Der Jenseitige Mensch
Emil Mattiesen

  zum Inhaltsverzeichnis 


Kap LXXIV.  Über-lch und erweckliche Erfahrungen.                 (S. 750)

Neben dieser Anwendung unserer Grundhypothese auf die Haupttatsache des mystischen Charakters, seine Art der Gottes- und Menschen- liebe, fällt es uns nunmehr zu, sie auch noch an andern Sondererfahrungen des erweckten Lebens zu erproben.

Mögen diese Erprobungen auch nicht einem Beweise der Hypothese gleichkommen, so dürfte ihre Gesamtheit doch zu deren Festigung beitragen. - Ich beginne mit gewissen eigenartigen Berichten, die nicht so sehr das Erleben des einzelnen Erweckten, als das einer Gruppe geistlich Erregter betreffen.

'Bei Gelegenheit einer Erweckungsversammlung [in Beddgelert, Wales] am 6. Febr. 1905 überkam plötzlich ein merkwürdiger Einfluß die Leute, ein [brausender] Ton schien durch den Raum zu ziehen, die Gesichter von Männern und Frauen erschienen verändert, und sie fielen nieder in einem Tumult der Erregung.' [2]

'Es ist jetzt zu schrecklich hier,' sagte Roberts selbst bei einem offenbar ähnlichen Vorgang, 'als daß wir singen könnten. Ich habe nie etwas Ähnliches erlebt.' [3] Ein

[2] APS 1905 I 325; Bois 383; vgl. Phillips 205.  
[3] Bois 418.


Kap LXXIV.  Über-lch und erweckliche Erfahrungen.                 (S. 751)

Augenzeuge findet einmal einen bezeichnenden Ausdruck dafür. 'In einer Walliser Versammlung ruft ein Engländer aus: 0 Gott, was 'bedeutet das? Wir sind bestürzt, erschreckt. Was bedeutet diese seltsame, diese wunderbare, diese einzigartige Atmosphäre?'  [1]

Ähnliche Angaben, z. T. in den gleichen Ausdrücken, finden sich zB. in den Schilderungen Finneys aus seiner Erweckertätigkeit. Der Kreisamtmann B. in Utica hörte von den Erweckungsvorgängen in Rome und belustigte sich in Gesellschaft seiner Freunde weidlich darüber.

Bald darauf mußte er in Geschäften nach Rome reisen und 'fuhr in seinem Einspänner-Schlitten hin, ohne sich besondere Gedanken zu machen, [2] bis er den alten Kanal, etwa eine [engl.] Meile von der Stadt, überschritt.

Sobald er hinüber war - sagte er -, überkam ihn eine seltsame Empfindung, eine so starke Furcht und heilige Scheu, daß er sie nicht abschütteln konnte. Er hatte das Gefühl, als durchdränge Gott die ganze Atmosphäre. Dies, sagte er, wuchs an, bis er das Dorf erreichte.'

Der Hausknecht des Gasthofs, in welchem er abstieg, schien in ähnlicher Stimmung zu sein, als fürchte er sich zu reden; nicht anders die Leute, die zu sprechen er gekommen: sie konnten sich kaum zur Sache zwingen.

'Er sagte, daß er mehrmals während der kurzen Zeit, die er dort verbrachte, jäh vom Tisch aufstehen, zum Fenster gehen und hinausblicken und seine Aufmerksamkeit abzulenken suchen mußte, um sich der Tränen zu erwehren...

Er beeilte sich, nach Utica zurückzukehren und sprach in Zukunft nicht mehr leichtfertig von den Vorgängen in Rome.' Einige Wochen später wurde er selbst bekehrt. [3]

Ich behaupte natürlich nicht, daß derlei Beobachtungen einer naturalistischen Deutung durchaus unzulänglich seien: einer Deutung, die sich etwa auf 'Wallungen' des Unterbewußten und deren normal-suggestive Übertragung von Person zu Person berufen würde, also auf Erscheinungen der Massenpsyche im bildlichen Sinne.

Immerhin glaube ich, daß die früheren Erörterungen uns berechtigen, diese Beobachtungen für zweideutig zu erklären.

Sie könnten sehr wohl andeuten, daß hier ein wirkliches, alle Beteiligten umschlingendes und verschmelzendes Überbewußtsein, soz. eine telepathische Gruppe bestanden habe, die sich in unbestimmter Gemeinsamkeit des Fühlens äußerte, zugleich aber auch alle Antriebe in sich barg, den Einzelnen erwecklich zu beeinflussen.

Es mag als merkwürdig angeführt werden, daß gelegentlich einzelne Beobachter geradezu geglaubt haben, leidlich bestimmte räumliche Grenzen einer solchen übersinnlichen Gruppe feststellen zu können.

'Etwas sehr Merkwürdiges war, schreibt Haslam, daß in einem gewissen Umkreis von Franks Hause die Leute sehr empfänglich für die göttliche Wahrheit waren und daß es ein Leichtes war, sie dahin zu bringen, daß sie ihre Herzen dem Herrn ganz hingaben... Über diese Grenzlinie hinaus aber waren die Herzen wieder hart und völlig gleichgültig gegen alle göttlichen Dinge."

Wir sind schon früher der Tatsache begegnet, daß Bekehrungen zuweilen auf telepathischem Wege ausgelöst werden. [5] Fälle dieser Art brauchen

[1] Das, 221.  
[2] without any particular impresssion upon his mind.
[3] Finney 142.  
[4] Haslam, Vom Tode zum Leben 127: vgl. 71. 93.   
[5] S. o. S. 351f.


Kap LXXIV.  Über-lch und erweckliche Erfahrungen.                 (S. 752)

natürlich nicht mehr zu beweisen, als daß die Abläufe innerhalb des Subjekts, die nach naturalistischer Auffassung die Bekehrung ausmachen, gleich jedem beliebigen andern Vorstellungsablauf ebensogut telepathisch wie auf normalem Wege angeregt werden können.

Nach allem inzwischen Verhandelten bieten sie aber, zusammen mit den eben beschriebenen, offenbar ähnlichen Vorgängen, eine besonders natürliche Anwendung einer Theorie, welche Erweckung und Vorstellungsgemeinschaft auf verwandte Wurzeln zurückführt. [1]
 

Gehen wir zu den inner-individuellen Einzelerfahrungen der Erweckung über, so wird es nicht schwer fallen, das Erlebnis von 'Heiligkeit' in seinem ganzen Umfang, einschließlich des Gegensatzgefühls für die eigene 'Sündhaftigkeit', Niedrigkeit und Geschöpfhaftigkeit auf die innere Gegenüberstellung mit einer höheren Welt übermenschlichen Geistes zurückzuführen.

Daß das Ich erschauere, daß ihm schwindle, wenn das Über-Ich in seiner Tiefe aufdämmert; daß es dieses Aufdämmern in der Beleuchtung jener Ideale erlebe, denen es in der Entselbstung überhaupt nachstrebt und die ihm letzten Grundes aus dem Über-Ich zuströmen -  das alles erscheint ohne weiteres natürlich.

Ebenso natürlich aber die Verwobenheit dieses Erlebens mit dem, was der Fromme die Erfahrung der 'Gegenwart Gottes' nennt: denn in der Tat gehen ja beide Arten des Erlebens ineinander über. Ich führe einige Bekenntnisse an, nach welchen diese 'Gegenwart Gottes' angesichts der Natur, meist in einer Art leichter Ekstase, erlebt wurde:

das Alleben als ein überpersönlicher Geist, von dem der Erlebende sich als einen Teil empfindet; - Bekenntnisse, die unsere Hypothese natürlich wieder nicht beweisen sollen, sie aber in einer besonderen Anwendung verdeutlichen und gleichsam dem Gefühle näherbringen mögen.

'Ich erinnere mich, schreibt ein Geistlicher, der Nacht und beinahe des genauen Flecks auf dem Hügel, da meine Seele sich sozusagen dem Unendlichen erschloß und die beiden Welten ineinanderstürzten, die innere und die äußere.

Tiefe rief der Tiefe; und der Tiefe, die mein eigener Kampf im Innern aufgedeckt hatte, antwortete die unergründliche Tiefe draußen, die über die Sterne hinaus sich dehnte. Ich stand allein mit Ihm, der mich gemacht hatte, und aller Schönheit der Welt, und Liebe, und Schmerz, und selbst Versuchung.

Ich suchte Ihn nicht. Aber ich fühlte den völligen Einklang meines Geistes mit dem seinen. Die gewöhnliche Empfindung der äußeren Dinge schwand. Für den Augenblick blieb nichts, als unaussprechliche Freude und Erhebung.

Es ist unmöglich, das Erlebnis völlig zu beschreiben... Die Dunkelheit verhüllte einen Gegenwärtigen, den ich um so mehr fühlte, als ich ihn nicht sah. Ich hätte nicht mehr daran zweifeln können,

[1] Vgl. möglicherweise die 'Übertragung' übernormaler Erkenntnisakte durch körperliche Nähe (zB. Ludwig 24; Goethe, Dichtung u. Wahrheit [Cotta 1829] 59).


  nach oben   

Kap LXXIV.  Über-lch und erweckliche Erfahrungen.                 (S. 753)

daß Er da war, als daß ich da war. Ja, wenn möglich, empfand ich mich als den weniger Wirklichen von beiden. . . Mein höchster Glaube an Gott und meine wahrste Vorstellung von ihm wurden damals in mir geboren. .. [Und] nachdem ich [so] einmal die Gegenwart von Gottes Geist gefühlt, habe ich sie nie wieder auf lange verloren.' [1]

Eine andere Korrespondentin Starbucks spricht sich folgendermaßen aus: 'Ich war den ganzen Tag auf den Felsen gewesen, durch die Flut [vom Lande] abgeschnitten. Ich kümmerte mich wenig um [den Ablauf der Zeit], sondern blickte den ganzen Tag hinaus auf die Wogen, die auf mich zugerollt kamen und dann zurückwichen.

Ich war von Ehrfurcht erschüttert durch die Kräfte und Offenbarungen, [die sich] vor mir [entfalteten, und zu religiösen Gedanken angeregt]. Ganz plötzlich überkam mich ein Gefühl der Nichtigkeit und eine Empfindung der Unermeßlichkeit der Welt, des Daseins und der Allgegenwart Gottes.

Ich fiel auf meine Knie, und mein innerstes Wesen schien an etwas teilzunehmen, das höher war als ich selbst, und mit ihm zu verkehren. [Nach meiner Heimkehr] erschien mir das Leben neu, ich war emporgehoben worden, das Gesichtsfeld war vergrößert; in mir war Liebe zur Menschheit und Entschlossenheit, die Lasten Anderer zu tragen.' [2]

Die für uns wichtigsten Ausdrücke dieses Bekenntnisses wiederholen sich fast wörtlich in dem folgenden. 'Zu jener Zeit kam mir bisweilen das Bewußtsein von Gottes Nähe. Ich sage Gott, um zu beschreiben, was nicht beschrieben werden kann.

Eine Gegenwart, möchte ich sagen, doch das läßt zu sehr an Persönlichkeit denken, und die Augenblicke, von denen ich spreche, enthielten nicht das Bewußtsein einer Persönlichkeit, sondern etwas in mir ließ mich fühlen, als sei ich ein Teil von etwas Größerem, als ich, welches mich beherrschte.

Ich fühlte mich eins mit dem Grase, den Bäumen, den Vögeln, Insekten, mit Allem in der Natur.' [3]

Auch C. M. C., das Subjekt der oben wiedergegebenen Naturoffenbarungen und Unsterblichkeitserlebnisse, hatte bezeichnenderweise andauernd das 'sich vertiefende, zu Zeiten fast bis zur Schmerzlichkeit anwachsende Gefühl einer heiligen Gegenwart. ..

Ich hätte mich nicht gewundert, wenn selbst die Felsen und Berge in einen gewaltigen Lobgesang ausgebrochen wären. Der 'zerrissene Vorhang', das 'Allerheiligste des Tempels', ... ich sah, daß dies Symbole waren, Versuche des Menschen, seiner innern Erfahrung Ausdruck zu geben... Wir glauben zu sehen, aber in Wahrheit sind wir blind. Wenn wir sehen könnten - !' [4]

Endlich mag die folgende nahe verwandte Erfahrung Horace Traubels, eines Whitman-Jüngers, hier ihren Platz finden. 'In jener überwältigenden Nacht, schreibt er, da ich über das Geländer der Fähre lehnte, verlor ich diese Welt um eine andere und sah in der Angst und Wonne weniger Minuten Dinge offenbart, die mir bisher verborgen waren.

Wem Ähnliches begegnet ist, der wird verstehen, was das bedeutet. . . .Ich könnte das leibliche und geistige Element des Augenblicks nicht [voneinander] trennen. Mein physischer Körper machte die Erfahrung des Verschwindens in geistigem Licht. Alle strengen Linien des Vordergrundes

[1] Nach Starbuck bei James, Varieties 66f. (. . . the darknes held a presence).
[2] Starbuck 200f.
[3] Nach Starbuck bei James, aaO. 394 Anm. 2.  
[4] Bucke 272.


Kap LXXIV.  Über-lch und erweckliche Erfahrungen.                 (S. 754)

der Dinge schwanden. Ich ward eins mit Gott, Liebe, dem All, endlich von Angesicht zu Angesicht zu mir selbst gekommen.' [1]

Wir haben früher [2] die Erfahrungen der Gegenwart Gottes auf Regungen unterbewußter Massen zurückgeführt; die eben wiedergegebenen Beispiele ihrerseits passen sich besonders glücklich unserer Grundhypothese an.

Hier nun ist der Ort, sich klar zu machen, daß die zweite Deutung der ersten nicht widerspricht, sondern sie auf natürliche Weise ergänzt: eine wichtige Einsicht, die sich ja bei genauem Zusehen auf den Gesamtbestand der früheren psychologistischen Auslegungen anwendet.

Die Religionspsychologie ist in jedem Falle Tiefenpsychologie im Sinne der Psychanalyse. Aber die Tiefe der menschlichen Seele ist kein abgeschlossener Raum; sie steht offen nach dem Überseelischen zu, und ihre letzte Tiefe ist der 'Abgrund Gottes'.

Stellt sich das Erlebnis der 'Gegenwart Gottes' dar als das Bewußtsein, ein Teil von etwas Größerem zu sein, so verträgt es sich gut mit einer Hypothese, die aus vielerlei ganz andersgearteten Tatsachen der Erfahrung zu eben diesem Begriff gelangte; womit freilich nicht gesagt sein soll, daß diese Hypothese auf jede Erfahrung anwendbar sei, die dem Subjekt als 'Gegenwart Gottes' imponieren mag.

Die metapsychische Deutung ist eine Ergänzung, die wir jedem religionspsychologischen Tatbestand gegenüber in Bereitschaft halten, nicht aber jedem derartigen Tatbestand aufzwingen sollen. -

Die Anwendung, die wir von unsern Grundanschauungen jetzt auf die Erfahrungen der praktischen Mystik machen, wirft aber auch neues Licht auf gewisse übersinnliche 'Einsichten', die mehr oder minder unmittelbar auf eben dies praktische Verhältnis zum Jenseits Bezug haben.

Wenn Boehme in seinem 'Licht' das 'wahre Wesen Gottes und der Menschen und ihr Verhältnis zu einander' erfaßt, oder die New lights in der Erweckung die 'Dinge des Geistes' verstehen, die 'Reinheit Gottes und die Notwendigkeit einer neuen Geburt';

wenn Gichtel den Sündenfall, die Erbsünde, die Erlösung, die Wiedergeburt, den Heilsplan Gottes in einem höheren Sinne erfaßt, oder jener junge methodistische Geistliche die 'Wege der Vorsehung und die Entwicklung des menschlichen Geschlechts';

wenn Maria de S. Teresa 'begreift, daß die göttliche Essenz in ihrer Seele sei, wie ein Wesen, davon sie ganz durchflossen wäre, und daß die göttliche Herrlichkeit im Innersten unseres Selbst ihren Sitz habe', oder Mrs. Edwards auf mystische Weise 'weiß, daß sie gewißlich zu Gott gehe, und soz. in das göttliche Wesen hineinfallen und von Ihm verschlungen werden würde', [3]

so lassen sich solche 'Einsichten', die das geistliche Schicksal der Seele betreffen, - fast durchweg sogar ohne Mittelschritte - als Ausdruck jener Wahrheit fassen, die wir in unserer Hypothese zu ergreifen suchen.

Überdies ist wirklich nur ein Schritt von ihnen zu etwas mehr spezialisierten Fassungen. Finneys erleuchtetes Erfassen der 'Rechtfertigung durch den Glauben' braucht in der Tat

[1] Das. 286. Vgl. hierzu Heiler 341f. (P. de Lagarde, M. v. Meysenbug).  
[2] o. S. III 1.   
[3] S. o. Kap. XXXIII S. 316ff.


Kap LXXIV.  Über-lch und erweckliche Erfahrungen.                 (S. 755)

nicht mehr zu sein, als die Übersetzung eines Erlebnisses, das im Aufleuchten jener Tiefe, die den 'Glauben als Zustand' begründet, den Einzelnen hinaushebt über seine Individualität als Sitz aller Vereinzelung und Icheinkapselung, d. i. Sünde, und ihn dem Lebensbereich der 'Heiligkeit' einverleibt.

Erlebt oder faßt der Einzelne diesen Bereich als persönlich - und wieviel Persönlichkeit mag zwischen dem Menschen und der Überpersönlichkeit eines All-Ich zwischengeschaltet sein! -, so kann er wohl zu dem Ausdruck gelangen, er habe erkannt, daß 'sein Erlöser lebt', [1] ja 'daß Jesus der Sohn Gottes sei'. [2]

Wir stoßen so immer wieder auf den Zugang zur Einsicht, daß theologische Begriffe und Anschauungen Symbol wert besitzen, nicht nur für psychologisches Geschehen, sondern auch für metapsychisches.

Die früheren Ausführungen über die erstere Beziehung brauchen hier nicht ausdrücklich auf die letztere übertragen zu werden; es genügt zu sagen, daß sie an der vertiefenden Ergänzung teilnehmen, die der Psychologismus durch die inzwischen erarbeiteten Anschauungen durchweg erfährt.

Alles Vorstellungsmäßig-konkrete am erwecklichen Erlebnis dürfen wir jetzt erst recht als diesseitiges Symbol, als Übersetzung des Göttlichen ins Menschliche fassen. Es wäre sicherlich ein vermessenes Unterfangen, in der Anwendung von Begriffen wie Persönlichkeit, Unpersönlichkeit oder Überpersönlichkeit auf die göttliche Tiefe der geistigen Welt irgendwelche Schärfe und Bestimmtheit anzustreben.

Das aber ist gewiß, daß in menschlichem Denken über den 'persönlichen' Gott der überwiegende Anteil lediglich Symbol wert haben kann.

In den eben angeführten Erfahrungen der 'Gegenwart Gottes', denen ich metapsychische Bedeutsamkeit zusprach, durchläuft die Ausprägung zum Persönlichen sehr mannigfache Grade, und wir wissen, wie viele vertieft-Religiöse ihre Erfahrung ganz unmittelbar als ein Erleben des 'himmlischen Vaters', des liebenden persönlichen Gottes deuten; [3]

ganz zu schweigen von denen, die ihr mystisches Erleben und Emporstreben in die Formen eines persönlichen Romans, etwa gar in halluzinatorischer Ausgestaltung, zu bannen wissen. [4] Wieviel hieran menschliche Spiegelung sei, braucht nunmehr nicht einmal gefragt zu werden, wenn es gilt, die metaphysische Wahrheit solchen Erlebens einzuschätzen.

Wäre immerhin der 'Gott' durchaus nur als Symbol der 'Gottheit' aufzufassen,[5] so bliebe doch richtig, daß aus der Tiefe, über welcher solche Symbolik als Schleier schwebt, dem Frommen alle letztgültige Erweckung, Erleuchtung und Führung im Persönlichsten zuströmt.

Eben darum verringert sich die Tiefenbedeutung einer Erweckung auch nicht durch das völlige Fehlen jener symbolischen Elemente: wie wir denn dem Fall einer soz. atheistischen Bekehrung bereits begegnet sind. [6]

[1]) Kanne, o. S.319.   
[2] GichteI.  
[3] H. St. Chamberlain, Mensch und Gott (Münch. 1921) 35 u. ö.; Starbuck 127.  
[4] S. o. S. 90 ff. 217ff. 257ff.  
[5] Bekanntlich in der Mystik eine gangbare Unterscheidung.   
[6] o. S. 321. Vgl. auch C. M. C.. bei Bucke 267ff. u.a.m.

  nach oben                  nächstes Kapitel 


Sie befinden sich auf der Website: 

Hier geht es zur Homepage!