Milchstraßensystem


(Galaxis), das Sternsystem, dem neben der Sonne mit dem Planetensystem etwa 6 000 mit bloßem Auge sichtbare und einige 100 Mrd. weitere Sterne sowie große Mengen interstellarer Materie angehören.

Ausdehnung:
Die große Mehrheit der Sterne ordnet sich in einer scheibenähnlichen Ansammlung (galaktische Scheibe) von etwa 100 000 Lichtjahren (Lj) Durchmesser und 3 500 Lj Dicke mit einer zentralen Ausbauchung von rund 15 000 Lj sowie einem Zentralgebiet an. Eingehüllt ist diese Scheibe in einem sehr dünn mit Materie angefüllten Raum, dem (v. a. aus Kugelsternhaufen bestehenden) galaktischen Halo (Ø rund 165 000 Lj). Die Gesamtheit der lichtschwachen, vom Auge nicht als Einzelobjekte wahrgenommenen Sterne ruft auf der Erde das optische Phänomen der Milchstraße hervor, von dem das Milchstraßensystem seinen Namen hat. Als Beobachter befinden wir uns im Inneren des Milchstraßensystems und erblicken dessen sichtbaren Teil als zweidimensionale Projektion an der Himmelskugel.

Galaktisches Zentrum:
Die Sonne befindet sich nahe der Symmetrieebene des Milchstraßensystems, der galaktischen Ebene, aber etwa 27 000 Lj vom galaktischen Zentrum entfernt, das in Richtung des Sternbildes Sagittarius (Schütze) liegt und durch vorgelagerte dichte Wolken interstellarer Materie aufgrund interstellarer Absorption nicht auf optischem Wege, sondern nur im Radiofrequenz-, Röntgen- und Infrarotbereich nachweisbar ist. Während der mittlere Sternabstand in der Sonnenumgebung bei etwa 5 bis 6 Lj liegt, enthält das galaktische Zentrum auf engem Raum einige 100 Mio. Sterne. Als zentrales galaktisches Objekt wird im Allgemeinen ein Schwarzes Loch mit einer Masse von rund 2,5 Mio. Sonnenmassen angesehen.

Sternverteilung und Sternpopulationen:
Die äußere Form des Milchstraßensystems ist von einem Beobachtungsort innerhalb des Systems nur schwer zu erschließen, doch weisen radioastronomische Beobachtungen auf eine Spiralstruktur hin; das Milchstraßensystem gehört danach wahrscheinlich zu den Spiralgalaxien vom Typ Sb. Während in den Spiralarmen überwiegend junge Sterne anzutreffen sind, enthalten die kugelförmigen Sternhaufen des galaktischen Halo v. a. alte Sterne.

Bewegungsverhältnisse und Masseverteilung:
Alle Objekte im Milchstraßensystem bewegen sich um das galaktische Zentrum, wodurch die Stabilität des Systems gesichert wird (galaktische Rotation). Das Milchstraßensystem besitzt eine differenzielle Rotation, dabei nimmt die Winkelgeschwindigkeit von innen nach außen ab. Die Rotation des Milchstraßensystems führt zu einer Umlaufbewegung der Sonne um das galaktische Zentrum innerhalb von etwa 240 Mio. Jahren, was einer Rotationsgeschwindigkeit von rund 220 km/s entspricht. Die aus dem Rotationsverhalten abgeleitete Gesamtmasse des Milchstraßensystems liegt zwischen 600 und einigen 1 000 Mrd. Sonnenmassen, wenn etwa 90 % als Dunkle Materie nicht sichtbar in Erscheinung treten.

Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
   
Milchstraßensystem: Unsere Galaxis
   
(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001


Milchstraßensystem: Unsere Galaxis

Bis auf den Andromeda-Nebel, der in klaren Nächten als kleiner, verwaschener Lichtfleck erscheint, kann am nächtlichen Nordhimmel mit dem bloßen Auge nur eine Galaxie als ausgedehntes Objekt wahrgenommen werden  -- diejenige, der wir selber mit dem Sonnensystem angehören. Wir nehmen sie wahr als die uns allen von Kindheit an vertraute Milchstraße.

Aufbau
Die Milchstraße verläuft in einem hellen, ringförmigen Band vom Sternbild Cassiopeia im Norden über das Sternbild Adler zum Kreuz des Südens und weiter über die Sternbilder Einhorn und Orion zurück zur Cassiopeia. Das Fernrohr enthüllt ihr Leuchten als gemeinsames Licht von Milliarden Sternen. Aus der Beobachtung dieser ringförmigen Verteilung entfernter Sterne und der Tatsache, dass die näheren Sterne, von denen viele auch mit bloßem Auge als Einzelobjekte erkennbar sind, gleichmäßig über die Himmelskugel verteilt erscheinen, schloss Jacobus Kapteyn um die Wende zum 20. Jahrhundert, dass die Erde sich etwa in der Symmetrieebene eines ausgedehnten, annähernd scheibenförmigen Sternsystems befindet, das wir heute als Milchstraßensystem bezeichnen. Die nahezu gleichmäßige Helligkeit der Milchstraße legt darüber hinaus die Vermutung nahe, dass sich die Erde sogar im Symmetriezentrum dieses Sternsystems befindet. Das aber ist nicht der Fall, wie die Beobachtung von Kugelsternhaufen zeigt.

Kugelsternhaufen sind, wie ihre Bezeichnung andeutet, weitgehend kugelsymmetrische Gebilde, die aus jeweils etwa 100ÿ000 Sternen bestehen. Das Milchstraßensystem enthält einige Hundert solcher Sternhaufen. Da diese zu einem großen Teil weit außerhalb seiner Scheibe liegen und ihre Entfernungen mittels Beobachtung von RR Lyrae-Pulsationsveränderlichen ziemlich zuverlässig bestimmbar sind, lässt sich ihre Verteilung ermitteln. Harlow Shapley konnte schon 1918 zeigen, dass sich das Zentrum dieses als Halo bezeichneten Teilsystems nicht in Sonnennähe, sondern in Richtung des Sternbilds Schütze oder Sagittarius befindet, in einer Entfernung von etwa 7700 Parsec, wie heute angenommen wird.

Im Unterschied zu allen übrigen Galaxien wird das Milchstraßensystem, unsere Heimatgalaxie, im deutschen Sprachgebrauch als »Galaxis« bezeichnet. Das Adjektiv »galaktisch« -- und entsprechend »extragalaktisch« -- wird meist auf den Begriff »Galaxis« bezogen, obwohl es auch allgemein, mit Bezug auf irgendeine andere Galaxie verwendet werden kann.

Da das Halo-Zentrum in der Symmetrieebene der Galaxis liegt, ist die Vermutung plausibel, dass es auch mit deren Zentrum identisch ist. Diese Vermutung konnte durch detaillierte Beobachtung der Zentralregion des Milchstraßensystems bestätigt werden. Daraus folgt nun, dass wir uns mit der Erde weit außerhalb des galaktischen Zentrums befinden, und es stellt sich die Frage, warum wir die Milchstraße in dessen Richtung nicht um Größenordnungen heller sehen als in der entgegengesetzten.

Genauere Messungen der Flächenhelligkeit längs des Bands der Milchstraße zeigen tatsächlich, dass Maximalwerte im Sternbild Sagittarius zu finden sind, allerdings mit einer wesentlich schwächeren Helligkeitsänderung in Abhängigkeit von der Blickrichtung als erwartet. Diese Abschwächung ist der nichtstellaren Materiekomponente der Galaxis zuzuschreiben, deren Staubanteil sichtbares Licht sehr stark absorbiert und unsere Sicht in allen Richtungen in der Scheibenebene etwa gleich weit begrenzt. Nur die Tatsache, dass Staub und Gas in Form von Wolken und Filamenten etwas unregelmäßig in der Scheibe verteilt sind, erlaubt uns an einigen Stellen einen etwas weiteren Blick in Richtung der Zentralregion.

Insgesamt kann man feststellen, dass das Milchstraßensystem im Wesentlichen aus vier verschiedenen Komponenten besteht, die jeweils in sich mehr oder weniger stark strukturiert sind:

(1) Die primär sichtbare Komponente der helleren Sterne ist in einer unscharf begrenzten, etwa diskusförmigen Scheibe angeordnet. Die Scheibe hat einen Radius von knapp 20 Kiloparsec und eine Gesamthöhe von etwa 1 Kiloparsec.

(2) Die Zentralregion bildet eine etwa kugelförmige Verdichtung der Scheibenkomponente mit einem Durchmesser von etwa 5 Kiloparsec.

(3) Die interstellare Materie, die sich durch ihren Staubanteil entweder in der Gestalt von Dunkelwolken bemerkbar macht, oder, in der Nähe junger Sterne, als leuchtende Gas- oder Staubwolken ist auf eine Schicht von nur 200 Parsec Dicke in der Scheibenebene konzentriert.

(4) Der Halo, dessen Dichte an Kugelsternhaufen und Einzelsternen zum galaktischen Zentrum hin zunimmt, hat in seinem äußersten, Korona genannten Bereich Kugelsternhaufen noch jenseits von 100 Kiloparsec aufzuweisen.

Strukturen
Obwohl der subjektive Eindruck des uns umgebenden Sternenhimmels mit einem ungefähren Radius von einigen Hundert Parsec eine weitgehend gleichmäßige Verteilung der Scheibensterne suggeriert, ist die Scheibenkomponente deutlich strukturiert. Viele ihrer Sterne bilden durch Gravitation gebundene Haufen. Die kompakteren von ihnen, mit Durchmessern unter 10 Parsec, werden als offene Sternhaufen bezeichnet, die schwächer gebundenen, mit Durchmessern bis über 100 Parsec, als OB-Assoziationen. Da beide Arten von Sternhaufen nur 20 bis 300 Sterne umfassen, können solche der letztgenannten Art nur identifiziert werden, wenn sie noch sehr junge und helle Sterne vom Spektraltyp O oder B enthalten. Einige offene Sternhaufen wie zum Beispiel die Hyaden und die Plejaden im Sternbild Stier oder Taurus können bereits mit bloßem Auge wahrgenommen werden.

Genauere Beobachtungen der räumlichen Verteilung solcher Sternhaufen zeigen, dass diese nicht gleichmäßig verteilt, sondern streifenförmig in der Scheibenebene angeordnet sind. Bei extragalaktischen Sternsystemen sind solche Strukturen als Spiralarme zu erkennen. Die auffälligen Sternhaufen folgen zwei oder mehr Spiralen, die sich jeweils vom Zentrum der Galaxie mehr oder weniger steil nach außen winden.

Die zentrale Region des Milchstraßensystems ist uns im Bereich des sichtbaren Lichts durch dessen Absorption in der interstellaren Materie nahezu vollständig verborgen. Ohne diese Absorption wäre der ganze Nachthimmel von der Milchstraße als leuchtender Wolke beherrscht, die große Teile von Sagittarius und angrenzenden Sternbildern einschließen würde; sie würde das gewohnte Leuchten der Milchstraße um das Hundertfache übertreffen.

Glücklicherweise ist die Beobachtung der Milchstraße im Bereich der Radiowellenlängen möglich, da lange elektromagnetische Wellen von den kleinen Staubkörnern der interstellaren Materie weder absorbiert noch merklich gestreut werden. Deswegen haben wir heute auch von der Zentralregion der Galaxis und ihren komplexen Strukturen ein detailliertes Bild.

Interstellare Materie
Mindestens vier Prozent der Masse der Scheibenkomponente der Galaxis entfallen auf die interstellare Materie, bei einer außerordentlich geringen Dichte von nur wenigen Atomen pro Kubikzentimeter. Entsprechend den allgemeinen kosmischen Häufigkeiten besteht sie zum größten Teil aus Wasserstoff und Helium, die im freien Weltraum nur gasförmig vorkommen. Schwerere Elemente treten fast vollständig als Festkörper, in Form sehr feinen Staubs auf, mit Kornradien um 0,1 mm, sofern sie nicht in Molekülen wie Stickstoff (N2) oder Kohlenmonoxid (CO) gebunden sind. Auch diese Moleküle bleiben im Weltraum wegen der dort außerordentlich geringen Dichte selbst bei tiefsten Temperaturen gasförmig.

Der Staubanteil der interstellaren Materie erreicht, bezogen auf diese selbst, einen Masseanteil von etwa zwei Prozent; er kann in zwei chemisch verschiedene Phasen von Kohlenstoffstaub einerseits und von Silicaten anderseits aufgeteilt werden. Die ungleichmäßige Verteilung der Staubkomponente zeigt sich bei sehr klaren Sichtverhältnissen bereits dem bloßen Auge durch die Unregelmäßigkeit im Verlauf des Bands der Milchstraße. Diese Unregelmäßigkeit wird ausschließlich durch den Staub im Vordergrund verursacht; die Verteilung der dahinter stehenden Sterne ist sehr viel gleichmäßiger.

Die Dunkelwolken haben oft Durchmesser von einige Parsec bis etwa hundert Parsec. Ihre Dichte liegt um einige Größenordnungen über der des umgebenden interstellaren Mediums. Werden solche Staubwolken von vorn oder von der Seite durch helle nahe Sterne beleuchtet, so spiegeln sie deren Licht wider; sie erscheinen uns dann, wie zum Beispiel im Fall der Plejaden, als Reflexionsnebel.

Die Gaskomponente der interstellaren Materie erscheint am eindruckvollsten, wenn das Licht benachbarter junger Sterne den atomaren Wasserstoff (H I) ionisiert, der dann im roten Licht der Ha-Linie leuchtet, wenn seine ionisierte Form (H II) mit Elektronen wieder zu neutralen Atomen rekombiniert. Solche H II-Gebiete markieren meist Orte der Sternentstehung. Auch sie folgen der Spiralstruktur, die von jungen Sternhaufen vorgezeichnet ist. Der neutrale Wasserstoff bildet zumeist H2-Moleküle, die einer direkten Beobachtung nicht zugänglich sind. Der atomare Wasserstoff kann aber im Radiobereich untersucht werden, bei einer Wellenlänge von 21 cm, die einem Hyperfeinstruktur-Übergang des Wasserstoffatoms entspricht. Durch Kartierung der Galaxis bei dieser Wellenlänge, ergänzt durch Messungen eines Übergangs des CO-Moleküls bei einer Wellenlänge von 2,6ÿmm konnte ein gutes Bild der Verteilung der Gaskomponente gewonnen werden. Sie zeigt ebenfalls Spiralstruktur.

Die Halo-Komponente umfasst außer Kugelsternhaufen noch eine Reihe alter Sterne, insbesondere langperiodische RR Lyrae-Sterne, einige Langperiodisch-Veränderliche und extreme Unterzwerge. Während man vom eigentlichen Halo nur bei Entfernungen bis zu etwa 25 Kiloparsec vom Zentrum spricht, lassen sich Einzelobjekte in der Korona am Südhimmel bis weit jenseits der Magellan'schen Wolken, unserer nächsten Nachbargalaxien, als extragalaktische Objekte nachweisen. Das am weitesten entfernte Objekt, das noch zu unserer Galaxis zu gehören scheint, ist der Kugelsternhaufen AM1 in einer Entfernung von 117 Kiloparsec.

Sternpopulationen
In ihrer Gestalt zeigen die verschiedenen Komponenten des Milchstraßensystems deutliche Unterschiede. So treten Kugelsternhaufen praktisch nur im Halo auf, während offene Sternhaufen nur in der Scheibe zu finden sind. Um die Zusammenhänge zwischen den Objekten und der durch sie manifestierten galaktischen Struktur besser systematisch ordnen zu können, führte Walter Baade 1944 den Begriff der Sternpopulation ein. In einer bestimmten Population werden nach ihm Objekte zusammengefasst, die sich in der räumlichen Verteilung in der Galaxis, im Bewegungsverhalten, in der chemischen Zusammensetzung und im Alter ähnlich sind.

Der Halo und die Scheibe stellen zwei verschiedene Populationen dar, die aus historischen Gründen als Population II beziehungsweise Population I bezeichnet werden. Da Halo und Scheibe sich gegenseitig durchdringen, ist eine solche Unterscheidung nur dann möglich, wenn sich trotz dieser Durchdringung Objekte eindeutig zuordnen lassen. Das auffälligste Merkmal ist, dass alle Scheibenobjekte mit Geschwindigkeiten zwischen 150 km/s und 250 km/s an der galaktischen Rotation teilnehmen, während der Halo nur einen vergleichsweise kleinen Gesamtdrehimpuls hat.

Während die Scheibensterne weitgehend kreisnahe Bahnen haben, zeigen Kugelsternhaufen und Sterne der Population II häufig stark elliptische Bahnen oder pendeln sogar auf nahezu geraden Bahnen durch die galaktische Ebene. Sie bleiben deutlich hinter der galaktischen Rotation zurück und haben zum Teil eine große Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur galaktischen Ebene. Im Allgemeinen verraten sie sich durch ihre hohen Geschwindigkeiten relativ zu den Sternen der Sonnenumgebung als »Schnellläufer«.

Trägt man die Sterndichte nach Spektraltypen der Sterne getrennt als Funktion des Abstands von der galaktischen Ebene auf, so stellt man eine starke Korrelation zwischen dem Alter der Objekte und ihrer räumlichen Verteilung fest. Ältere Sterne -- massearme Riesen und späte Hauptreihensterne -- finden sich in viel größeren Abständen von der galaktischen Ebene als frühe Hauptreihensterne oder die sehr kurzlebigen Überriesen. Hertzsprung-Russell-Diagramme von Kugelsternhaufen zeigen dementsprechend, dass alle Hauptreihensterne, die heißer (massereicher) sind als etwa der Spektraltyp F5, bereits die Entwicklung zum Riesenstadium oder gar zum Weißen Zwerg durchlaufen haben. Die Kugelsternhaufen unserer Galaxis müssen demnach einer Sternentstehungsphase vor mehr als 10 Milliarden Jahren entstammen.

Chemische Zusammensetzung
Durch die fortwährenden Prozesse der Kernfusion in den Sternen sowie durch Supernovae, die letzten Lebensphasen massereicher Sterne, hat sich die chemische Zusammensetzung der Galaxis ständig mit Elementen angereichert, die schwerer sind als Lithium. Da Sterne in ihrem Hauptreihenstadium keine Konvektionszonen ausbilden, die aus der Fusionsregion bis an die Oberfläche reichen, zeigen sie in der Photosphäre -- und damit bei der Analyse ihrer Spektren -- die chemische Zusammensetzung der interstellaren Materie zur Zeit der jeweiligen Sternentstehungsphase. Daher kann man, wenn man die Entstehungszeiten der jeweiligen Sterne kennt, aus den Spektren der Photosphären die Geschichte der chemischen Zusammensetzung der interstellaren Materie rekonstruieren.

Diese Rekonstruktion zeigt, dass von den ältesten dieser Objekte an -- Braunen Zwergen -- bis zur chemischen Zusammensetzung der Sonne die »Metallizität« der interstellaren Materie um etwa das Tausendfache zugenommen hat (in der Astrophysik werden alle Elemente schwerer als Lithium als metallisch bezeichnet). Die Sonne zeigt heute, wie nahezu alle Scheibensterne, eine einheitliche chemische Zusammensetzung, deren relative Häufigkeiten als universelle kosmische Elementhäufigkeiten angesehen werden. Dagegen sind Objekte der Population II umso metallärmer, je älter sie sind. Daraus ist zu schließen, dass praktisch die gesamte Anreicherung an Metallen in unserer Galaxis in den ersten Milliarden Jahren ihrer Existenz erfolgt sein muss. Heute verläuft dieser Prozess offensichtlich erheblich langsamer. Bei den ältesten Braunen Zwergen sowie bei den sehr massereichen Sternen der ersten Generation, die heute nicht mehr existieren, spricht man auch von Objekten der Population III.

Zusammenfassend lassen sich die Populationen der Galaxis wie folgt beschreiben:

Population III: Nicht mehr vorhandene, sehr massereiche Sterne einer frühen Phase der Galaxis und vereinzelte Braune Zwerge, die als Feldsterne dem Halo angehören. Die Objekte sind praktisch metallfrei und über 15 Milliarden Jahre alt.

Halo-Population II: Kugelsternhaufen, langperiodische RR Lyrae-Sterne und Unterzwerge, die sich in einem nicht rotierenden Subsystem der Galaxis befinden, das im Verhältnis 1:2 abgeplattet ist. Die relativen Geschwindigkeitskomponenten senkrecht zur galaktischen Ebene erreichen meist 100 km/s. Das Alter reicht von 16 bis zu 12 Milliarden Jahren. Mit abnehmendem Alter der Objekte nehmen Metalllinien in den Spektren zu.

Mittlere Population II: Schnellläufer vom Spektraltyp F bis M sowie Langperiodisch-Veränderliche mit kürzeren Perioden und mit Spektraltyp heißer als M5. Die Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur galaktischen Ebene beträgt im Mittel 50 km/s, die Abplattung des Subsystems 1:5. Das Alter liegt zwischen 10 und 15 Milliarden Jahren.

Scheibenpopulation: Gewöhnliche Sterne, Planetarische Nebel, Novae, helle Rote Riesen, Sterne des galaktischen Zentralgebiets. Die vertikale Geschwindigkeitskomponente beträgt 30ÿkm/s, die Abplattung 1:25, das Alter 12 bis 2 Milliarden Jahre. Ältere Hauptreihensterne weisen zum Teil nur ein Drittel der Metallizität der Sonne auf.

Extreme Population I: Junge Sternhaufen, T Tauri- und d Cephei-Sterne, Überriesen, helle blaue OB-Sterne und die interstellare Materie. Der geringen vertikalen Geschwindigkeitskomponente von 5 bis 10 km/s entspricht eine extreme Abplattung von 1:100. Die hohe Konzentration zur galaktischen Ebene hin -- nicht jedoch zum galaktischen Zentrum -- ist verbunden mit einer sehr klumpigen Struktur, die im Wesentlichen die Spiralstruktur der Galaxis nachzeichnet. Die Objekte sind 500 Millionen bis 10 000 Jahre alt.

Entwicklungsgeschichte
Offenbar stellt die Beziehung zwischen der Abplattung der Untersysteme und dem mittleren Alter ihrer Repräsentanten mehr oder weniger direkt eine Spur der Entwicklungsgeschichte unserer Galaxis dar: Ihre älteste Komponente, der Halo, ist nahezu kugelförmig, ihre jüngste Komponente dagegen, die interstellare Materie, praktisch vollständig auf die galaktische Ebene beschränkt. Es liegt daher nahe anzunehmen, dass sich die Galaxis zunächst aus einer nahezu kugelförmigen Ansammlung von Staub und Gas entwickelte, die unter dem Einfluss ihrer eigenen Gravitation nach und nach parallel zur Rotationsachse kollabierte, während die Fliehkraft dieser Materiewolke eine ähnliche Kontraktion in der Scheibenebene verhinderte.

Im Verlauf der Kontraktion haben unterschiedliche Prozesse zu Phasen intensiver Sternentstehung geführt, deren Abkömmlinge heute den jeweiligen Stand der galaktischen Kontraktion dokumentieren. Die nach der weitgehend nicht mehr vorhandenen Population III früheste Phase führte zunächst zur Zusammenballung von Gaswolken mit je etwa einer Million Sonnenmassen (MË), die unter ihrer Eigengravitation kollabierten. Die weitere Fragmentierung der Wolken in immer kleinere Einheiten führte zur Entstehung der Kugelsternhaufen, mit jeweils Hundertausenden von Sternen.

Da die dem Jeans-Kriterium für Gravitationsinstabilität entsprechende Masse durch die Expansion des Kosmos abnahm, ist die Entstehung von Kugelsternhaufen in der Galaxis seit etwa 10 Milliarden Jahren abgeschlossen. In späteren Sternentstehungsphasen bildeten sich kleinere Sternhaufen, die etwa einige Tausend mal so viel Masse enthalten wie die Sonne und die heute gleichmäßig über die ganze Scheibe verteilt sind.

Die gegenwärtigen Sternentstehungsprozesse führen zu Ansammlungen von der Größe der offenen Sternhaufen, die wegen der Kürze der verstrichenen Zeit noch gut die Regionen markieren, in denen sie entstanden sind. Sternbildung kann heute nur noch in unmittelbarer Nähe der galaktischen Ebene stattfinden weil die interstellare Materie vollständig zur Scheibe hin kollabiert ist.

Auch die unterschiedliche Verteilung des ursprünglichen Drehimpulses auf die Populationen lässt sich als Spur der Zusammenziehung der protogalaktischen Wolke, aus der die Galaxis hervorgegangen ist, verstehen. Eine Umverteilung von Drehimpuls kann nur innerhalb der interstellaren Materie stattfinden, da nur sie eine merkliche innere Reibung aufweist oder in ionisierter Form auf die großräumigen galaktischen Magnetfelder reagieren kann. Der Halo spiegelt die Drehimpulsverteilung einer Entwicklungsphase wider, in der die Protogalaxis wesentlich ausgedehnter war und der größte Teil des Drehimpulses in Bereichen außerhalb des Halo enthalten war. Indem die interstellare Materie quasi durch den Halo hindurch kollabierte, transportierte sie wahrscheinlich Drehimpuls zur Scheibe hin, während im Halo selbst die ungeordnete Bewegung zunahm. Damit stimmt überein, dass die Scheibenpopulation heute den größten Teil des Drehimpulses enthält, während die andern Populationen einen umso kleineren Drehimpulsanteil besitzen, je älter sie sind.

Dynamik und Struktur
Die großräumige Rotationsbewegung der Galaxis ist ein Phänomen, das erst seit den 1950er-Jahren durch den Einsatz moderner radioastronomischer Methoden entschlüsselt werden konnte. Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir mit dem Sonnensystem selber an der Rotation teilnehmen und daher die Rotation anderer Teile der Galaxis nur dann messen können, wenn deren Entfernung bekannt ist. Da im optischen Bereich -- anders als im Radiobereich  die Sicht durch die interstellare Materie versperrt ist, greifen die üblichen Methoden der Entfernungsbestimmung nicht.

Einen Ausweg bietet die Beobachtung im Wellenlängenbereich der 21-cm-Linie des Wasserstoffatoms. Da der Wasserstoff großräumig homogen verteilt ist und aus theoretischen Gründen die Umlaufgeschwindigkeit nach außen hin nur langsamer zunehmen kann als in einem starren Körper, zeigen Rechnungen, dass die maximale Geschwindigkeit der Wasserstoffwolken relativ zur Sonne dort zu beobachten ist, wo der Sehstrahl gerade die größte Annäherung an das galaktische Zentrum erreicht.

Die Entfernung dieses Tangentialpunkts vom galaktischen Zentrum ist dann mit trigonometrischen Methoden aus dem Winkel zwischen Letzterem und dem Sehstrahl zu bestimmen. Aus solchen Messungen ergibt sich die Rotationskurve der Galaxis. Ihr Abschnitt innerhalb der Sonnenbahn ist mit einiger Sicherheit bekannt. Bemerkenswert sind die hohen Rotationsgeschwindigkeiten in unmittelbarer Nähe zum galaktischen Zentrum. Sie sind ein wichtiges Indiz für eine außerordentlich hohe zentrale Dichtekonzentration. Außerhalb der Sonnenbahn ist die Vermessung der Rotationskurve schwieriger, sodass bislang nur ein Bereich angegeben werden konnte, innerhalb dessen die tatsächliche Rotationskurve zu erwarten ist.

Die Masse der Galaxis
Die Bestimmung der Rotationskurve erlaubt es, die Masse der Galaxis abzuschätzen, da die aus der Bahnbewegung resultierende Fliehkraft nur durch das Gravitationsfeld der galaktischen Masse kompensiert werden kann. Allerdings muss man dazu die Verteilung der Masse in Richtung senkrecht zur galaktischen Ebene kennen.

Praktisch sind alle Angaben der Dichteverteilung Ergebnisse aus theoretischen Modellen, die die Beobachtungsdaten von Bahngeschwindigkeiten und Sterndichten auch außerhalb der galaktischen Ebene berücksichtigen. Aus solchen Modellen wird als Wert für die Masse der Galaxis innerhalb der Sonnenbahn ein Wert von etwa 1,8·1011 MË abgeleitet.

Wegen der Schwierigkeit, Bahngeschwindigkeiten außerhalb der Sonnenbahn zu messen, sind Massebestimmungen einschließlich des Halo und der Korona wesentlich unsicherer und reichen etwa von 2·1011 bis 1012 MË. Für große Entfernungen ist zu erwarten, dass die Bahngeschwindigkeiten den von der Planetenbewegung bekannten Kepler'schen Gesetzen entsprechen, weil dort keine nennenswerten Anteile an der Gesamtmasse angenommen werden. Die Tatsache, dass die Rotationskurve auch im Abstand von 30 Kiloparsec noch nicht der Kepler-Rotation entspricht, beweist, dass auch außerhalb dieser Distanz noch große Anteile an der Gesamtmasse der Galaxis vorhanden sein müssen.

Spiralen
Ein weiteres bis heute nicht ganz gelöstes Problem im Verständnis der Galaxis besteht in deren Spiralstruktur. Die Rotationskurve der Galaxis zeigt, dass die Sterne und Sternhaufen im Großen und Ganzen mit der gleichen Bahngeschwindigkeit umlaufen, also mit zunehmendem Abstand immer längere galaktische Umlaufzeiten haben. Daher können radiale Strukturen nur etwa eine Rotationsperiode lang überleben, wenn es nicht besondere Mechanismen gibt, die eine Spiralstruktur aufrechterhalten können. Eine andere Erklärung für die Spiralstruktur könnte sein, dass es sich bei ihr um ein sehr junges Phänomen handelt. Diese Erklärung wäre auch mit der Tatsache vereinbar, dass die Sonne schon über fünfzig galaktische Umläufe vollzogen hat, stünde aber in Widerspruch dazu, dass viele extragalaktische Sternsysteme klare Spiralmuster zeigen, ganz unabhängig davon, wie alt sie sind.

Erst numerische Simulationen von Sternsystemen mit sehr vielen Sternen erhärteten frühere Hypothesen, nach denen es sich bei den Spiralarmen um ein Wellenphänomen handelt, und zwar um Wellen des Gravitationsfelds. Diesen Wellen entspricht eine Variation von etwa fünf Prozent um den Mittelwert der Massedichte. Bei der Ausbreitung der Wellen in Richtung des galaktischen Umlaufs werden sie von der schnelleren Materie überholt, am Ort der Sonne mit einer um etwa 115 km/s größeren Geschwindigkeit. Dabei entsteht im interstellaren Medium eine Stoßfront, ein Dichte- und Geschwindigkeitssprung, der sich mit einem Vielfachen der Schallgeschwindigkeit von der höheren zur niedrigeren Dichte hin fortpflanzt, ähnlich wie in der irdischen Atmosphäre ein Überschallknall. Durch die starke Verdichtung wird eine spontane Sternentstehung ausgelöst. Einige Millionen Jahre jenseits der Stoßfront, der die Materie inzwischen um den Bruchteil eines Grads vorausgeeilt ist, zeigen sich dadurch junge Sternhaufen und H II-Gebiete, die im Sichtbaren den Verlauf der Wellen nachzeichnen. Nach einigen 10 Millionen Jahren sind die Sternhaufen durch die rasche Entwicklung von hellen und massereichen O- und B-Sternen weitgehend aufgelöst. Zurück bleibt ein Untergrund von weniger auffälligen Scheibensternen, während die Zone der jungen Sternhaufen inzwischen weitergewandert ist.

Das Auftreten von Dichtewellen scheint in scheibenförmigen Systemen, die aus Gas oder ausreichend vielen Punktmassen bestehen und aufgrund ihrer eigenen Anziehungskraft »gravitationsinstabil« sind, ziemlich wahrscheinlich zu sein. Wie numerische Simulationen immer wieder zeigen, genügen bereits schwache Fluktuationen des Gravitationsfelds, um Mehrfachspiralen entstehen zu lassen, die meist eng gewunden sind. Eine Störung des Gravitationspotenzials von außen, wie sie unsere Galaxis derzeit durch die unmittelbar benachbarten Magellan'schen Wolken erfährt, erzeugen dagegen in der Regel ausgeprägte offene Einfachspiralen.

Der galaktische Kern
Als Definition des Zentrums der Galaxis dient einerseits die Position ihrer Rotationsachse und anderseits das Maximum ihrer Dichteverteilung. Eine genauere Lokalisierung erlauben interferometrische Radiobeobachtungen, die im Bereich des Zentrums die kompakte Radioquelle Sagittarius A (Sgr A) zeigen. Eine Reihe von Indizien spricht dafür, dass diese mit dem Dichtemaximum zusammenfällt, sodass sie nach allgemeiner Auffassung das Aktivitätszentrum der Galaxis ist.

Der Dichteverlauf wird auch hier vor allem aus den Bahngeschwindigkeiten verschiedener Objekte in der Nähe des Kerns oder über die Masse-Leuchtkraft-Beziehung aus der Infrarotstrahlung vieler Sterne ermittelt. Unter der Annahme einer kugelsymmetrischen Masseverteilung trägt zur Anziehungskraft, die die Objekte auf ihrer jeweiligen Umlaufbahn hält, im Wesentlichen nur derjenige Teil der Masse bei, der sich innerhalb der Umlaufbahn befindet. Weil anderseits die Rotationsgeschwindigkeit auf einer stabilen Bahn der anziehenden Masse proportional ist, hängen die Angaben von Massen von der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessungen ab.

Zu lang anhaltenden Kontroversen führte die Beobachtung, dass die Rotationskurve im letzten Parsec zum Zentrum hin nicht nur nicht linear abfällt -- wie es einer etwa konstanten Sterndichte im Zentrum entsprechen würde --, sondern konstant bleibt oder sogar ansteigt. Das bedeutet, dass die Massedichte zum Zentrum hin sehr stark wächst. Darüber hinaus erfordert die Größe der Bahngeschwindigkeiten, dass sich innerhalb des letzten Zehntels Parsec, also innerhalb eines Bereichs, dessen Radius nur ein Drittel des Abstands der Oort'schen Wolke von der Sonne beträgt, noch einige Millionen Sonnenmassen befinden müssen. Ob es sich bei diesem Zentralobjekt um einen außerordentlich dichten Kugelsternhaufen oder um ein Schwarzes Loch handelt, ist bislang noch umstritten.

Trotz der vergleichsweise geringen Aktivität des Kerns unserer Galaxis sind seine Strukturen und Prozesse viel komplexer, als lange angenommen wurde. Insbesondere hochauflösende Radio- und Infrarotbeobachtungen haben inzwischen eine Hierarchie von Strukturen bis hinab zu 10 Astronomischen Einheiten (AE), also den 20000ten Teil eines Parsec, enthüllen können.

Stufenweise ins Zentrum
Der Kernbereich lässt sich am anschaulichsten beschreiben, wenn man sich ihm stufenweise von außen nähert und nach innen fortschreitend zu immer feineren Skalenteilungen gelangt. Am Anfang der Beschreibung jedes Bereichs wird im Folgenden jeweils dessen Größe angegeben.

5 kpc -- Die interstellare Materie des galaktischen Kerns bildet in den innersten 750 pc eine Verdichtung, die mit 200 pc vertikaler Ausdehnung deutlich dicker ist als die Scheibenkomponente der Gas-Staub-Schicht. Im Bereich zwischen 1 kpc und 3 kpc ist die Gasdichte eher gering. In einer Entfernung von etwa 3,7 kpc umgibt den Zentralbereich ein rotierender Ring aus interstellarer Materie, der mit einer Radialgeschwindigkeit von 100 km/s expandiert. Vermutlich sind hierin Nachwirkungen einer gigantischen Explosion des Zentralbereichs zu sehen, die sich vor etwa 10 bis 15 Millionen Jahren ereignete.

50 pc -- In einer Entfernung von etwa 50 pc von der zentralen Radioquelle Sgr A zeigen Radiokarten im Wellenlängenbereich um 20 cm eine auffällige Struktur senkrecht zur galaktischen Ebene, den »östlichen Bogen«. Er ist über die parallel zur galaktischen Ebene verlaufende »östliche Brücke« mit Sgr A verbunden. Der östliche Bogen lässt sich bis zu einigen 100 pc über die galaktische Ebene hinaus verfolgen. Erst in den 1990er-Jahren wurde entdeckt, dass es auf der nördlichen Seite als Gegenstück einen bis zu 200 pc breiten Jet gibt, der 4 kpc weit verfolgt werden kann und möglicherweise mit dem expandierenden Ring in Verbindung steht. Die filamentartige Struktur der Brücke sowie ihre Synchrotronstrahlung lassen darauf schließen, dass hier ein heißes Plasma aus dem Kernbereich unter dem Einfluss von Magnetfeldern in zwei entgegengesetzte Richtungen von der galaktischen Ebene wegströmt.

10 pc -- Innerhalb der im Wellenlängenbereich von 20 cm gefundenen räumlichen Struktur zeigt sich bei der Beobachtung im Wellenlängenbereich um 6 cm eine Ringstruktur von etwa 7 pc Durchmesser (Sgr A East), die offenbar ein Überrest einer weiteren Explosion ist und von einem Halo von 20 pc Durchmesser umgeben ist, der im Bereich von 20 cm Wellenlänge strahlt. Im Hohlraum innerhalb des Rings von Sgr A East befindet sich ein weiterer Ring von 4 pc Durchmesser, der gegen den äußeren Ring gekippt und seitlich verschoben ist. Er ist mit diesem über Filamente verbunden. Der »Sgr A West« genannte innere Ring strahlt im Millimeterwellen-Bereich eines Übergangs des HNC-Moleküls. Im 6-cm-Bereich sind drei bogenförmige Filamente sichtbar, die den inneren Ring wie Speichen aufspannen und mit der zentralen Quelle Sgr A* in der Nabe des Rads verbinden. Die speichenförmigen Filamente entsprechen Materieströmungen, deren Richtung -- einwärts oder auswärts -- und Geometrie nicht bekannt sind. Fast die gesamte Strahlung aus diesem Bereich -- von der zehnmillionenfachen Leuchtkraft der Sonne -- wird von einem etwas verbogenen Ring aus Gas und Staub im Infrarotbereich abgestrahlt. Dies deutet auf viele neu entstandene Sterne hin, die den Staub auf bis zu 400 K aufheizen. Dabei weicht die Position von Sgr A* offensichtlich von der des Rotationszentrums des Gases um 0,1 pc ab.

0,1 pc -- Sgr A* im Zentrum des letztgenannten Rings ist von einer Reihe intensiver Infrarotquellen umgeben, die zum Teil stellaren Ursprungs sind. Die Sgr A* nächste Quelle, IRS 16, konnte bei einer Wellenlänge von 2,2 mm in mindestens sechs Punktquellen aufgelöst werden, die sich in einem Abstand von etwa 0,1 pc voneinander befinden. Es ist nicht bekannt, um welche Art von Objekten es sich dabei handelt. Beobachtungen derselben Region bei Wellenlängen von etwa 1 mm enthüllten zwei optische Signale, GZ-A und GZ-B, die Sgr A in Nord-Süd-Richtung in einer Entfernung von nur 2500 AE (etwa 0,01 pc) nahezu symmetrisch flankieren. Es handelt sich hierbei um die derzeit kleinsten im galaktischen Zentrum aufgelösten Strukturen.

0,002 pc -- Bisher konnte Sgr A* nicht in weitere Strukturen aufgelöst werden. Bei einer Auflösung von 0,001'' bedeutet dies, dass die intensive Radiostrahlung aus einem Gebiet kommt, das innerhalb der Jupiterbahn Platz finden würde (Radius 6 AE). Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass es sich bei dem außerordentlich massereichen Objekt innerhalb der letzten 20000 AE möglicherweise um ein Schwarzes Loch handelt.

Unser Milchstraßensystem und alle andern Galaxien sind hochkomplexe Organisationsformen der kosmischen Materie. Sie verfügen selbst in augenscheinlich ruhigen Entwicklungsphasen über eine starke Aktivität im Zentralbereich. Im Gegensatz zu den Vorgängen in der Scheibe sowie zu der Dynamik der Spiralarme ist die Bedeutung der zentralen Aktivitäten für die kosmische Evolution bislang noch nicht verstanden.

Prof. Dr. Erwin Sedlmayr, Dipl.-Phys. Karin Sedlmayr und Dr. Achim Goeres, Berlin

Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
   
extragalaktische Sternsysteme: Galaxien, Galaxienhaufen und Superhaufen
   
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
   
Sonne: Ihr Lebensweg vom Protostern zum Weißen Zwerg
    (c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001


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