie der barmherzige und liebende Vater aller Lebewesen – auch jener, die Ihn aus Unwissenheit oder Verblendung derzeit noch ablehnen.

Der Kreislauf des Samsara – das heißt, die wiederholten Geburten und Tode in dieser Welt – bietet somit früher oder später jeder Seele die Möglichkeit zur Reform. In diesem Sinne wird die Reinkarnation nicht als negativ-passive Wanderung der Seele durch eine unendliche Serie von „Strafen“ verstanden, sondern im Gegenteil als positiv-aktiv, als ein Vorwärtsschreiten durch viele Leben bis hin zur Rückkehr in das Reich Gottes.

Im Lichte der Reinkarnationslehre wird somit auch der „Gott der Liebe“, von dem die christliche Lehre spricht, klarer sichtbar – ohne jene dogmatische Verkrampfung, die besagt, daß Gott auf unergründliche und unverständliche Weise denjenigen strafe, den

Er doch liebt. Denn die Einmaligkeitstheorie des menschlichen Lebens läßt – im Gegensatz zur Lehre von Karma und Reinkarnation – zur Erklärung der Ursache von Schicksalsschlägen und Krankheiten (insbesondere wenn diese angeboren sind), keine andere Möglichkeit zu als den „unergründlichen Willen Gottes“. Wie läßt sich dieser jedoch mit der Vorstellung eines Gottes der Liebe vereinbaren (Problem der sogenannten Theodizee)?

Gemäß der vedischen Theologie ist und bleibt Gott der Inbegriff unendlicher Liebe und Barmherzigkeit. Er sendet nicht willkürlich, aus geheimnisvollen Gründen, Leid und Krankheit auf einzelne, von Ihm bestimmte Menschen. Nicht Gott ist es, der uns „straft“, sondern wir sind es selbst – so sagt es die Karma-Lehre. Gott läßt nur die Wirkungen der nach unserem freien Willen gesetzten Ursachen zu, damit wir lernen, Verantwortung für unser Tun in dieser Welt zu tragen, und uns, durch solche Erfahrungen gereift und geläutert, letztlich freiwillig in liebender Hingabe Seinem allguten Willen fügen: „Dein Wille geschehe!“ (Mt 6,10)

Die Erde und das menschliche Leben erscheinen daher weder als Verdammung noch als letztliche Bestimmung, sondern als Durchgangsstation auf dem Wege zur Läuterung und Erhebung unseres Bewußtseins, auf dem Wege zurück nach Hause, zurück zu Gott.

  zum Seitenanfang 

  zum Inhaltsverzeichnis 

  


Sie befinden sich auf der Website: 

Hier geht es zur Homepage!