REINKARNATION
Die umfassende Wissenschaft
der Seelenwanderung

von Ronald Zürrer

Internet-Veröffentlichung Juli 2008,
(c)
Govinda-Verlag GmbH

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KAPITEL 3: KARMA – DAS GESETZ HINTER DER REINKARNATION

Kritik an der Lehre des Karma

Das Erkennen und Beachten der Zusammenhänge von Karma und Reinkarnation erzieht, wie wir aus dem bisher Besprochenen ersehen können, den Menschen zu wohlüberlegtem, verantwortungsbewußtem Handeln, da er durch sein „Schicksal“ darauf hingewiesen wird, was zu tun und was zu lassen ist, damit er selbst und seine Umgebung letztlich Glück, Frieden und Wohlstand finden können. Es führt also genau zum Gegenteil dessen, was voreilige Kritiker zuweilen an der Karma-Lehre bemängeln.

Ein im Abendland häufiges Mißverständnis im Umfeld der Diskussion um Karma und Reinkarnation besteht nämlich darin, daß man 1.) den Verfechtern der Karma-Lehre fatalistische Schicksalsunterwürfigkeit ohne Eigeninitiative sowie soziale Gleichgültigkeit und 2.) der Lehre selbst Ungerechtigkeit und Gnadenlosigkeit vorwirft.  

Ungerechtigkeit?
Hier sei zum letztgenannten Vorwurf der Ungerechtigkeit nur soviel gesagt, daß mir persönlich jede andere Erklärungsmöglichkeit außer jener des Karma und der Reinkarnation um ein Vielfaches grausamer und ungerechter erscheint.

Wäre es denn nicht weniger gerecht, wenn jeder einfach tun und lassen könnte, was ihm beliebt, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden? Wäre es nicht weniger gerecht, wenn jeder, egal wie er gelebt hat, am Ende denselben Lohn erhielte oder wenn einige Menschen bereits vor der Geburt willkürlich zu gutem oder schlechtem Handeln „vorausbestimmt“ wären?

Ist es im Vergleich dazu nicht viel weiser und gerechter, wenn jeder Mensch nur für seine eigenen, aus freiem Willen heraus begangenen Handlungen geradestehen muß, damit er daraus lerne? (Karmische Reaktionen sind ja nicht eigentlich als „Strafe“ zu verstehen, sondern in erster Linie als Lern- und Korrekturprozesse.)

Und vor allem: Ist es nicht gerechter und barmherziger, wenn man, selbst nachdem man Fehler gemacht hat, immer wieder eine neue Chance zur Besserung erhält? Wäre es nicht das grausamste von allem, daß der Mensch (und nur der Mensch) nur gerade eine einzige Chance, ein einziges Erdenleben, geschenkt bekommen soll, wonach sich für den Rest der Ewigkeit entscheidet, ob er in den „ewigen Himmel“ oder in die „ewige Verdammnis“ kommt? Wo bleibt bei einer solchen Weltsicht das Mitgefühl, wo die Gnade, wo die Liebe?

Sir William Jones (1746–1794), einer der ersten englischen Orientalisten und Indienforscher, schreibt hierzu: 

Ich bin zwar kein Hindu, doch halte ich die Lehre der Hindus hinsichtlich zukünftiger Daseinszustände für unvergleichlich viel vernünftiger, frommer und besser geeignet, den Menschen vom Laster abzubringen, als die gräßlichen Ansichten, welche die Christen in bezug auf endlose Höllenstrafen vertreten.

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Fatalismus und Determinismus?
Zum anderen Vorwurf oder besser zum Mißverständnis des Fatalismus (passive Schicksalsergebenheit) und Determinismus (Glaube an die unabänderliche Vorausbestimmtheit allen Geschehens) läßt sich folgendes sagen:

Es ist sicherlich sinnvoller und vernünftiger, ein unangenehmes „Schicksal“, das heißt eine bereits eingetroffene leidvolle karmische Reaktion, die wir nicht mehr abwenden oder rückgängig machen können, hinzunehmen, als uns – gleichsam wie Don Quijote gegen die Windmühlen ankämpfend – in sinnlosem Klagen und Kampfe dagegen zu sträuben und uns zu zerreißen.

Das gleiche gilt selbstverständlich auch für freudvolle karmische Reaktionen: Die vedischen Schriften empfehlen, daß wir einfach mit dem Glück und Leid, das uns durch die Gesetze des Karma zufällt, zufrieden sein sollten. Im Shrimad-Bhagavatam (Bhaga­vata Purana) finden wir hierzu die folgenden Hinweise:

Man sollte mit dem zufrieden sein, was man aufgrund sei­nes Karma zugeteilt bekommt, denn Unzufriedenheit kann niemals Glück bringen. Jemand, der nicht selbstbeherrscht ist, wird nicht einmal dann zufrieden sein, wenn er die ganze Welt besitzt.

Das materielle Dasein führt zu Unzufriedenheit, wenn es sich nur um die Erfüllung materieller Wünsche und um die Ansammlung von mehr und mehr Geld dreht. Dies ist die Ursache für die Fortsetzung des Kreislaufs von Geburt und Tod. Jemand aber, der mit dem zufrieden ist, was ihm das Schicksal (Karma) zuteilt, ist geeignet, aus dem materiellen Dasein befreit zu werden. (ShB. 8.19.24–25)

Die hier empfohlene Zufriedenheit sollte allerdings nicht als passive Schicksalsunterwürfigkeit ohne Eigeninitiative mißverstanden werden. Denn das Karma-Gesetz erlaubt es jederzeit, ja es fordert geradezu, daß wir unser zukünftiges Schicksal aktiv in die Hand nehmen, denn wir können und sollen wirken, wir können und sollen ändern und verbessern in der Welt und sollen uns nicht einfach tatenlos mit dem Negativen zufriedengeben.

Die Karma-Gesetze zeigen uns lediglich den Rahmen des Machbaren und Sinnvollen, so daß wir die begrenzten Energien, die uns als einzelnem Menschen in einem Leben zur Verfügung stehen, auch wirklich optimal für die angestrebte Wende zum Positiven einsetzen können.

Durch das Verständnis der karmischen Zusammenhänge lernen wir also zu unterscheiden zwischen veränderlichen und unveränderlichen Gegebenheiten unseres Daseins. So erfüllt sich auch das berühmte Gebet des mystischen Theologen Friedrich Christoph Oetinger (1702–1782): 

Gott, schenke uns Gelassenheit,
das hinzunehmen, was wir nicht ändern können.

Gott, schenke uns Mut,
das zu ändern, was wir ändern können.

Gott, schenke uns die Weisheit,
das eine vom anderen zu unterscheiden.

Soziale Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit?
Ein dritter Vorwurf, der zuweilen gegen die Auffassung des Karma erhoben wird, lautet, sie erziehe den Menschen zur Teilnahmslosigkeit gegenüber den Leiden und Freuden der anderen. Jemand, der an die Gesetze des Karma glaube, verlöre sein Mitgefühl und denke angesichts eines Leidenden nur: „Nun, es ist ja sein eigenes Karma, daß er jetzt leidet; es hat nichts mit mir zu tun.“

Wer aber die Zusammenhänge des Karma tatsächlich verstanden hat, wird niemals so denken. Denn ein solches Denken und das sich daraus ergebende Handeln (in diesem Falle das Nichthelfen, obwohl man es könnte) wird, das weiß er, seinerseits auch wieder karmische Früchte tragen.

Im Gegenteil: Im Grunde ist erst ein solcher Mensch, der sich der verborgenen karmischen Zusammenhänge bewußt ist, in der Lage, seinen Mitmenschen tatsächliche Hilfe zu leisten, da er nicht nur versuchen kann, die Symptome ihres Leids zu bekämpfen, sondern vor allem auch imstande ist, ihnen dessen Ursachen aufzuzeigen. Auf diese Weise kann er sie davor bewahren, in Zukunft nochmals die gleichen Fehler zu machen und aufs neue leiden zu müssen.

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