Das NEUE TESTAMENT von J. Greber
Das Neue Testament
 
Das
Neue Testament

aus dem Altgriechischen neu übersetzt


 von Johannes Greber

Johannes Greber
Johannes Greber
*Mai 1874 . †März 1944

 
Brief des Apostels Paulus an die Galater

 
Kapitel 1

1 Ich, Paulus, schreibe euch diesen Brief. Nicht von Menschen wurde ich zum Apostel ausersehen und übe auch nicht im Auftrag eines Menschen mein Apostelamt aus, sondern nur im Auftrag Jesu Christi und Gottes des Vaters, der Jesus aus dem Reich der geistig Toten wieder zurückgeführt hat.

 

2 Mit allen Brüdern, die bei mir sind, entbiete ich den Gemeinden in Galatien unsern Gruß. 3 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, 4 und vom Herrn Jesus Christus, der sich wegen der Sünde des Abfalls von Gott opferte, um uns aus einer Weltperiode zu retten, in welcher der Böse die Herrschaft führt.

 

5 So war es der Wille unseres Gottes und Vaters, der gepriesen sei für alle Zeiten. Amen.

 

6 Ich muss mich sehr darüber wundern, dass ihr euch so schnell von dem losgesagt habt, der den Ruf zur Teilnahme an der Gnaden Gemeinschaft mit Jesus Christus an euch hat ergehen lassen, und dass ihr euch einer andern Heilsbotschaft zugewandt habt.

 

7 Aber es kann doch gar keine andere Heilsbotschaft geben. Zwar gibt es Leute, die euch verwirren, indem sie die Heilsbotschaft Christi zu verdrehen suchen. 8 Aber selbst wenn wir oder ein Bote aus dem Jenseits euch eine Heilsbotschaft verkünden würden, die anders wäre als die, welche wir euch bisher predigten, der sei von eurer Gemeinschaft ausgeschlossen.

 

9 Was ich eben sagte, möchte ich noch einmal wiederholen: Wer euch eine Heilsbotschaft predigt, die anders ist als die, welche ihr vorher empfangen habt, der sei von eurer Gemeinschaft ausgeschlossen!

 

10 Suche ich jetzt vielleicht auch, 'die Gunst von Menschen zu gewinnen' oder vielmehr die Gunst Gottes? Oder bemühe ich mich jetzt, 'Menschen zu gefallen'? Würde ich Menschen zu gefallen suchen, dann könnte ich kein Diener Christi sein.

 

11 Denn das will ich euch sagen, meine Brüder: Die von mir verkündete Heilsbotschaft ist nicht Menschenwerk! 12 Ich habe sie nicht von Menschen empfangen und sie auch nicht in einem menschlichen Unterricht erlernt, sondern sie wurde mir durch eine Offenbarung Jesu Christi zuteil.

 

13 Ihr habt ja von meinem früheren Verhalten im Judentum gehört. Ihr wisst, dass ich als Jude die Gemeinde Gottes wütend verfolgte und sie zu vernichten suchte. 14 Durch jüdischen Fanatismus tat ich mich unter den Altersgenossen meines Volkes hervor und war ein übergroßer Eiferer für die von meinen Vätern ererbten Satzungen.

 

15 Gott aber hatte in einer Güte mir schon vom Mutterschoß an meine wirkliche Lebensaufgabe vorherbestimmt. 16 Und als er den Augenblick für gekommen hielt, mir seinen Sohn zu offenbaren, damit ich seine Heilsbotschaft zu den Nichtjuden tragen möchte, da fasste ich meinen Entschluß nicht nach rein menschlichen Erwägungen.

 

17 Ich ging auch nicht nach Jerusalem zu denen, die schon lange vor mir zum Apostel berufen wurden. Ich begab mich vielmehr nach Arabien und kehrte von dort wieder nach Damaskus zurück. 18 Erst drei Jahre später ging ich nach Jerusalem, um Kephas kennen zu lernen. 19 Vierzehn Tage blieb ich bei ihm. Von den andern Aposteln habe ich damals keinen gesehen, außer den Jakobus, den Bruder des Herrn.

 

20 Was ich euch hier berichte, ist die volle Wahrheit. Ich beteure es vor dem Angesicht Gottes, dass ich euch nicht belüge. 21 Hierauf begab ich mich in die Landstriche Syriens und Ziliziens. Doch den christlichen Gemeinden in Judäa war ich persönlich unbekannt.

 

22 Nur hörten sie erzählen: 23 Unser ehemaliger Verfolger predigt jetzt den Glauben, den er früher ausrotten wollte. 24 Und sie priesen Gott wegen der Wandlung, die sich in mir vollzogen hatte.

 

Kapitel 2

 

1 Nach Verlauf von vierzehn Jahren ging ich wieder nach Jerusalem. Barnabas begleitete mich. Auch den Titus nahm ich mit. Dass ich diese Reise überhaupt unternahm, geschah infolge einer Offenbarung.

 

2 Ich erzählte ihnen von der Heilsbotschaft, die ich unter den Nichtjuden zu verkünden pflege; doch sprach ich davon nur rein persönlich mit denen, die zu den Häuptern der Gemeinde zählten. Ich wollte bloß sehen, ob ich in ihren Augen bei meiner Arbeit den rechten Weg gehe oder gegangen sei.

 

3 Aber nicht einmal meinen Begleiter Titus, der doch ein Nichtjude war, suchte man dazu zu bewegen, die Beschneidung an sich vornehmen zu lassen. 4 Zwar hatten sich falsche Brüder in die dortige Gemeinde eingeschlichen; sie hatten sich bloß zu dem Zwecke aufnehmen lassen, um auszuspionieren, wie weit die Freiheit ginge, die uns durch die Lehre Jesu Christi zuteil geworden sei. Sie wollten uns nämlich in die alte Knechtschaft des Mosaischen Gesetzes wieder zurückführen.

 

5 Aber ihrem Verlangen gaben wir nicht einen Augenblick nach, damit die Lehre der Heilsbotschaft in ihrer vollen Reinheit euch erhalten bliebe. 6 Doch von Seiten derer, die in der dortigen Gemeinde maßgebend waren, wurden mir keine weiteren Verpflichtungen auferlegt. Übrigens frage ich nichts danach, wie groß ihr Ansehen in der Gemeinde war. Auch Gott nimmt auf das äußere Ansehen eines Menschen keine Rücksicht.

 

7 Kurz und gut, - jene hatten an meiner Wirksamkeit nichts auszusetzen. Im Gegenteil, sie gewannen die Überzeugung, dass ich mit der Predigt der Heilsbotschaft unter den Nichtjuden betraut worden sei, wie Petrus unter den Juden. 8 Denn Gott, der dem Petrus die Kraft verlieh, unter den Juden sein Apostelamt auszuüben, gab mir dieselbe Kraft zum Apostelamt unter den Nichtjuden.

 

9 Und weil sie die Gnadengabe kennen gelernt hatten, die mir verliehen worden war, reichten die sogenannten 'Säulen der Kirche' - Jakobus, Kephas und Johannes - mir und Barnabas als ihren Mitarbeitern die Hand. Wir sollten unter den Nichtjuden wirken, sie unter den Juden.

 

10 Nur sollten auch wir der Armen in den juden-christlichen Gemeinden gedenken. Und ich gab mir ja alle erdenkliche Mühe, gerade diesem letztern Wunsche nachzukommen.

 

11 Eines Tages kam nun Petrus nach Antiochien. Bei dieser Gelegenheit musste ich ihm offen entgegentreten; denn seine Handlungsweise war so, dass er sich dadurch selbst ins Unrecht setzte.

 

12 Bevor nämlich die von Jakobus geschickten Vertreter ankamen, pflegte Petrus nach der Sitte der nichtjüdischen Christen mit diesen zusammen zu essen; als aber die Judenchristen ankamen, zog er sich von den nichtjüdischen Christen zurück und sonderte sich von ihnen ab aus Furcht vor den Judenchristen, welche die Notwendigkeit der Beschneidung lehrten.

 

13 An dieser Heuchelei beteiligten sich mit ihm auch alle andern Judenchristen, so dass selbst Barnabas sich dazu verleiten ließ, diese Heuchelei mitzumachen.

 

14 Als ich nun sah, dass ihre Handlungsweise mit der rechten Lehre der christlichen Heilsbotschaft durchaus nicht in Einklang stand, richtete ich im Beisein aller folgende Worte an Kephas: "Wenn du als Jude die nichtjüdischen Gebräuche anstatt der jüdischen mitmachst, wie kannst du dann die nichtjüdischen Christen durch dein Beispiel zwingen wollen, die jüdischen Gebräuche zu beobachten."

 

15 Wohl sind wir von Geburt Juden und nicht Sünder heidnischer Abstammung; 16 aber wir wissen doch, dass der Mensch nicht durch Befolgung der äußern Gesetzesvorschriften gottwohlgefällig wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus. Aus diesem Grunde haben auch wir den Glauben an Jesus Christus angenommen, um durch diesen Glauben an Christus und nicht infolge von Gesetzeswerken gottwohlgefällig zu werden. Denn auf Grund von Gesetzeswerken erlangt kein Geschöpf das Wohlgefallen Gottes.

 

17 Zwar wird man auch an uns selbst Sünden entdecken, wiewohl wir uns bemühen, in der Gemeinschaft mit Christus das Wohlgefallen Gottes zu erlangen. Aber ist deshalb Christus etwa ein Diener der Sünde? Niemals. 18 Wenn ich jedoch das, was ich niedergerissen hatte, wieder aufzubauen suche, dann bekenne ich mich damit der Übertretung schuldig.

 

19 Ich für meinen Teil betrachte mich dem Mosaischen Gesetz gegenüber für tot erklärt und zwar auf Grund des Mosaischen Gesetzes, um das Leben in Gott zu haben. Als Glied des Leibes Christi habe ich mit Christus den Kreuzestod erlitten. 20 Ich lebe also nicht mehr mein eigenes Leben, sondern ich lebe als ein Glied Christi. Das Leben, das ich jetzt noch auf Erden führe, ist also in Wirklichkeit bloß ein Leben des Glaubens an den Sohn Gottes, der mich liebte und sich für mich opferte.

 

21 Die mir hierin gewährte Gnade Gottes darf ich nicht beiseite schieben. Denn wenn man das Wohlgefallen Gottes durch äußere Beobachtung von Gesetzesvorschriften hätte erlangen können, dann hätte ja Christus nicht zu sterben brauche.

 

Kapitel 3

 

1 O ihr unvernünftigen Galater! Wer hat euch mit einem Zaubertrank die Besinnung genommen, - gerade euch, denen der Kreuzestod Christi in seiner Bedeutung für euch in so klarer Weise vor Augen geführt worden war?

 

2 Nur die eine Frage möchte ich von euch beantwortet haben: War es eine Folge der Beobachtung von äußern Gesetzesvorschriften, dass ihr die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes erlangtet, oder war es die Folge der Annahme des Glaubens?

 

3 Da könnt ihr sehen, wie töricht ihr seid. Unter der Leitung eines Geistes Gottes habt ihr den Grundstein zu einem neuen Leben gelegt und wollt nun den Schlussstein im rein Irdischen suchen? 4 Solch gewaltige Geisterkundgebungen hättet ihr also umsonst erlebt! Wirklich, ganz umsonst?

 

5 Der die Geisterwelt Gottes mit euch in Verbindung treten lässt und durch sie wunderbare Kräfte in euch hervorbringt, - tut er das deshalb, weil ihr die Mosaischen Gesetzesvorschriften erfüllt, oder weil ihr nach dem Glauben lebt?

6 Es ist bei euch ebenso, wie es bei Abraham war. Abraham glaubte Gott, und dieser Glaube wurde ihm so hoch angerechnet, dass er dadurch das Wohlgefallen Gottes erlangte.

 

7 Ihr sehet also: Die den Glauben haben, das sind die wirklichen Kinder Abrahams. 8 Die Schrift wies somit schon im voraus darauf hin, dass die Nichtjuden nur infolge des Glaubens das Heil erlangen sollten; denn sie lässt dem Abraham die Verheißung zuteil werden: "In dir sollen alle Völker gesegnet werden!"

 

9 Demnach empfangen alle, die den Glauben Abrahams haben, auch den Segen Abrahams. 10 Alle dagegen, die in der Erfüllung von äußern Gesetzesvorschriften ihr Heil suchen, stehen unter einem Fluch. Dieser lautet in der Schrift: "Verflucht ist jeder, der nicht alle Verordnungen, die in dem Buch des Gesetzes geschrieben stehen, beharrlich erfüllt."

 

11 Dass aber niemand infolge der Beobachtung des geschriebenen Gesetzes das Wohlgefallen Gottes erlangt, ist klar in den Worten ausgesprochen: "Der Gottwohlgefällige wird infolge seines Glaubens das geistige Leben haben." 12 Das geschriebene Gesetz hat aber mit dem Glauben nichts zu tun, sondern da gilt das Wort: "Wer diese Gebote erfüllt hat, wird sich dadurch das irdische Leben sichern."

 

13 Christus hat uns von dem im Gesetze ausgesprochenen Fluch befreit, indem er für uns den Fluch auf sich nahm. Denn in der Schrift heißt es: "Verflucht ist jeder, der am Holze hängt." 14 So sollte der dem Abraham verheißene Segen den Nichtjuden in Christus Jesus zuteil werden; und diesen Segen sollten wir infolge unseres Glaubens durch die Geisterwelt Gottes empfangen.

 

15 Liebe Brüder! Ich wähle ein Beispiel aus dem menschlichen Leben. Sobald einer sein Testament gemacht und rechtskräftig unterschrieben hat, kann kein anderer es umstoßen oder nachträglich mit Zusätzen versehen.

 

16 Nun sind aber die göttlichen Verheißungen dem Abraham und seinem Nachkommen gegeben worden. Es heißt nicht: Und seinen Nachkommen, - als ob es mehrere wären; sondern es ist bloß von einem Nachkommen die Rede; es heißt ja: "Und seinem Nachkommen." Und dieser Nachkomme ist Christus.

 

17 Ich will damit sagen: Eine von Gott rechtskräftig erlassene Verfügung kann nicht durch ein Gesetz umgestoßen werden, das erst vierhundert-und-dreißig Jahre später entstanden ist, so dass jene Verheißung dadurch aufgehoben wäre.

 

18 Denn wenn das versprochene Erbe von dem späteren Gesetz abhinge, dann würde es nicht mehr infolge der Verheißung gewährt. Gott hat es aber dem Abraham auf Grund einer Verheißung als ein Gnadengeschenk verliehen.

 

19 Hat nun bei dieser Sachlage das Mosaische Gesetz überhaupt noch eine Bedeutung? - Ja! Denn es wurde deswegen noch nachträglich gegeben, damit die Übertretungen klarer zu Tage träten, bis der Nachkomme käme, auf den die Verheißung sich bezieht. Das Gesetz wurde durch Boten Gottes übermittelt, und diese kamen im Auftrag eines, der zwischen zwei Parteien vermitteln wollte.

 

20 Wenn aber einer vermitteln will, so gehört er nicht bloß einer Partei an. Gott aber kann nur einer Partei angehören.

 

21 Steht nun etwa das Gesetz im Gegensatz zu den Verheißungen Gottes? Durchaus nicht! Freilich würde ein solcher Gegensatz dann bestehen, wenn ein äußeres Gesetz gegeben worden wäre, das ein geistiges Leben hätte bewirken können; denn in diesem Falle würde man das Wohlgefallen Gottes tatsächlich durch Befolgung von äußeren Gesetzesvorschriften erlangen.

 

22 Doch nach den Worten der Schrift ist alles unter die Gewalt der Sünde des Abfalls von Gott gestellt, damit das verheißene Heil infolge des Glaubens an Jesus Christus denen zuteil würde, die diesen Glauben annehmen. 23 Bevor jedoch der Glaube kam, fühlten wir uns infolge der Vorschriften des Gesetzes wie in einem Gefängnis, und mit Ketten beladen warteten wir auf die Zeit, wo der Glaube uns enthüllt werden sollte.

 

24 So wurde das Mosaische Gesetz für uns zu einem Erzieher, der uns in harter Behandlung zu Christus führte, damit wir infolge des Glaubens an ihn das Wohlgefallen Gottes erlangten. 25 Seitdem der Glaube bei uns Eingang gefunden, stehen wir daher nicht mehr unter der Vormundschaft eines Erziehers.

 

26 Ihr seid ja alle Kinder Gottes infolge des Glaubens und befindet euch in der geistigen Verbindung mit Christus Jesus. 27 Denn durch die Taufe seid ihr Christus geistig einverleibt worden, und sein geistiges Gewand umkleidet euch.

 

28 In dieser geistigen Gemeinschaft gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden, keinen Unterschied zwischen Sklaven und Freien, keinen Unterschied zwischen männlich und weiblich. In der geistigen Gemeinschaft mit Christus Jesus seid ihr alle gleich.

 

29 Gehört ihr aber Christus an, dann seid ihr wahre Nachkommen Abrahams; dann gehört ihr zu denen, die infolge der Verheißung Erben Abrahams sind.

 

Kapitel 4

 

1 Ich möchte noch etwas hinzufügen: Solange der Erbe noch unmündig ist, besteht zwischen ihm und dem Knechte der Familie äußerlich kein Unterschied, obgleich der Erbe doch der Herr über alle Güter ist. 2 Er steht vielmehr unter Vormundschaft und unter Verwaltern bis zu dem vom Vater festgesetzten Zeitpunkt.

 

3 So geht es auch mit uns. Auch wir waren unmündig und wurden von jenen Geistermächten in Knechtschaft gehalten, welche die Herrschaft in der Welt führen. 4 Als aber die Zeit der Volljährigkeit gekommen war, da sandte Gott seinen Sohn. Dieser wurde vom Weibe geboren und ebenfalls unter die Knechtschaft des Gesetzes gestellt,

 

5 damit er die loskaufen könnte, die unter derselben Knechtschaft des Gesetzes stehen, und wir die Möglichkeit hätten, Kinder Gottes zu werden. 6 Weil ihr nun Gottes Kinder seid, darum sandte Gott die Geisterwelt seines Sohnes in unsere Herzen, die laut den Namen 'Vater' ruft.

 

7 Nun giltst du also nicht mehr als Knecht, sondern als Kind. Bist du aber ein Kind Gottes, dann bist du auch ein Erbe Gottes infolge der geistigen Gemeinschaft mit Christus. 8 Damals freilich, als ihr Gott noch nicht kanntet, habt ihr Göttern gedient, die in Wirklichkeit keine Götter waren.

 

9 Jetzt aber habt ihr den wahren Gott erkannt; und, was noch viel mehr bedeutet, ihr seid auch von Gott als Kinder anerkannt. Wie könnt ihr euch da nur wieder den schwachen, armseligen Geistermächten der Tiefe zuwenden und ihnen von neuem Sklavendienste leisten wollen? 10 Ihr feiert ja wieder die Tage, Monate, Jahreszeiten und Neujahrstage, die ihnen geweiht sind.

 

11 Ich muss beinahe fürchten, dass meine Arbeit für euch vergeblich war. 12 Werdet doch wieder so, wie ich bin, damit auch ich in euch meinesgleichen erblicken kann. Herzlich bitte ich euch darum, meine Brüder. - Ihr tatet mir nie etwas zu leide. 13 Im Gegenteil! Wisst ihr noch, wie ich euch das erstemal während meiner Krankheit die Heilsbotschaft verkündete?

 

14 Wie ihr damals vor meinem körperlichen Leiden keinen Ekel und keine Furcht empfandet, sondern mich wie einen Boten Gottes, ja wie Christus selbst bei euch aufnahmt? 15 Was war das damals doch für euch eine selige Freude! Denn ich kann euch das Zeugnis geben, dass ihr, wenn es möglich gewesen wäre, euch die Augen ausgerissen hättet, um sie mir zu geben.

 

16 Und ich sollte nun deshalb euer Feind geworden sein, weil ich euch die Wahrheit vorgehalten habe! 17 O, man bewirbt sich von anderer Seite um eure Gunst, und zwar nicht in guter Absicht. Man möchte euch gern von mir wegdrängen, damit ihr euer Wohlwollen andern Leuten zuwendet. Ihr aber sollt euren Eifer einzig und allein darauf verwenden, die höheren Gaben zu erlangen.

 

18 Es ist eine herrliche Sache, wenn ihr stets nur nach dem Hohen strebt, und nicht bloß dann, wenn ich bei euch bin. 19 Ihr seid meine Kinder, um die ich nun von neuem Geburtswehen erdulden muss, bis ich euch wieder so weit habe, dass sich die Gestalt Christi in euch widerspiegelt.

 

20 Was wäre ich so froh, wenn ich in diesem Augenblick bei euch sein könnte! Ich würde mündlich so gern in einem ganz andern Ton zu euch reden; denn ich weiß wirklich nicht, wie ich mich schriftlich euch gegenüber anders ausdrucken könnte.

 

21 Saget mir nun, die ihr so gern unter dem Mosaischen Gesetz stehen möchtet: 22 Leset ihr denn das Gesetz nicht? Es steht doch darin geschrieben, dass Abraham zwei Söhne hatte, einen von der Magd und einen von der Freien.

 

23 Der von der Magd war jedoch nur sein Sohn infolge rein natürlicher Zeugung: der von der Freien aber war ihm entgegen dem Naturgesetz auf Grund einer Verheißung geboren worden.

 

24 Das alles hat eine sinnbildliche Bedeutung. Denn diese beiden Frauen versinnbilden eine zweifache Willenserklärung Gottes; die eine ist die, welche vom Berge Sinai herab verkündet wurde; sie macht den, dem sie gilt, zum Sklaven; sie wird durch Hagar versinnbildlicht;

 

25 der Sinai-Berg in Arabien wird nämlich 'Hagar' genannt. Er hat geistig die gleiche Bedeutung, wie das heutige Jerusalem. Denn auch dieses befindet sich samt seinen Kindern in Knechtschaft. 26 Aber das Jerusalem da oben in der Geisterwelt ist die Freie, und diese ist unsere Mutter. Es steht nämlich geschrieben:

 

27 "Freue dich, du Kinderlose, die du bisher nicht Mutter geworden bist! Brich in Jubel aus und frohlocken die du keine Geburtswehen kennst! Denn die Unverehelichte wird viele Kinder haben, mehr als die Verehelichte." 28 Ihr, meine Brüder, gehört nach dem Vorbild Isaaks zu den Kindern der Verheißung.

 

29 Wie jedoch damals der natürliche Sohn den auf Grund der Verheißung eines Geistes Gottes gebornen Sohn verfolgt hat, so ist es auch jetzt der Fall. 30Doch was sagt die Schrift dazu? "Verstoße die Magd und ihren Sohn!" - sagt sie - "Denn der Sohn der Magd soll nicht mit dem Sohn Isaak, den ich dir gab, Erbe sein!"

 

31 Darum, meine Brüder, sind wir nicht Kinder einer Magd, sondern der Freien.

 

Kapitel 5

 

1 Christus machte uns frei, damit wir auch von der Freiheit Gebrauch machen. Seid also standhaft und lasst euch nicht wieder in das Joch der Knechtschaft spannen. 2 Seht, ich - Paulus selbst - gebe euch die Versicherung: Wenn ihr euch beschneiden lasst, so hat Christus für euch keinen Wert mehr.

 

3 Wieder und wieder bezeuge ich einem jeden, der sich dem Gesetze der Beschneidung unterwirft, dass er sich damit zur Beobachtung des ganzen Mosaischen Gesetzes verpflichtet.

 

4 Ihr alle, die ihr in der Erfüllung des Mosaischen Gesetzes das Wohlgefallen Gottes zu erlangen suchet, seid damit aus der Verbindung mit Christus ausgeschieden; ihr habt das Gnaden-geschenk Gottes preisgegeben. 5 Denn unsere Hoffnung, das Wohlgefallen Gottes zu erlangen, schöpfen wir aus einem gläubigen Vertrauen, das uns ein Geist Gottes lehrte.

 

6 Für die nämlich, welche in der geistigen Verbindung mit Christus Jesus leben, hat es keinerlei Bedeutung, ob sie beschnitten sind oder nicht. Maßgebend ist da bloß der Glaube, - allerdings ein Glaube, derdie Werke der Liebe hervorbringt.

 

7 Ihr hattet einen so schönen Anlauf genommen. Wer hemmte euch in eurem Lauf, so dass ihr jetzt der Wahrheit den Gehorsam versagt? 8 Nur der Gehorsam kommt von dem, der euch zur Wahrheit berief, - nicht der Ungehorsam. 9 Ein wenig Sauerteig lässt die ganze Teigmasse als eine andere erscheinen.

 

10 Ich für meinen Teil hege zu euch das feste Vertrauen im Herrn, dass ihr ganz meiner Meinung sein werdet. Wer euch irre zu machen sucht, wird seine Strafe dafür zu tragen haben, er mag sein, wer er will. 11 Wenn es wahr wäre, meine Brüder, dass auch ich die Notwendigkeit der Beschneidung predige, warum werde ich dann noch verfolgt?

 

12 Dann wäre ja das Ärgernis des Kreuzes beseitigt. Es wäre am besten, wenn auch die beseitigt würden, die euch aufzuwiegeln suchen. 13 Denn Ihr seid zur Freiheit berufen, meine Brüder. Nur dürft ihr diese Freiheit nicht als einen Freibrief für irdische Gelüste missbrauchen, sondern ihr sollt einander durch Werke der Liebe dienen.

 

14 Denn alle Vorschriften des Gesetzes finden ihre Erfüllung in dem Gebot: "Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst!" - 15 Wenn ihr euch jedoch gegenseitig beißt und fresst, dann sehet zu, dass einer vom andern nicht ganz verschlungen wird.

 

16 So gebe ich euch denn die Mahnung: Lasst euch bei eurem Lebenswandel von einem Geiste Gottes leiten; dann werdet ihr den irdischen Leidenschaften nicht nachgeben.

 

17 Denn die irdische Lust widerstrebt dem Geiste Gottes und der Geist Gottes der irdischen Lust. So liegen diese beiden stets im Kampfe miteinander; ihr möget daher tun, was ihr wollt, ihr könnt es nicht ohne Kampf tun.

 

18 Lasst ihr euch von einem Geiste Gottes leiten, dann kommen die Vorschriften des Mosaischen Gesetzes für euch überhaupt nicht mehr in Frage. 19 Lasst ihr euch aber von der irdischen Lust leiten, dann treten die daraus entspringenden Werke bald zu Tage;

 

20 die sind: Unzucht, Unsittlichkeit und Ausschweifung, Götzendienst und Zauberei, Feindseligkeit, Streit, Eifersucht und Zorn, Hinterlist, Zwietracht und Spaltungen, Neid und Mord, Trunkenheit, Völlerei und dergleichen. 21 Von diesen Sünden habe ich schon einmal zu euch gesprochen und weise wiederum darauf hin, dass ein jeder, der sie begeht, das Reich Gottes nicht ererben kann.

 

22 Im Gegensatz hierzu stehen die Früchte, welche die Geisterwelt Gottes bei euch hervorbringt. Es sind: Liebe, Freudigkeit und Friede, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit. 23 Keine einzige Vorschrift des Mosaischen Gesetzes steht hiermit im Widerspruch.

 

24 Alle, die Christus geistig angehören, haben alles irdische Trachten samt den Leidenschaften und Lüsten gekreuzigt. 25Haben wir nun durch einen Geist Gottes das geistige Leben erlangt, so wollen wir auch einen Lebenswandel führen, der den Weisungen dieses Geistes entspricht.

 

26 Darum lasst uns nicht in eitlem Ehrgeiz einander zum Streit herausfordern und einer den andern beneiden.

 

Kapitel 6

 

1 Meine Brüder! Wenn jemand in der Übereilung auch mal einen Fehler begeht, so sollt ihr als von einem Geiste Gottes geleitete Menschen den Betreffenden im Geiste der Sanftmut wieder zurecht-bringen; dabei gebe ein jeder auf sich selbst acht, damit nicht auch er in Versuchung falle. 2 Einer helfe dem andern, seine Bürde zu tragen; so erfüllt ihr das Gebot Christi.

 

3 Sollte aber einer in seinem Stolze meinen, er brauche das nicht, weil er etwas Besonderes sei, während er doch in Wirklichkeit nichts ist, so betrügt er sich selbst.

 

4 Jeder mag sein eigenes Tun still für sich selbst prüfen; dann wird er sich nicht einmal in Gedanken rühmen, geschweige denn sich einem andern gegenüber in die Brust werfen. 5 Denn jeder hat an seiner eigenen Last schwer genug zu tragen.

6 Wer in den göttlichen Wahrheiten Unterricht empfängt, soll den, der ihm den Unterricht erteilt, auch an allen seinen irdischen Gütern teilnehmen lassen.

 

7 Irret euch nicht! Gott lässt nicht Spott mit sich treiben. Denn was ein Mensch sät, das wird er auch ernten. 8 Wer auf das Ackerfeld seiner irdischen Leidenschaften sät, wird daraus Verderben ernten; wer aber auf das von der Geisterwelt Gottes bereitete Ackerfeld seinen Samen streut, wird von der Geisterwelt Gottes als Lohn das jenseitige Leben ernten.

 

9 Lasst uns daher nicht müde werden, Gutes zu tun. Zur rechten Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht entmutigt die Hände in den Schoß legen. 10 So wollen wir denn, solange uns noch Gelegenheit dazu geboten ist, allen Menschen Gutes tun, besonders den Glaubensgenossen.

 

11 Seht, mit welch großen Buchstaben ich euch nun noch eigenhändig folgendes Schlusswort schreibe: 12 "Alle, die sich infolge ihrer irdischen Stellung etwas Besonderes dünken, suchen euch die Beschneidung aufzunötigen, um wegen der Lehre Christi, des Gekreuzigten, ja keine Verfolgung leiden zu müssen.

 

13 Denn diese Leute halten trotz ihrer Beschneidung selbst nicht die Vorschriften des Mosaischen Gesetzes. Sie dringen bei euch bloß deswegen auf die Annahme der Beschneidung, um sich rühmen zu können, euch wenigstens äußerlich zu den Ihrigen zu rechnen.

 

14 Es sei ferne von mir, mich in irgend einem Punkte zu rühmen, außer in dem Kreuze unseres Herrn Jesus Christus, durch das für mich die Welt gekreuzigt ist und ich für die Welt. 15 Denn in der Gemeinschaft mit Christus Jesus ist weder die Beschneidung noch das Fehlen der Beschneidung von irgendeiner Bedeutung, sondern da gilt bloß eine geistige Wiedergeburt.

 

16 Auf alle, die nach diesen Richtlinien ihr Leben gestalten, komme Frieden und göttliches Erbarmen; denn sie sind das wahre Israel Gottes." 17 "In der Zukunft bereite mir niemand noch weitere Leiden! Denn ich trage die Leidenszeichen des Herrn Jesus an meinem Körper."

 

18 "Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geiste, liebe Brüder! Amen."

rodiehr  Aug. 2012


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