REINKARNATION von Ronald Zürrer |
Internet-Veröffentlichung Juli 2008, |
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KAPITEL 5: GESCHICHTE DES REINKARNATIONSGEDANKENS - Elfter Teil: DER REINKARNATIONSGEDANKE AUSSERHALB DEUTSCHLANDS
Vereinigte Staaten
Da ich mich in meiner Darstellung der Geschichte des Reinkarnationsgedankens vornehmlich mit der europäischen, dort insbesondere mit der deutschen Geistesgeschichte beschäftigen möchte, sei hier nur ein äußerst knapper und sicherlich lückenhafter Überblick über vereinzelte amerikanische Dichter und Denker gegeben, welche – unter dem Einfluß deutscher und englischer Philosophen – ebenfalls die Lehre der Wiedergeburt angenommen und in ihr Schaffen eingearbeitet haben.
Der erste Amerikaner, von dem Zeugnisse des Wissens um die Reinkarnation überliefert sind, ist der Erfinder und Staatsmann Benjamin Franklin (1706–1790), der im Mai 1785 in einem Brief an George Whatley schreibt:
Da ich [in dem Werke Gottes] nichts zugrunde gehen und keinen Wassertropfen verschwendet sehe, wie kann ich also an eine Vernichtung der Seele glauben? ... Und da ich mich in der Welt existieren sehe, glaube ich, in der einen oder anderen Form ewig zu existieren.
Angesichts aller Unannehmlichkeiten, denen das menschliche Leben ausgesetzt ist, habe ich dabei auch nichts gegen eine Neuausgabe meinerselbst einzuwenden, in der Hoffnung allerdings, daß die Errata der jetzigen korrigiert werden.
Doch schon viel früher, mit 23 Jahren, hatte der junge Franklin – als gelernter Buchdrucker – diesen Gedanken in seiner von ihm selbst entworfenen Grabinschrift formuliert:
Hier ruhet der Leib Benjamin Franklins, eines Buchdruckers, als Speise für die Würmer, gleich dem Deckel eines alten Buches, aus dem der Inhalt herausgenommen und der seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist. Doch wird das Werk selbst nicht verloren sein, sondern dermaleinst wieder erscheinen in einer neueren, schöneren Ausgabe, durchgesehen und verbessert von dem Verfasser. (1729)
Franklin war jedoch nicht der einzige Politiker der amerikanischen Gründerzeit, der sich mit dem Thema der Reinkarnation befaßte. Auch John Adams (1735–1826), der von 1797–1801 als zweiter Präsident die USA regierte, schreibt im März 1814 an seinen Nachfolger Thomas Jefferson (Präsident von 1801–1809), nach der Lektüre mehrerer Bücher über die vedische Religion:
Nachdem einige Seelen gegen das höchste Wesen revoltiert hatten, wurden sie in die tiefsten Regionen völliger Dunkelheit verstoßen. Dann wurden sie aus dem Gefängnis befreit; ihnen wurde erlaubt, zur Erde aufzusteigen und in alle möglichen Lebensformen – Säugetiere, Reptilien, Vögel und Menschen – einzugehen, entsprechend ihrem Rang und Charakter, und sogar in Pflanzen und Steine, um dort eine Bewährungszeit durchzumachen.
Wenn sie die verschiedenen Stufen tadellos durchgangen hatten, durften sie Kühe oder Menschen werden. Wenn sie als Menschen rechtschaffen lebten, wurden sie wieder in den Himmel erhoben, zurück in ihre ursprüngliche Stellung der Glückseligkeit.
Im 19. Jahrhundert ist vor allem die Dichter- und Philosophengruppe der Transzendentalisten zu nennen (um 1836–1860), die sich intensiv mit der indischen Geisteswelt auseinandersetzte und deren Vertreter erklärte Anhänger und Verkünder des Reinkarnationsgedankens in den USA waren.
Die Bezeichnung „Transzendentalisten“, die sich die Dichter selbst gaben, hatten sie aus Kants „Kritik der reinen Vernunft“ entliehen; allgemein ist ihr Denken einerseits stark beeinflußt von deutschen Philosophen wie Lessing, Herder, Goethe, Schiller, Jean Paul, Hegel oder Schopenhauer und zum anderen auch durch ihre direkte Auseinandersetzung mit den vedischen Schriften, die zu jener Zeit erstmals aus dem Sanskrit übertragen wurden.
So hatte beispielsweise der „Vater“ des Transzendentalismus, der neuenglische Dichter Frederic Hedge (1805–1890), Herders Abhandlung „Über die Seelenwanderung“ sowie andere bedeutende Werke aus dem Deutschen ins Englische übersetzt. In seinem eigenen Werk „Ways of the Spirit, and other Essays“ schreibt Hedge:
Wenn wir in der Erinnerung zurückgehen, finden wir keinen Anfang unseres Daseins. Wer weiß, außer aus den Berichten anderer, auch nur über die ersten beiden Jahre seines jetzigen Lebens? ... Bevor wir für uns selbst existierten, existierten wir bereits für andere. Unsere Erfahrung reicht nicht so weit wie unser Dasein, und unser Erinnerungsvermögen vermag dieses nicht zu erfassen. Wir tragen nicht die Wurzel, die Wurzel trägt uns.
Was ist die Wurzel? Wir nennen sie die Seele. „Unsere“ Seele, nennen wir sie; richtig gesprochen aber, ist sie nicht die unsrige, sondern wir sind die ihrigen. Sie ist nicht ein Teil unsererselbst, sondern wir sind ihr Teil ...
Diese Wurzel ist größer und anders, als wir es sind, als unser Bewußtsein es ist. Das Bewußtsein beginnt erst einige Zeit nach der Geburt des Individuums, es ist nicht ursprünglich, sondern eine Folge, ein Aufblühen einer Individualität ... Und die Seele, die auf diese Weise erblüht, existierte bereits vor der Zeit des Aufblühens ...
Die Annahme der Präexistenz ... scheint am besten zum angenommenen Fortbestehen der Seele nach dem Tode zu passen. Was einen Anfang in der Zeit hat, muß, wie es scheint, auch in der Zeit enden. Das ewige Ziel, das der Glaube der Seele zuschreibt, setzt folglich einen ewigen Ursprung voraus ... Dies entspricht der Lehre des gelehrtesten und scharfsinnigsten aller Kirchenväter [Origenes] ...
Von allen Theorien über den Ursprung der Seele scheint mir diese also die glaubwürdigste und auch diejenige, die die Frage nach einem nächsten Leben am ehesten erleuchtet.
Neben Hedge waren die drei herausragendsten Transzendentalisten die Philosophen Ralph Waldo Emerson (1803–1882) und Henry David Thoreau (1817–1862) sowie der Dichter Walt Whitman (1819– 1892). Aus ihrem umfangreichen Schaffen seien hier nur einige wenige Zitate angeführt, die die Thematik der Reinkarnation anschneiden.
In den Schriften R.W. Emersons, der auch gerne direkt aus den Veden zitierte, finden wir zum Beispiel folgende Aussagen:
Die Seele entstammt dem Wesen Gottes, als Teil der Seele der Welt, als Strahl der Quelle des Lichts. Sie tritt von außerhalb in den menschlichen Körper ein, wie in einen vorübergehenden Aufenthaltsort, und sie verläßt diesen auch wieder, um andere Orte zu bereisen, ... denn die Seele ist unsterblich. (in: „Journals of Ralph Waldo Emerson“)
Es war mir, als ob ich das Buch [Essays von Montaigne, um 1580] in irgendeinem früheren Leben selbst geschrieben hätte. (aus seiner philosophischen Vortragsreihe „Repräsentanten der Menschheit“, 1850)
Es ist ein Geheimnis dieser Welt, daß alle Dinge fortbestehen und nicht sterben, sondern nur eine Zeitlang aus der Sicht verschwinden und dann wiederkommen. Nichts ist tot. Die Menschen stellen sich tot und lassen düstere Todesanzeigen und Scheinbegräbnisse über sich ergehen – und da stehen sie wieder ... in einer neuen, andersartigen Verkleidung.
Da die Seele oft geboren wird, gibt es nichts, was sie nicht schon erfahren hat; kein Wunder, daß sie sich erinnern kann an das, was sie früher wußte. Denn Fragen und Lernen liegt in der Erinnerungskraft. ... Laß dich nicht durch die Grübchen am Kinn und durch Kinderlocken täuschen! Ich sage dir: dies Kind ist tausend Jahre alt ...
H.D. Thoreau, der einige Jahre in der einsamen Zurückgezogenheit von Walden Pond/Mass. verbrachte (Hauptwerk: „Walden, oder Leben in den Wäldern“, 1854) und ein naturverbundenes Leben der inneren Einkehr und Meditation führte, schrieb einst in einem Brief: „So weit, wie ich mich zurückerinnern kann, habe ich mich unbewußt auf Erfahrungen einer früheren Daseinsstufe bezogen.“
Thoreau hatte sich wie kein zweiter Amerikaner seiner Zeit eingehend in die Weisheit des alten Indien vertieft, und im Jahre 1926 wurde in seinem Nachlaß ein Manuskript entdeckt, das den Titel „Die Seelenwanderung der sieben Brahmanen“ trägt und die englische Übersetzung einer Sanskriterzählung über die Reinkarnation darstellt. An einer anderen Stelle lesen wir über sein Leben in Walden Pond und sein Studium der Bhagavad-gita:
Die schweißgebadeten Einwohner von Madras, Bombay und Kalkutta laben sich an meinem Brunnen. Jeden Morgen bade ich meinen Intellekt in der umfassenden und kosmogonalen Philosophie der Bhagavad-gita, ... im Vergleich mit welcher unsere moderne Welt und Literatur nur kümmerlich und trivial erscheint.
Und ich frage mich, ob diese Philosophie nicht etwa aus einem früheren Daseinszustand stamme, so weit ist ihre Erhabenheit von unseren Auffassungen entfernt. Ich lege das Buch beiseite, begebe mich zu meinem Brunnen, um Wasser zu schöpfen – und siehe da:
Dort treffe ich den Diener des Brahmanen, des Priesters von Brahma und Vishnu und Indra, der noch immer in seinem Tempel am Ganges sitzt und die Veden studiert oder mit seinem Stück trockenen Brotes und seinem Wasserkrug unter einem Baume verweilt. Ich treffe seinen Diener, und wie ehedem klingen unsere Schöpfeimer in demselben Brunnen aneinander. Das reine Wasser des Walden Pond vermischt sich mit dem heiligen Wasser des Ganges ...
In dem Gedicht „Song of Myself“ (um 1855) von Walt Whitman heißt es:
Ich weiß, daß ich unsterblich bin... Wir haben bereits Milliarden von Wintern und Sommern hinter uns. Milliarden stehen uns noch bevor und darauf weitere Milliarden.
In der Erzählung „Berenice“ schreibt Edgar Allan Poe (1809–1849):
Aber es ist wohl müßig, zu behaupten, daß ich nicht schon vorher gelebt – daß unsere Seele keine Vorexistenz habe. Sie leugnen es? Wir wollen nicht weiter darüber streiten! Ich bin überzeugt und habe kein Verlangen, andere zu überzeugen.
Ich bin überzeugt, denn mich begleitet eine Erinnerung an ätherische Formen, an geisterhafte, vielsagende Augen, an melodische, traurige Töne – eine Erinnerung, die mich nie verlassen wird, ein Andenken, wie ein Schatten unbestimmt, unbeständig, veränderlich und auch einem Schatten ähnlich in der Unmöglichkeit, mich davon zu befreien, solange die Sonne meiner Vernunft leuchtet.
Der Roman „Die Zwangsjacke“ des Schriftstellers Jack London (1876–1916) stellt einen eigentlichen Reinkarnationsroman dar, in dem auf nahezu jeder Seite eine entsprechende Andeutung gemacht wird. Hier seien nur einige Ausschnitte daraus wiedergegeben:
Mein ganzes Leben bin ich mir anderer Zeiten, anderer Orte bewußt gewesen. Ich bin mir anderer Personen in mir selber bewußt gewesen ...
Die Toren! Als ob sie durch ihre plumpe Einrichtung mit Strick und Schafott meine Unsterblichkeit erwürgen könnten! Immer wieder, ach, unzählige Male, werde ich auf dieser lichten Erde wandern. Und ich werde im Fleische wandern, werde Fürst und Bauer, Gelehrter und Stümper sein, auf dem Hochsitz sitzen und unter dem Joche seufzen ...
Ich begann nicht, als ich geboren oder empfangen wurde. Ich wuchs weiter, entwickelte mich durch unberechenbare Myriaden von Jahrtausenden. Alle Erfahrungen aus all diesen Existenzen, und unzähligen früheren dazu, sind dazu gebraucht, den Seelen- oder Geistesstoff zu schaffen, der mein Ich ausmacht ... Ich bin dieser aus den Erinnerungen meiner unendlichen Inkarnationen zusammengesetzte Geist...
Unzählige Male soll ich wiedergeboren werden, und doch glauben die dummen Geschöpfe, mich jetzt, da ich meinen Hals in eine Schlinge stecke, vernichten zu können.
Selbst der berühmte Automobilindustrielle und Gründer der Ford Motor Company, Herny Ford (1863–1947), überraschte seine Zeit häufig mit offenen Bekenntnissen zu seinem Glauben an die Reinkarnation, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen:
Ich sehe in der Wiederverkörperungslehre die Essenz unseres Wissens von der Wirklichkeit. Ich nahm die Wiederverkörperungslehre mit 26 Jahren an. Bevor ich sie kannte, war ich haltlos und unzufrieden, sozusagen ohne Kompaß. Die Religion sagte mir hierüber nichts – oder ich war unfähig, es zu finden.
Nicht einmal die Arbeit konnte mich restlos befriedigen. Die Arbeit wird erst sinnvoll und fruchtbar, wenn wir die Erfahrungen der früheren Leben im nächsten Dasein zu verwerten vermögen. Als mir dann die Tatsache der Wiederverkörperung bewußt wurde, war es, als erschließe sich mir der tiefere Sinn des Weltenplans ...
In jedem von uns sind, wenn auch noch so schwach, Erinnerungen an frühere Leben. Wir fühlen häufig, daß wir eine Szene, ein Erlebnis in ähnlicher Form schon in einem früheren Dasein mitgemacht haben ... Ich kann mir denken, daß unser Erfahrungsschatz nicht vollkommen wäre ohne jene Erfahrungen, die wir auf anderen Himmelskörpern zu gewinnen vermögen.
Zwar wissen wir nichts über das Ende unseres Weges, von dem wir sicherlich noch weit, weit entfernt sind; aber wir werden auch künftig immer das ernten, was wir säen, wir werden immer das empfangen, was wir verdienen. (aus einem Interview mit einem Journalisten des „San Francisco Examiner“, 26.8.1928)
Was einige für eine besondere Gabe oder ein Talent zu halten scheinen, das ist nach meiner Ansicht die Frucht langer, in vielen Leben erworbener Erfahrung. Dazu muß ich vorausschicken, daß ich glaube, daß wir wiedergeboren werden. Sie und ich, wir alle werden viele Male wiedergeboren, leben viele Leben und speichern reiche Erfahrung auf. Die scheinbar intuitive „Gabe“ ist in Wirklichkeit schwer erworbene Erfahrung. (aus einem Gespräch mit dem Philosophen Ralph Waldo Trine)
Auch in der zeitgenössischen Literatur der USA findet sich eine Vielzahl Autoren, die den Gedanken der Seelenwanderung immer wieder aufgegriffen haben. Aus ihren Reihen sei hier abschließend der Literaturnobelpreisträger von 1978, der jüdisch-amerikanische Schriftsteller Isaac Bashevis Singer (1904–1991), angeführt, der schreibt:
Es gibt keinen Tod. Wie kann es Tod geben, wenn alles ein Teil Gottes ist? Die Seele stirbt nie, und der Körper ist im Grunde nie lebendig. (in: „Stories from behind the stove“, 1962)
KAPITEL 5: GESCHICHTE DES REINKARNATIONSGEDANKENS - Elfter Teil: DER REINKARNATIONSGEDANKE AUSSERHALB DEUTSCHLANDS
Europa
Je mehr wir uns der Gegenwart nähern, um so schwieriger wird es, einen Überblick über die Entwicklung des Reinkarnationsgedankens innerhalb des europäischen Geisteslebens zu behalten. Sowohl in der Philosophie- als auch in der Literaturgeschichte tauchte dieser in den vergangenen einhundert Jahren derart häufig und in solch vielfältiger Schattierung auf, daß wir an dieser Stelle aus Platzgründen auf eine systematische Darstellung verzichten müssen. Dennoch möchte ich in chronologischer Reihenfolge eine Auswahl einzelner Dichter und Denker zu Worte kommen lassen, in deren Schaffen das Wissen um die Seelenwanderung aufleuchtet:
Honoré de Balzac (1799–1850), französischer Romandichter:
Alle Menschen haben vergangene Leben hinter sich ... Wer kann erahnen, wie viele fleischliche Formen der Erbe des Himmels durchwandern muß, bis er in der Lage ist, den Wert jener Stille und Einsamkeit zu ermessen, deren strahlende Gefilde nur die Vorstufe zur spirituellen Welt bilden? (in: „Seraphita“, 1835)
Sören Kierkegaard (1813–1855), dänischer Philosoph:
„Schreibe“, sprach jene Stimme, und der Prophet antwortete: „Für wen?“ – Die Stimme sprach: „Für die Toten, für die, die du in der Vorwelt geliebt hast.“ – „Werden sie mich lesen?“ – „Ja, denn sie kommen wieder zurück als Nachwelt.“ (Notiz 1842, aus dem Nachlaß)
Thomas Henry Huxley (1825–1895), englischer Naturforscher:
Die Lehre der Seelenwanderung gestattet es dem Menschen, eine einleuchtende Erklärung für die Phänomene und Gesetzmäßigkeiten des Kosmos zu finden ... Nur äußerst voreilige Denker würden sie als absurd abtun.
Henrik Ibsen (1828–1906), norwegischer Dramatiker:
... Er ist einer, der stets in gewissen Zwischenräumen in den Leib des Menschengeschlechtes wiederkehrt. Er ist wie ein Reiter, der in der Reitbahn ein wildes Pferd zähmen soll. Jedesmal wirft ihn das Pferd wieder ab. Aber nicht lange, und der Reiter ist wieder im Sattel, immer sicherer und geübter. Herunter mußte er in seiner wechselnden Gestalt jedesmal bis auf den heutigen Tag. Herunter mußte er als der gottentsprossene Mensch im Garten Eden, herunter als der Begründer des Weltreiches, herunter als der Fürst des Gottesreiches. Wer weiß, wie oft er unter uns gewandert ist, ohne daß ihn einer erkannte. (in: „Kaiser und Galiläer“, 1888)
Leo Tolstoi (1828–1910), russischer Schriftsteller und Sozialkritiker:
Wie gut wäre es, wenn man die Erlebnisse eines Menschen schildern könnte, der in seinem früheren Leben sich selbst getötet hat. Er stößt stets auf dieselben Anforderungen, die ihm früher entgegenstanden, und so gelangt er zum Bewußtsein, er müsse diese Anforderungen erfüllen. Durch die Erfahrung belehrt, wird dieser Mensch vernünftiger sein als die andern. (aus dem Tagebuch vom 13.11.1896)
Genauso, wie wir in unserem jetzigen Leben Tausende von Träumen erleben, so ist auch unser jetziges Leben nur eines von Tausenden, in das wir aus dem anderen, wirklicheren Leben eingetreten sind und zu dem wir nach dem Tode wieder zurückkehren. Unser Leben ist nur ein Traum von diesem wirklichen Leben, und dies setzt sich endlos fort, bis zum allerletzten, wirklichen Leben, dem Gottesleben. (in einem Moskauer Zeitungsartikel, 1908)
Paul Gauguin (1848–1903), französischer Maler und Bildhauer:
Die Seele überlebt, wenn der physische Organismus zusammenbricht. Sie nimmt dann einen anderen Körper an, wobei sie je nach Schuld und Verdienst erhoben oder erniedrigt wird. (aus den Notizen aus Tahiti)
August Strindberg (1849–1912), schwedischer Dichter:
Ich bin in der Hölle, und die Verdammnis lastet auf mir. Wenn ich meine Vergangenheit untersuche, sehe ich, daß schon meine Kindheit als Gefängnis und Folterkammer eingerichtet war. Und um die Martern zu erklären, die einem unschuldigen Kind auferlegt wurden, bleibt einem nichts anderes übrig, als ein früheres Dasein anzunehmen, aus dem wir wieder auf die Erde geworfen sind, um die Folgen vergessener Sünden zu sühnen. (in: „Inferno“, 1897)
Ich habe entdeckt, gewisse Menschen haben gleichsam das Vorrecht, mir unrecht zu tun, den ganzen Tag über. Wenn ich schließlich klage, so ist jemand da, der mich auf den Mund schlägt. Und beklage ich mich, so glaubt niemand, was ich sage, sondern sie nehmen den Schuldigen in Schutz. Das ist unbegreiflich und kann einen Menschen in Verzweiflung bringen. Ein Theosoph tröstete mich jedoch einmal mit der Erklärung, ich leide für unbekannte Vergehen in einer Vorvergangenheit; und ich dürfte mich nicht beklagen, denn die Strafe sei gerecht; ferner, daß es zu meinem Karma gehört, unrecht zu bekommen, auch wenn ich recht habe. Das ist auch die einzig mögliche Erklärung. (in: „Ein Blaubuch“, 1908)
Maurice Maeterlinck (1862–1949), belgischer Dichterphilosoph und Literaturnobelpreisträger 1911:
Offensichtlich ist es eine faszinierende Vorstellung, nicht nur einmal zu leben, sondern viele Leben hinter sich, vielleicht auch noch vor sich zu haben. Vielleicht kommt es der uralten Sehnsucht des Menschen entgegen, wirklich ewig leben zu wollen. Für nicht wenige Menschen ist deshalb die asiatische Lehre von der Wiedergeburt, der Reinkarnation eine reizvolle Idee.
Nie gab es einen Glauben, der schöner, gerechter, reiner, moralischer, fruchtbarer, tröstlicher und in gewissem Sinne wahrscheinlicher ist als der Wiederverkörperungsglaube. Er allein gibt mit seiner Lehre von der allmählichen Sühne und Läuterung allen körperlichen und geistigen Ungleichheiten, allem sozialen Unrecht, allen empörerischen Ungerechtigkeiten eds Schicksals einen Sinn. (in: „Vom Tode“)
James Joyce (1882–1941), irischer Schriftsteller:
Reinkarnation: das ist das Wort. Manche Leute glauben, sagte er, daß wir nach dem Tode in einem anderen Körper weiterleben, daß wir vorher auch schon gelebt haben. Sie nennen es Reinkarnation. Daß wir alle schon vor Tausenden von Jahren auf Erden gelebt haben oder auf einem anderen Planeten. Sie sagen, wir haben es nur vergessen. Manche behaupten, sie erinnern sich sogar an ihr früheres Leben. ... Metempsychose, sagte er, ist der Ausdruck, den die alten Griechen dafür hatten. Sie glaubten, man könnte zum Beispiel in ein Tier oder einen Baum verwandelt werden. (Mr. Bloom zu seiner Frau, in der ersten Episode des „Ulysses“: „Calypso“, erstmals 1914; deutsche Übertragung von Hans Wollschläger, S. 91)
KAPITEL 5: GESCHICHTE DES REINKARNATIONSGEDANKENS - Elfter Teil: DER REINKARNATIONSGEDANKE AUSSERHALB DEUTSCHLANDS
Indien
Mohandas „Mahatma“ Gandhi (1869–1948), indischer Politiker und Reformator:
Ich kann mir keine immerwährende Feindschaft zwischen den Menschen vorstellen, und da ich an die Theorie der Wiedergeburt glaube, lebe ich in der Hoffnung, daß ich, wenn nicht in diesem Leben, in irgendeinem anderen Leben fähig sein werde, die ganze Menschheit freundschaftlich zu umarmen. (aus einer Rede vom April 1931)
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