FRIEDRICH JÜRGENSON
Sprechfunk mit Verstorbenen
Praktische Kontaktherstellung mit dem Jenseits

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DREIUNDVIERZIGSTES KAPITEL

Der Schwedische Rundfunk will es ganz genau wissen - Stenssons Bedenken - Die Radiotechniker können nur staunen

Seite 215 Ein bekannter Journalist aus Stockholm, Urban Stenström, der übrigens den ersten Artikel über mich im "Svenska Dagbladet" gebracht hatte, hört auf einem Tonband ebenfalls auf einmal mystische Stimmen. Frau Stenström, die auch Journalistin ist und Theaterrezensionen schreibt, hat sich für berufliche Zwecke ein transportables Tonbandgerät gekauft. Ihr Interesse ist geweckt, und sie sitzt mit Freunden bis spät in die Nacht hinein vor dem Mikrophon. Da erklingt eine Frauenstimme und sagt auf Deutsch und Russisch: "Horcht! Mensch-Eule!"

Auf Schwedisch wird jemand, der bis spät in die Nacht hinein arbeitet, mit "Nachteule" bezeichnet.

Der schwedische Rundfunk nimmt Verbindung mit mir auf. Man will eine Sendung über mich bringen, weiß aber nicht recht, wie man diese gestalten soll.

Zunächst soll Ing. Stensson Experimente bei mir in Nysund durchfuhren. Er kommt mit einem Assistenten und einer Frau Dasie Kallberg. Letztere ist Journalistin und hat den ersten Artikel über die Stimmenphänomene in" Stockholms Tidningen" veröffentlicht.

Die Gäste waren spät am Nachmittag in Mölnbo eingetroffen, und bis alles vorbereitet war - Herr Stensson hatte eigene Apparate, Kontrolleinrichtungen und versiegelte Tonbänder mitgebracht -, bis wir gespeist hatten usw. war es schon gegen neun Uhr abends geworden.

Das Ergebnis der ersten Einspielung ist negativ. Ich schlage Stensson vor, eine ganze Woche lang in Nysund zu bleiben, denn um gute Resultate zu erzielen, darf man nicht hetzen, es braucht viel Zeit und Muße. Auch soll man nicht spät abends Aufnahmen machen. Die beste Zeit liegt zwischen 19 und 21 Uhr.

Seite 216 Stensson willigt ein. Frau Kallberg will ebenfalls mit einigen Freunden erscheinen.

Unterdessen bringen schwedische und ausländische Zeitungen und Zeitschriften ausführliche und aufsehenerregende Berichte über die "Geisterstimmen von Mölnbo". Auch ein paar kleinere Rundfunkberichte werden von schwedischen Sendern ausgestrahlt und nach Deutschland und Österreich gesandt.

Der schwedische Rundfunk verhandelt weiter mit mir. Meine Bedingungen sind:

Ich wünsche eine Reihe von Sendungen, in denen führende Parapsychologen zu Wort kommen, und zwar sowohl schwedische wie auch ausländische. Arne Weisse soll die Sendung leiten und das Tonband vorspielen, das im Dezember 1959 in seiner und Dr. Björkhems Gegenwart bespielt wurde.

Erweisen sich die Bedingungen als günstig, so wollen wir ein paar direkte Einspielungen versuchen. Mittlerweile ist aber Arne Weisse zum schwedischen Fernsehen übergegangen, und es gibt Schwierigkeiten. Am liebsten möchte der schwedische Rundfunk durch eine technische und völlig "natürliche" Erklärung das ganze Stimmenphänomen aus der Welt schaffen.

Da aber keine "natürliche" Erklärung gefunden werden kann, so wünscht man zum mindesten, daß die "Geisterstimmen" deutlicher und lauter sein sollen. Das Ganze widerspricht sich auf eine lustige Weise, denn einerseits wagt man nicht, die Existenz der Stimmen als die der Toten anzuerkennen, wünscht aber gleichzeitig direkte Einspielungen von erstklassiger Qualität.

Ich fragte einmal bei einer an sich sinnlosen Diskussion: "Wird der schwedische Rundfunk die Toten honorieren?" -

Arne Weisse erscheint bei mir mit einem Kollegen. Beide sind sie bereit, einige Fernsehsendungen mit mir als Hauptperson vorzubereiten. Der schwedische Rundfunk besteht aber darauf, das Vorrecht der Erstaufführung zu haben. Die Spannung zwischen Rundfunk und Fernsehen wächst.

Worauf es mir ankommt, ist eine sachliche und Seite 217 ausführliche Darstellung der wichtigsten Tatsachen. Die Herren wissen aber ganz genau, daß ich eher auf die Sendung verzichte, als daß ich zulasse, daß aus Gründen der Publizität die ganze Sache in ein falsches Licht gerückt wird.

Ein paar Wochen vergehen. Stensson ist mit Arbeit überhäuft. Wir treffen uns ab und zu beim Lunch in der Altstadt. Zwischen uns besteht ein offenes und freundschaftliches Verhältnis. Stensson ist ein durchaus aufgeschlossener und wohlwollender Mensch. Allerdings möchte auch er eine harmlose und völlig "normale" Erklärung finden.

Ich dagegen bestehe darauf, daß wir nur die Tatsachen sprechen lassen. Die Zuhörer können sich selbst eine Meinung bilden. Stensson meint, daß eine Sendung, wie ich sie wünsche, einen gewaltigen Schock in der Welt auslösen würde.

Ich behaupte: "Nur im Lager des nationalistischen Materialismus."

"Und die Kirche?" wirft Stensson ein.

"Die wird sich rasch von dem Schock erholen, sie glaubt ja selber an die Existenz der Seele nach dem Tode."

Abschließend verspricht Stensson, in der nächsten Woche zu neuen Einspielungen nach Nysund zu kommen.

Am Abend nach dem Gespräch sitze ich vor meinem Apparat. Ich bin besorgt, fühle mich unsicher. Ein kleinlauter Gedanke huscht mir durch den Kopf: "Was ist, wenn die Freunde von drüben abermals nicht erscheinen?" Ich schäme mich zwar meines Zweifels, andererseits steht so vieles auf dem Spiel.

Meine Frau ist so fest überzeugt, daß unsere Freunde bei einer so entscheidenden Gelegenheit hundertprozentig sicher kommen werden. Ich schalte das Radio und das Tonbandgerät ein und beginne zögernd am Sucherrädchen zu drehen. Ich suche die Wellen, wie gewöhnlich, von links nach rechts langsam ab. Wie immer habe ich auf Mittelwelle eingeschaltet.

Jedoch keine Lena, keine Signale!

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Seite 218 Eine Weile sitze ich unschlüssig vor dem Radio. Da ertönt plötzlich Lenas energisches: "Halten, halten! Direkt Kontakt!"

Ich schalte sofort das Tonbandgerät ein und lausche gespannt. Ich höre ein paar Männerstimmen singen; es klingt wie ein italienischer Schlager. Lena signalisiert weitere Kontakte, ich lausche noch konzentrierter, kann aber die Worte nicht gleich erfassen.

Plötzlich höre ich zweimal meinen Vornamen. Er wird von einer Männerstimme gesungen, die lebhaft an Arne Falck erinnert. Ich kann kaum abwarten, bis Lena das Ende der Sendung ansagt. Endlich verklingt der Gesang im Brausen des Äthers.

Die Einspielung ist ein neuer Volltreffer. Sie stellt eine direkte Antwort auf meine Frage und meine Zweifel dar. Falck singt tatsächlich und wird im Hintergrund von ein paar anderen Männerstimmen begleitet. Die ganze Botschaft geht darauf aus, mit auf eine humoristische Weise die Zusage der Verstorbenen bekanntzugeben.

Falck singt auf Italienisch, Deutsch, Schwedisch und Russisch: "Bald hören dich die Menschen - Friedel, du wirst froh sein wir betrügen nie - Friedel, du wirst dich freuen - wer betrügt ist der böse, dumme Mond, die Luna ist eine Betrügerin..."

Auch unser Pudel Carino erhält einen Gruß, und dann wendet sich Falck an seinen Sohn Bengt und sagt: "Ich finde Bengt so süß..." - Mit "Nur der Mond betrügt..." schließt er die Sendung ab.

Dieser Hinweis auf den Mond ist durchaus ernst zu nehmen, denn wie es sich öfters herausgestellt hat, spielen die Mondphasen eine ziemlich große, wenn nicht sogar eine entscheidende Rolle bei den elektromagnetischen Strömungen, die bei den Sendungen benutzt werden. Die günstigsten Bedingungen sind bei Vollmond, wenn Sonne, Erde und Mond sich in einer geraden Linie zueinander befinden.

Seite 219 Als Stensson, Assistent Koistinen, Frau Kallberg und noch ein paar andere Herren erscheinen, bin ich völlig ruhig und von einer freudigen Zuversicht erfüllt.

Wir beginnen mit längeren Mikrophoneinspielungen, die gleichzeitig über zwei Tonbandgeräte aufgenommen werden. Die eine Aufnahme läuft über Stenssons und die andere über meinen Apparat. Stensson erzählt, daß er noch nie bemerkt hätte, daß sich irgendwelche fremde Stimmen in isolierten Studios bei Kontrollaufnahmen bemerkbar gemacht hätten.

"Nonsens!" fällt ihm eine Männerstimme ins Wort. Dieser Zwischenruf wird später von allen Anwesenden vernommen. Frau Kallberg macht rasch Aufzeichnungen. Wir schalten die Apparate abermals ein, und ich erzähle den Zwischenfall in der Dachstube im September 1959, als Carino allein im Zimmer war und ich in der unteren Wohnung mit meiner Frau telefonierte.

Nachdem ich etwas erregt "und dann..." sage und eine kleine Pause mache, hört man einen lauten Knall, genauso, als hätte jemand kräftig die Hände zusammengeschlagen.

Ich erzähle weiter und sage: "Es war ganz still im Zimmer, man hörte nur das leise Rotieren des Bandes..." Diese letzten Worte wurden nach einer Sekunde von einer tiefen Männerstimme laut wiederholt.

Stensson ist bestürzt. Auch Assistent Koistinen kann dieses Phänomen nicht begreifen. Stensson meint: "Der Knallton ist noch merkwürdiger als die Stimmen - man hätte ihn im Zimmer vernehmen müssen."

Gegen halb neun Uhr abends beginnen wir mit den Radioeinspielungen. Ich sitze vor Stenssons Radio, an das ein norwegisches Tonbandgerät angeschlossen ist. Koistinen hat eine Zimmerantenne angebracht und sie über die Heizungsrohre geerdet.

Dicht neben mir sitzt Koistinen, hinter mir stehen Frau Kallbergs Bekannte und unser Sohn Peter. Stensson und die übrigen Anwesenden trinken Kaffee im Gästezimmer, das sich genau unter meinem Atelier befindet.

Seite 220 Ich drehe vorsichtig am Sucherrädchen und höre Lenas Stimme beinahe auf jeder Welle. Ich habe etwas Schwierigkeiten beim Einschalten des norwegischen Tonbandgerätes, da sich jedesmal beim Einschalten ein störender, sirenenähnlicher Glissandoton ergibt. Koistinen verfolgt aufmerksam jede Phase der Einspielung. Ab und zu schaltet er das Tonbandgerät nach meiner Anweisung ein.

Gleich am Anfang hört man die Stimme des "alten Juden". Er äußert sich verächtlich über "die Dreckleitung...". Vielleicht meint er damit die provisorische Antenne, die Koistinen im Atelier angebracht hat?

Dann erklingt Tatjanas Arie aus der Oper Onegin. Ich kenne den Text, habe selber die Partie des Onegin gesungen. Was wir aber hier zu hören bekommen, stimmt keinesfalls mit dem Originaltext überein, denn Tatjana singt "Friedrich, die Tote steht allein!..."

Ich bin zu erregt, um den weiteren Text ausführlich abzuhören. Auch drängt Lena zu weiteren Einspielungen. Ich bin nervös, und wir schalten öfters ein und aus.

Und da kommt es: der Höhepunkt des Abends. Man hört erst jenen heulenden Einschalteton, durch den aber eine Männerstimme: "Kontakt!" ruft, und dann hört man, alle Nebengeräusche übertönend, Felix Kerstens eifrig erregte Stimme, die laut und eindringlich mir: "Friedel! Hör mich, Friedel! Drehe unten!" zuruft.

Peter schreit hinter mir: "Das ist Kersten! Kersten!"

Ich zuckte zusammen und verliere die Welle. Koistinen springt auf und eilt die Treppe hinunter. "Kommt alle", ruft er erregt "Kersten ist im Radio!"

Alle hören vom Band den Text, sprechen laut durcheinander. Stensson wiederholt andauernd: "Merkwürdig, merkwürdig; ich verstehe überhaupt nichts mehr..."

Nach einer Weile nehmen wir den Kontakt übers Radio wieder auf. Jetzt meldet sich Bojevsky. Er singt ein Lied, begrüßt zunächst Carino mit einem "Schalom!" Er singt Über die Toten und nennt seinen Namen. Die Tonqualität Seite 221 ist aber nicht gut, und man kann nur einzelne Worte verstehen.

Es wird spät. Wir sind aufgeregt, und ich beginne müde zu werden. Das letzte, was ich höre und auf dem Band festhalte, ist Kerstens Stimme, der uns abschließend etwas verärgert "Problem! Hört ihr verkligen?" (wirklich = Schwedisch) zuruft.

Der liebe Falck hat sein Versprechen gehalten.

Als man mir nach ein paar Tagen das bespielte Tonband zuschickt, entdecke ich eine Reihe interessanter Einzelheiten, die wir damals in der Eile überhört hatten. Es ärgerte mich, daß durch jenen sirenenhaften Einschalteton ein Satz von Felix Kersten überhört wurde. Doch gelang es mir, mit Hilfe eines provisorischen Filters den Text doch noch zu erfassen.

"Lieber Friedrich..." begann Felix, "In Schweden der sechzehnte Kontakt ...", worauf der bereits erwähnte Klartext folgt.

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