Das NEUE TESTAMENT von J. Greber
Das Neue Testament
 
Das
Neue Testament

aus dem Altgriechischen neu übersetzt


 von Johannes Greber

Johannes Greber
Johannes Greber
*Mai 1874 . †März 1944

Die Heilsbotschaft nach dem Bericht des

  

 Markus 

Kapitel 1

1 Ich beginne die Heilsbotschaft Jesu, - des Messias, des Sohnes Gottes, 2 mit den Worten, die beim Propheten Isaias geschrieben stehen: "Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her. Er soll dir den Weg bahnen. 3 Seine Stimme erschallt laut in der armen Gebirgsgegend. Er ruft: 'Bereitet dem Herrn den Weg zu euch! Ebnet die Pfade, die zu unserm Gotte führen!'"

 

4 Dieser Bote war Johannes. Er spendete unter dem armen Gebirgsvolke die Taufe. In seiner Predigt wies er darauf hin, dass das Untertauchen bei der Taufe ein Sinnbild ihrer Sinnesänderung sei, durch die sie die Befreiung von der Sünde des Abfalls erlangten.


5 Aus ganz Judäa und Jerusalem strömte alles zu ihm hinaus und ließ sich von ihm im Jordanfluss taufen. Damit wollte man sich öffentlich zum Glauben an seine Lehre und als Sünder bekennen. 6 Johannes trug ein Gewand von Kamelhaaren und lebte von Heuschrecken und wildem Honig.

 

7 In seiner Predigt sagte er: "Nach mir tritt einer auf, der eine höhere Macht besitzt als ich. Im Vergleich zu ihm bin ich nicht einmal wert, dass ich mich bücke, um die Sandalen von seinen Füßen zu lösen. 8 Ich habe euch nur untergetaucht in den Wellen des Wassers; er aber wird euch untertauchen in den Kraftwellen eines heiligen Geistes."

9 Eines Tages kam auch Jesus aus Nazareth in Galiläa zu Johannes und empfing von ihm die Taufe durch Untertauchen in den Jordan. 10 In demselben Augenblick, als er aus dem Wasser stieg, sah er den Himmel offen und den Geist Gottes in der Gestalt einer Taube auf sich herabschweben. 11 Gleichzeitig erscholl eine Stimme von oben: "Du bist mein geliebter Sohn; an dir hatte ich mein Wohlgefallen."

12 Sofort erweckte der Geist Gottes in ihm den unwiderstehlichen Drang, in die Wüste zu gehen. 13 Dort blieb er vierzig Tage und war während dieser Zeit den Versuchungen Satans ausgesetzt. Er lebte inmitten wilder Tiere; doch kamen auch Engel Gottes und nahmen sich seiner an.

14 Als dann Johannes eingekerkert worden war, kam Jesus nach Galiläa und verkündete die frohe Botschaft von dem Geisterreich Gottes. 15 Der Inhalt seiner Predigt war: "Die von Gott vorgesehenen Zeitperioden sind jetzt zum Abschluss gekommen, und die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes steht nahe bevor. Ändert eure Gesinnung und nehmt diese Heilsbotschaft gläubig auf!"

16 Eines Tages ging Jesus dem Gestade des Galiläischen Meeres entlang. Da erblickte er Simon und dessen Bruder Andreas. Sie waren daran, ihr Fischnetz im See auszuwerfen. Denn sie waren von Beruf Fischer. 17 Er redete sie mit den Worten an: "Kommt, geht mit mir! Ich will Menschenfischer aus euch machen!" 18 Sofort ließen sie alles im Stich und gingen mit ihm.

19 Als er eine kleine Strecke weitergegangen war, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und dessen Bruder Johannes. Auch sie saßen in einem Boot und brachten ihre Fischnetze in Ordnung. Sofort rief er sie zu sich. 20 Da ließen sie ihren Vater Zebedäus mit den Tagelöhnern im Boot und gingen mit ihm.

21 Sie begaben sich nach Kapernaum. Gleich am ersten Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. 22 Man fühlte sich von seiner Predigt tief erschüttert. Denn er sprach zu ihnen wie einer, der eine höhere Macht besitzt, - ganz anders als die Schriftgelehrten.

23 In der Synagoge war zufällig ein Mann anwesend, der sich ganz in der Gewalt eines bösen Geistes befand. Dieser schrie plötzlich auf: 24"Was willst du von uns, Jesus von Nazareth? Bist du gekommen, uns ins Verderben zu stürzen? Ich kenne dich und weiß, wer du bist: - Der Heilige Gottes." 25 Jesus gab ihm den strengen Befehl "Verstumme und fahre von ihm aus!"

26 Da riss der böse Geist den Mann hin und her und fuhr unter einem lauten Schrei von ihm aus. 27 Alles geriet in Staunen, und einer fragte den andern: "Was ist denn das? Das ist ja eine ganz neue Predigtweise, bei der eine höhere Kraft wirksam ist. Sogar den bösen Geistern gebietet er, und sie müssen ihm gehorchen." 28 Die Kunde von ihm drang alsbald in die ganze umliegende Landschaft Galiläas.

29 Aus der Synagoge ging er sofort in die Wohnung des Simon und Andreas. Jakobus und Johannes begleiteten ihn. 30 Simons Schwiegermutter lag fieberkrank zu Bett. Man teilte ihm dies sogleich mit. 31 Da ging er zu ihr und legte ihr die Hand auf. Durch seine Heilkraft richtete er sie wieder auf. Sofort verschwand das Fieber, und sie machte sich daran, ihnen aufzuwarten.

32 Als die Sonne untergegangen und die Abenddämmerung eingetreten war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu ihm. 33 Die ganze Stadt hatte sich vor dem Hause versammelt, und alles drängte gegen die Türe. 34 Er heilte viele, die an den verschiedensten Krankheiten litten und trieb viele böse Geister aus. Jedoch gestattete er den bösen Geistern nicht, es auszusprechen, dass sie ihn als den Messias erkannten.

35 In aller Frühe, als es noch ganz dunkel war, stand er auf, verließ das Haus und begab sich an eine einsame Stelle. Dort betete er. 36 Simon und seine Genossen eilten ihm nach und suchten ihn. 37 Als sie ihn gefunden hatten, sagten sie zu ihm; "Alle suchen nach dir."

38 Er gab ihnen zur Antwort: "Wir wollen in die benachbarten Dörfer und in die Städte gehen. Denn ich möchte auch dort predigen. Aus diesem Grunde ging ich heute morgen weg."

39 So wanderte er denn in ganz Galiläa umher, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus den Besessenen aus.

40 Da kam ein Aussätziger zu ihm und flehte ihn an: "Ach, wenn du mich doch reinigen wolltest. Du besitzest die Macht dazu." 41 Von einer unwiderstehlichen Kraft getrieben, streckte Jesus seine Hand aus, berührte ihn und sprach: "Ich will es, sei rein!" 42 Sofort verschwand der Aussatz, und er war rein. 43 Unter dem Einfluss jener Kraft drängte Jesus den Geheilten, sich sofort zu entfernen.


44 Dabei gab er ihm die Weisung: "Sage ja niemand etwas davon, sondern gehe schnell hin und stelle dich dem Priester vor und bringe für deine Reinigung das Opfer, das Mose ihnen als Zeichen der Reinigung vom Aussatz vorgeschrieben hat."

 

45 Als er jedoch fort war, fing er an, ausführlich von dem Vorgefallenen zu erzählen und die Sache überall bekannt zu machen. Infolge-dessen konnte Jesus nicht mehr am hellen Tage in einen Ort gehen, sondern musste sich weiter draußen an weniger belebten Plätzen aufhalten. Aber selbst dort strömten die Leute von allen Seiten zu ihm.

Kapitel 2

1 Nach einiger Zeit kehrte er nach Kapernaum zurück. Alsbald war es bekannt, dass er wieder zu Hause sei. 2 Sofort strömte eine solche Menschenmenge zusammen, dass selbst der Platz vor der Türe die Leute nicht mehr fassen konnte. Während er ihnen das Wort Gottes predigte, 3 kamen Leute mit einem Gelähmten zu ihm. Vier Männer trugen ihn.

4 Aber wegen der Volksmenge konnten sie nicht nahe an Jesus herankommen. Daher deckten sie über der Stelle, wo Jesus saß, das Dach ab und ließen das Tragbett mit dem Gelähmten durch die Öffnung hinunter. Als Jesus ihr gläubiges Vertrauen sah, sagte er zu dem Gelähmten:

5 "Mein Sohn, deine Sünden sollen von dir genommen werden!" 6 Es saßen nun dort auch einige Schriftgelehrte. Diese dachten bei sich: 7 "Was redet der da? Der spricht ja eine Gotteslästerung aus! Denn wer kann Sünden wegnehmen, außer Einem - nämlich Gott!" 8 Jesus erfuhr sofort durch den Geist, der ihm zugeteilt war, dass jene solche Gedanken hegten. Darum stellte er die Frage an sie: "Warum gebt ihr solchen Gedanken in euren Herzen Raum?

9 Was ist leichter: zu dem Gelähmten zu sagen: 'deine Sünden sollen von dir genommen werden' - oder zu sagen: 'richte dich auf, nimm dein Bett und geh' nach Hause'? 10 Ihr sollt nun sehen, dass der Menschensohn Vollmacht besitzt, Sünden auf Erden wegzunehmen." Hierauf wandte er sich an den Gelähmten mit den Worten:

11 "Ich sage dir: Stehe auf, nimm dein Tragbett und geh' heim!" 12 Der stand auf, nahm sofort sein Tragbett und ging vor den Augen aller hinaus. Alles war außer sich vor Staunen. Man pries Gott und sagte: "So etwas ist noch nie erlebt worden."

13 Darauf ging er dem Ufer des Sees entlang, und die ganze Volks-menge hinter ihm her. Da hielt er eine Ansprache an sie. 14 Beim Weitergehen sah er Jakobus, den Sohn des Alphäus, an der Zollstätte sitzen. Er redete ihn mit den Worten an: "Komm mit mir!" Sofort stand dieser auf und ging mit ihm.

15 Jesus nahm in seinem Hause am Mahle teil. Auch viele Zöllner und andere, die nicht in gutem Rufe standen, fanden sich zusammen mit Jesus und seinen Jüngern beim Mahle ein. Denn die Zahl derer, die ihn zu begleiten pflegten, war groß.

16 Als nun die Schriftgelehrten und Pharisäer sahen, dass er mit den Zöllnern und öffentlichen Sündern aß, wandten sie sich an seine Jünger mit der Frage: "Warum speist er mit den Zöllnern und öffentlichen Sündern?" 17 Jesus hörte dies und gab ihnen zur Antwort: "Nicht die Gesunden haben den Arzt nötig, sondern die Kranken. So bin auch ich nicht gekommen, um Gottestreue zu Gott zurückzurufen, sondern von Gott Abgefallene."

18 Die Jünger des Johannes und die der Pharisäer hielten gerade ei-nen Fasttag. Da kamen einige zu Jesus und richteten die Frage an ihn: "Warum fasten die Jünger des Johannes und die der Pharisäer, und deine Jünger fasten nicht?" 19 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Man kann doch den Hochzeitsgästen nicht gut zumuten, zu fasten, solange der Bräutigam noch in ihrer Mitte weilt.

20 Es werden aber Tage kommen, wo der Bräutigam ihnen genommen ist; - dann werden sie noch genug Fasttage haben. 21 Niemand setzt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Flicken von dem alten Kleid wieder ab und es entsteht ein noch schlimmerer Riss. 22 Auch füllt man nicht jungen Wein in alte Schläuche, sonst sprengt der Wein die Schläuche, und der Wein geht samt den Schläuchen verloren."

23 Eines Tages - es war an einem Sabbat - wanderte Jesus durch Kornfelder. Seine Jünger begannen beim Gehen Ähren abzupflücken. 24Da sagten die Pharisäer zu ihm: "Warum tun diese da am Sabbat etwas, was man nicht darf?" 25 Er entgegnete ihnen: "Habt ihr noch nie gelesen, was David tat, als er nichts zu essen hatte und ihn und seine Begleiter hungerte?

26 Er ging in das Haus Gottes und aß von den Schaubroten, die doch niemand außer den Priestern essen darf, und gab auch seinen Begleitern davon. 27 Ich sage euch: Der Sabbat ist um des Menschen willen da, und nicht der Mensch um des Sabbats willen. 28 Daher ist der Sohn Gottes, der zum Herrn über den Menschen gesetzt wurde, auch Herr über den Sabbat."

Kapitel 3

1 Ein anderes Mal kam er in eine Synagoge. Dort traf er einen Mann mit einem erstorbenen Arm. 2 Sie gaben acht, ob er ihn wohl trotz des Sabbats heilen würde, um dies als Grund zu einer Anklage gegen ihn zu benutzen. 3 Da wandte er sich an den Mann mit dem erstorbenen Arm. "Stehe auf" - sagte er - "und stelle dich hier in die Mitte der Gemeinde!"

4 Dann richtete er die Frage an sie: "Darf man am Sabbat Gutes tun oder soll man Böses tun? Darf man Leben retten oder soll man es vernichten?" - Sie schwiegen. 5 Da blickte er einen nach dem andern in tiefer innerer Erregung an, voll Trauer über die Erstorbenheit ihres Herzens und sprach zu dem Manne: "Strecke deinen Arm aus!" Er tat es; und sein Arm war wieder gesund. 6 Sofort entfernten sich die Pharisäer und beratschlagten mit den Anhängern des Herodes, wie sie ihn aus dem Wege räumen könnten.

7 Jesus zog sich in Begleitung seiner Jünger an den See zurück. Eine große Menschenmenge aus Galiläa folgte ihm. 8 Auch aus Judäa und Jerusalem, aus Idumäa und dem Ostjordanlande, sowie aus der Gegend von Tyrus und Sidon strömten die Leute in großen Scharen zu ihm, weil sie von seinen Taten gehört hatten.

9 Wegen des Volksandranges ordnete er an, dass seine Jünger stets ein Boot für ihn bereithalten möchten, damit er sich dem Gedränge entziehen konnte. 10 Denn weil er viele geheilt hatte, suchte jeder, der mit irgend einem Leiden behaftet war, ihm so nahe zu kommen, dass er ihn berühren konnte.

11 Wenn die bösen Geister seiner ansichtig wurden, fielen die von ihnen Besessenen vor ihm nieder und riefen laut: "Du bist der Sohn Gottes!" 12 Jedoch verbot er ihnen jedesmal aufs Strengste, die volle Bedeutung seiner Person in klaren Worten auszusprechen.

13 Er stieg dann auf einen Berg und rief die zu sich heran, die er sich selbst ausgesucht hatte. Sie traten zu ihm. 14 Es waren zwölf, die er dazu bestimmte, seine ständigen Begleiter zu sein. Sie wollte er zum Predigen der Heilsbotschaft aussenden. 15 Auch sollten sie die Gewalt haben, die Krankheiten zu heilen und die Dämonen aus den Besessenen auszutreiben.

16 Folgende zwölf wählte er dazu aus: Den Simon, dem er den Namen Petrus beilegte; 17 Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, des Jakobus Bruder; den beiden letzteren gab er den Namen 'Boanerges', - das heißt 'Donnersöhne'. 18 Ferner Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, den Sohn des Alphäus, Thaddäus, Simon den Kananäer und 19 Judas Ischariot, der an ihm zum Verräter wurde.

20 Dann kehrte er nach Hause zurück. Da sammelte sich wieder eine solche Volksmenge an, dass sie nicht einmal Gelegenheit hatten, einen Bissen Brot zu sich zu nehmen. 21 Seine Angehörigen hatten von seinem Auftreten gehört und sich auf den Weg gemacht, um ihn mit Gewalt heimzuholen. Denn sie sagten: "Er hat den Verstand verloren."

22 Auch die Schriftgelehrten, die aus Jerusalem gekommen waren, behaupteten, er sei vom Teufel besessen, und im Bunde mit dem Obersten der Teufel treibe er die Teufel aus.

23 Da rief Jesus diese zu sich und führte ihnen einige Beispiele an. "Wie ist es möglich", - sagte er - "dass ein Satan den andern austreibt? 24 Denn wenn ein Reich in sich selbst uneins ist, so kann es keinen Bestand haben. 25 Und wenn ein Hauswesen von Zwietracht zerrissen wird, dann kann es nicht weiterbestehen.

26 Wenn also Satan sich gegen seinesgleichen erheben und so Spaltungen in seinen eigenen Reihen hervorrufen würde, so hätte er keinen Halt mehr, sondern mit seiner Herrschaft wäre es aus.

27 Ferner kann niemand in das Haus eines Starken eindringen und ihm seinen Hausrat rauben, ohne zuvor den Starken gefesselt zu haben. Erst dann kann er dessen Haus ausplündern. 28 Ich gebe euch die feste Versicherung: Für alle Sünden werden die Menschenkinder Begnadigung finden; auch für alle Lästerungen, mögen sie deren noch so viele ausstoßen.

29 Wenn aber einer gegen die heilige Geisterwelt eine Lästerung ausgesprochen hat, so erhält er keine Begnadigung, sondern bleibt eine lange Zeitperiode hindurch in den Fesseln dieser Sünde." 30 Sie hatten ihm ja vorgeworfen, er wirke als Werkzeug eines bösen Geistes seine Wunder.

31 Da kam seine Mutter mit seinen Brüdern und Schwestern an. Sie blieben hinten stehen und beauftragten jemand, ihn zu rufen. 32 Denn eine dichte Volksmenge saß um ihn herum. Man meldete ihm: "Deine Mutter, deine Brüder und Schwestern stehen dahinten und möchten dich sprechen."

33 Er gab zur Antwort: "Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder und Schwestern?" 34 Und indem er die anblickte, die im Kreise um ihn her saßen, sagte er: "Seht, diese hier sind mir Mutter, Brüder und Schwestern! 35 Denn wer den Willen Gottes tut, der ist mir Bruder, Schwester und Mutter."

Kapitel 4

1 Ein andermal stand er am See und hatte gerade mit einem Lehrvor-trag begonnen; doch da strömte eine solche Volksmenge zu ihm, dass er sein Boot besteigen musste. Er setzte sich darin nieder und ließ es ein wenig vom Lande abstoßen, während die ganze Volksmenge dicht am Ufer stand.

2 Er kleidete seine Lehre in Gleichnisse und machte ihnen auf diese Art vieles klar. Unter anderem sagte er in seiner Belehrung: 3 "Höret zu! - Ein Sämann ging aus, um zu säen.

4 Beim Säen fielen Samenkörner auf den festgetretenen Feldpfad. Da flogen Vögel herbei und pickten sie auf. 5 Ein anderer Teil des Samens fiel auf felsige Stellen im Acker, wo er nicht viel Mutterboden vorfand. Er schoss schnell auf, weil er nicht tief in den Boden eindringen konnte. 6 Als dann die Sonnenhitze von Tag zu Tag zunahm, wurde die Saat versengt; und weil ihre Wurzel nicht tief genug ging, verdorrte sie.

7 Andere Samenkörner fielen unter Distelkeime. Die Disteln gingen mit auf und erstickten sie, und es gab keine Frucht. 8 Ein anderer Teil fiel jedoch auf guten Boden. Er setzte Fruchtkeime an, sprosste auf und wuchs beständig. Der Fruchtertrag war teils dreißigfältig, teils sechzigfältig, teils hundertfältig." 9 Er schloss mit den Worten: "Wer das rechte Verständnis für das Gleichnis hat, der nehme es sich zu Herzen."

10 Als er dann allein war, fragten ihn seine Jünger nach dem Sinn dieses Gleichnisses. 11 Er antwortete: "Euch ist das Verständnis für das geheimnisvolle Wirken des Geisterreiches Gottes verliehen worden. Jenen aber, die keine Verbindung mit diesem Geisterreich haben, wird alles nur in Gleichnissen vorgetragen, 12 so dass sie immer wieder sehen und in Wirklichkeit doch nichts sehen; und immer wieder hören, aber doch nichts verstehen, sie sich daher auch nicht bekehren, und ihnen keine Vergebung zuteil wird."

13 Dann fuhr er fort: "Versteht ihr dieses Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann überhaupt Gleichnisse verstehen? 14 Der Sämann ist jemand, der das Wort Gottes sät. 15 Die, bei denen der Same auf den festgetretenen Ackerpfad fällt, sind solche, in deren Herz zwar die Saat der Wahrheit ausgestreut wird; kaum haben sie jedoch die Wahrheit vernommen, so kommt alsbald der Teufel und nimmt das Wort der Wahrheit, das in ihr Herz gestreut worden war, wieder weg.

16 Bei denen der Samen auf felsigen Boden fällt, sind die, welche das Wort der Wahrheit hören und es sofort mit Freuden in sich aufnehmen. 17 Doch es schlägt keine Wurzel in ihnen. Sie sind Augenblicksmenschen. Tritt eine Bedrängnis oder Verfolgung wegen der Wahrheit an sie heran, so wollen sie davon nichts mehr wissen. 18 Bei andern fällt der Samen unter die Distelkeime. Das sind solche, die das Wort der Wahrheit vernehmen;

19 doch die Sorgen des täglichen Lebens und die Enttäuschungen, die ihnen die Mitwelt bereitet, lassen die Wahrheit nicht hochkommen. So bleibt sie ohne jegliche Frucht. 20 Der auf guten Boden fallende Samen endlich ist das Sinnbild derjenigen, die das Wort der Wahrheit vernehmen und recht beherzigen und danach handeln. Sie bringen dann auch dreißigfältige, sechzigfaltige und hundertfältige Frucht."

21 Ferner sagte er zu ihnen: "Wird etwa das Licht deshalb angezündet, um unter den Scheffel oder unter das Bett gestellt zu werden? Nein, man stellt es auf den Leuchter. 22 Denn alles, was verborgen ist, soll ans Licht kommen; und was in geheimnisvolles Dunkel gehüllt war, soll aufgeklärt werden. 23 Wer das rechte Verständnis für meine Worte hat, der möge sie sich merken."

24 Dann fuhr er fort: "Gebet acht, was ich euch jetzt sage: Mit demselben Maß, mit dem ihr andern zumesset, wird euch selbst zugemessen werden; ja, das Maß wird noch voller gemacht. 25 Denn wer eine Gabe Gottes benutzt, dem wird sie noch vermehrt werden. Wer sie aber nicht benutzt, dem wird auch noch die Gabe genommen, die er besaß." 26 Ferner sagte er: "Mit dem Wirken der Geisterwelt Gottes geht es ähnlich, wie wenn ein Landmann Samen auf den Acker streut.

27 Er legt sich zur Ruhe und steht wieder auf, wie es der Kreislauf von Tag und Nacht mit sich bringt. Der Same geht auf und wächst, ohne dass er selbst weiß, wie es zugeht. 28 Von selbst bringt die Erde Frucht hervor; zuerst erscheinen die grünen Halme, dann die leeren Gehäuse der Ähren, dann die volle Frucht in den Ähren. 29 Ist die Frucht reif, so legt der Landmann die Sichel an. Denn die Ernte ist da." -

30 Weiter sagte er: "Womit sollen wir das Wirken der Geisterwelt Gottes am besten vergleichen und durch welches Beispiel es klar machen? - 31 Das Senfkorn nehme ich zum Vergleich. Streut man es über den Acker, so erscheint es als das kleinste von allen Samenkörnern auf der Flur. 32 Doch nach der Saat wächst es schnell hoch und wird größer als alle Gartengewächse. Es treibt so große Zweige, dass unter deren Schatten die Vögel des Himmels nisten können." -

33 Mit vielen derartigen Gleichnissen pflegte er ihnen die göttlichen Wahrheiten klar zu machen, so wie es für sie am verständlichsten war. 34 Und niemals trug er ihnen eine Wahrheit vor, ohne ein Gleichnis zu gebrauchen. War er jedoch mit seinen Jüngern allein, so gab er ihnen über alles Aufschluss.

35 Als an diesem Tage die Abenddämmerung hereingebrochen war, sagte er zu seinen Jüngern: "Wir wollen auf die andere Seite des Sees fahren." 36 Sie schickten die Volksmenge nach Hause und nahmen ihn ohne weitere Vorbereitungen im Boote mit. Auch noch andere Boote schlossen sich an.

37 Da erhob sich ein furchtbarer Sturm. Die Wogen schlugen ins Boot, so dass es sich schon mit Wasser zu füllen begann. 38 Er selbst lag hinten im Boot und schlief auf einem Kopfkissen. Sie weckten ihn auf und riefen ihm zu: "Meister! Ist es dir gleichgültig, ob wir untergehen?" 39 Da stand er auf, gab dem Sturm einen strengen Befehl und richtete an die See die Worte: "Schweig! Sei still!" Da legte sich der Sturm, und es wurde ganz still.

40 Hierauf wandte er sich an sie mit der Frage: "Warum seid ihr so verzagt? Habt ihr immer noch keinen Glauben?" - 41 Doch eine ungeheure Furcht hatte sie befallen, und einer fragte den andern: "Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Sturm und die See gehorsam sind?"

Kapitel 5

1 Sie landeten dann am jenseitigen Ufer des Sees im Gebiet der Gerasener. 2 Kaum war er aus dem Boot gestiegen, da kam von den Grab-stätten her ein Mann auf ihn zu, der von einem bösen Geist besessen war. 3 Er pflegte sich in den Grabstätten aufzuhalten. Keinem war es bisher gelungen, ihn mit einer Kette zu fesseln.

4 Zwar hatte man schon oft versucht, ihn mit Ketten und Fußfesseln zu bändigen; aber er hatte immer wieder die Kette zerrissen und die Fußfesseln gesprengt, und niemand war stark genug, ihn zu überwältigen. 5 Tag und Nacht hin-durch hielt er sich in den Grabkammern oder auf den Bergen auf, schrie wie ein Tier und zerschlug sich mit Steinen.

6 Als er Jesus von weitem ansichtig wurde, kam er herzugelaufen, warf sich vor ihm nieder und schrie laut: 7 "Was hast du mit mir vor, Jesus - du Sohn Gottes, des Allerhöchsten? Ich beschwöre dich bei Gott: Quäle mich nicht!" 8 Jesus war nämlich gerade im Begriff, dem bösen Geist zu gebieten, dass er aus dem Manne zu weichen habe. 9 Jesus fragte ihn nun: "Wie heißest du?" Er antwortete: "Mein Name ist 'Legion'; denn unser sind viele."

10 Dann bat er ihn inständig, er möchte sie doch nicht aus dieser Gegend fortschicken. 11 Nun weidete grade dort am Berge eine große Schweineherde. 12 Da baten ihn die Dämonen: "Schicke du uns in die Schweine! Dann dürfen wir hineinfahren." 13 Sofort sandte Jesus sie in die Schweine. Darauf fuhren die bösen Geister aus dem Manne aus und in die Schweine hinein. Nun rannte die ganze Herde - ungefähr 2000 Stück - mit großem Ungestüm den Abhang hinab in den See hinein, und alle ertranken.

14 Die Hirten flohen und brachten die Nachricht davon in ihre Ortschaft und die umliegenden Gehöfte. Da kamen die Leute, um sich von dem Vorgefallenen selbst zu überzeugen. 15 Sie trafen mit Jesus zusammen und sahen den vorher Besessenen, der die Legion böser Geister in sich gehabt hatte, ruhig dasitzen. Er war bekleidet und ganz vernünftig. Bei seinem Anblick gerieten sie in Furcht.

16 Die Augenzeugen erzählten ihnen dann, was sich mit dem Besessenen zugetragen und was sich bei der Schweineherde abgespielt hatte. 17Da drangen sie in Jesus, doch ja ihr Gebiet zu verlassen.

18 Als er ins Boot stieg, bat ihn der vorher Besessene, bei ihm bleiben zu dürfen. 19 Doch Jesus erlaubte es ihm nicht, sondern sagte zu ihm: "Gehe heim zu deinen Angehörigen und erzähle ihnen, wie Großes der Herr an dir getan und wie er sich deiner erbarmt hat." 20 Da ging er fort und begann in der Landschaft der Zehn Städte zu erzählen, wie Großes Jesus an ihm getan habe. Und alle hörten es mit Staunen.

21 Jesus fuhr in seinem Boot an das jenseitige Ufer. Kaum war er ausgestiegen, da hatte sich auch schon wieder eine große Volksmenge bei ihm eingefunden. Als er nun am Gestade stand, 22 kam ein Synagogenvorsteher, Jairus mit Namen, auf ihn zu, warf sich bei seinem An-blick vor ihm nieder 23 und flehte ihn an: "Meine Tochter ist todkrank; komm doch und lege ihr die Hände auf, damit sie sich wieder erholt und am Leben bleibt."

24 Jesus ging mit ihm. Eine große Volksmenge folgte ihm und verursachte um ihn her ein gewaltiges Gedränge. 25 Eine Frau war darunter, die schon zwölf Jahre am Blutfluss litt. 26 Unter der Behandlung zahlreicher Ärzte hatte sie viel durchgemacht und dabei ihr ganzes Vermögen zugesetzt, ohne dass es besser geworden wäre. Im Gegenteil, das Leiden hatte sich immer mehr verschlimmert. 27 Nun hatte sie von den Heilungen Jesu gehört und sich der Volksmenge an-geschlossen. Sie berührte von hinten seinen Mantel.

28 Denn sie dachte bei sich: "Wenn ich auch nur seine Kleider berühren kann, so wird mir geholfen sein." 29 Sofort hörte ihr Blutfluss auf. Aus ihrem körperlichen Befinden erkannte sie, dass sie von ihrem Leiden geheilt war. 30 Jesus hatte in demselben Augenblick gefühlt, dass eine Kraft von ihm ausgegangen war. Darum wandte er sich in dem Volksgedränge um und fragte: "Wer hat meine Kleider berührt?"

31 Seine Jünger gaben ihm zur Antwort: "Du siehst doch, was für ein Menschengedränge um dich her herrscht, und da fragst du noch: "Wer hat mich berührt?'" 32 Doch er schaute umher, um die zu entdecken, die es getan hatte. 33 Die Frau aber geriet in Angst und zitterte in dem Bewusstsein, es heimlich getan zu haben. Sie wusste ja, was mit ihr vorgegangen war. Sie kam herzu, warf sich vor ihm nieder und gestand ihm alles.

34 Da erwiderte er ihr: "Meine Tochter, dein Vertrauen hat dich gerettet; gehe hin in Frieden und bleibe von deinem Leiden befreit!" 35 Inzwischen waren Leute aus der Familie des Synagogen-vor-stehers gekommen und hatten ihm ge-sagt: "Deine Tochter ist bereits tot. Was brauchst du also den Meister noch länger zu belästigen!"

36 Jesus hatte dies mit angehört und wandte sich nun mit den Worten an den Synagogenvorsteher: "Sei ohne Sorge und habe nur Vertrauen!" 37 Er gestattete niemand, ihn zu begleiten, außer dem Petrus, Jakobus und Johannes, dem Bruder des Jakobus. 38Sie gelangten zum Hause des Synagogenvorstehers.

39 Hier traf er die größte Verwirrung an. Alles weinte und wehklagte. Er trat in das Haus. "Was soll diese Verwirrung?" - fragte er - "Und warum weint ihr? Das Mädchen ist ja gar nicht tot, es schläft bloß." Da verlachten sie ihn. 40 Nun wies er alle aus dem Hause, nahm den Vater und die Mutter des Kindes, sowie die Jünger, die mit ihm gekommen waren, und ging mit ihnen in das Zimmer, wo das Kind lag.

41 Dann fasste er das Kind bei der Hand und sprach: "Thalitha, kumi!" - das heißt: "Mädchen, ich sage dir: Wach auf!" 42 Da erhob sich das Mädchen sofort und ging umher. Es war zwölf Jahre alt. Alle waren vor Staunen ganz außer sich. 43 Doch gab er ihnen die ernste Weisung, dass niemand das Vorgefallene erfahren dürfe. Auch bat er, sie möchten dem Kinde etwas zu essen geben.

Kapitel 6

1 Von da ging er weiter und kam in seine Vaterstadt Nazareth. Seine Jünger begleiteten ihn. 2 Am nächsten Sabbat hielt er dort in der Synagoge seinen ersten Lehrvortrag. Viele von seinen Zuhörern staunten über seine Lehre und fragten einander: "Woher hat er das alles? Und was ist das für ein Wissen, über das er verfügt, so dass solche Wundertaten durch seine Hände geschehen?

3 Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns und der Maria, der Bruder des Jakobus, des Joses, des Judas und des Simon? Leben nicht auch seine Schwestern hier in unserm Orte?" Und sie wandten sich von ihm ab.

4 Da richtete Jesus die Worte an sie: "Ein Prophet findet am wenigsten Anerkennung in seinem Vaterland, in seiner Heimat und in seiner eigenen Familie." 5 Er konnte dort auch kein einziges Wunder tun. Nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. 6 Immer wieder musste er sich über ihren Unglauben wundern.

7 Er besuchte auch die umliegenden Ortschaften und hielt Lehrvor-träge. Dann rief er die zwölf Jünger zu sich und sandte sie paarweise aus. Gleichzeitig gab er ihnen Macht über die bösen Geister. 8 Er gebot ihnen, nichts mit auf den Weg zu nehmen außer einem Stabe; kein Brot, keinen Reisesack und kein Geld im Gurt.

9 Sandalen sollten sie sich unterbinden, aber nicht zwei Unterkleider anziehen. 10 Außerdem gab er ihnen folgende Belehrung mit auf den Weg; "Habt ihr in einem Hause Aufnahme gefunden, so soll es euch als Heim dienen, bis ihr den Ort verlasset.

11 Nimmt man euch jedoch nicht auf, und will man von euch nichts wissen, so geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen zum Zeugnis gegen sie." 12 So machten sie sich denn auf den Weg und predigten die Notwendigkeit der Bekehrung. 13 Auch viele böse Geister trieben sie aus und heilten Kranke in großer Zahl durch Salbung mit Öl.

14 Auch der König Herodes erhielt Kunde davon. Denn der Ruf von Jesus war überallhin gedrungen. Die einen behaupteten, Johannes der Täufer sei von den Toten auferstanden, und darum seien diese Wunderkräfte in ihm wirksam. 15 Andere waren der Meinung, er sei Elias. Wieder andere hielten ihn für irgend einen der früheren Propheten.

16 Herodes jedoch, dem diese verschiedenen Ansichten zu Ohren kamen, pflegte zu sagen: "Johannes, den ich enthaupten ließ, ist wieder auferstanden." - 17 Herodes hatte nämlich Knechte ausgesandt und Johannes festnehmen und gefesselt ins Gefängnis werfen lassen. Die Veranlassung dazu gab Herodias. Herodes hatte diese geheiratet, obschon sie die Frau seines Bruders Philippus war.

18 Das hatte ihm Johannes vorgehalten und zu ihm gesagt: "Es ist dir nicht erlaubt, deines Bruders Weib zu haben." - 19 Das trug Herodias ihm nach. Am liebsten hätte sie ihn umbringen lassen; doch sie konnte das nicht durchsetzen. 20 Denn Herodes hatte eine ehrfurchtsvolle Scheu vor Johannes, da er ihn als einen gottesfürchtigen und heiligen Mann kennen gelernt hatte. So nahm er ihn in seinen Schutz. Auch tat er vieles von dem, was er von Johannes hörte. Seinen Worten lauschte er gern.

21 Eines schönen Tages erreichte sie doch ihr Ziel. Herodes hatte Geburtstag und gab seinen Würdenträgern und hohen Offizieren, so-wie den Vornehmsten aus Galiläa ein Festmahl. 22 Da trat die Tochter seiner Herodias in den Festsaal und führte einen Tanz auf. Damit erntete sie bei Herodes und seinen Gästen solchen Beifall, dass der König zu dem Mädchen sagte: "Erbitte dir von mir, was du willst; ich werde es dir geben."

23 Dies Versprechen bekräftigte er mit dem Schwur: "Was du von mir erbittest, will ich dir geben, und wäre es die Hälfte meines Reiches." 24 Sie eilte hinaus und fragte ihre Mutter: "Was soll ich mir erbitten?" Diese antwortete: "Das Haupt Johannes des Täufers." 25 Sie kehrte zum König zurück und sagte: "Gib mir auf dieser Schüssel hier das Haupt Johannes des Täufers."

26 Da wurde der König sehr bestürzt. Aber mit Rücksicht auf seine Eide und seine Gäste wollte er ihr gegen-über sein Wort nicht brechen. 27 Sogleich schickte er einen von seinen Leibwächtern mit dem Befehl weg, das Haupt des Johannes zu holen. Dieser entfernte sich und ließ Johannes im Gefängnis enthaupten.

28 Das Haupt brachte er in der Schüssel und gab es dem Mädchen, und dies gab es seiner Mutter. 29 Als die Jünger des Johannes Kunde davon erhielten, kamen sie seinen Leichnam holen und begruben ihn.

30 Die Apostel fanden sich wieder alle bei Jesus ein und berichteten ihm über alles, was sie getan und gepredigt hatten. 31 Da sagte er zu ihnen: "Kommt, wir wollen an einen Platz gehen, wo wir allein sind. Dort könnt ihr ein wenig ausruhen." Die Zahl der Leute, die kamen und gingen, war nämlich so groß, dass sie nicht einmal Zeit zum Essen hatten.

32 So stiegen sie denn mit ihm allein in sein Boot. 33 Doch man hatte sie abfahren sehen, und viele errieten das Ziel ihrer Fahrt. Darum strömten Leute aus allen Ortschaften zu Fuß dorthin und langten gleichzeitig mit ihm dort an.

34 Als Jesus ausstieg, sah er eine große Volksmenge vor sich. Er fühlte tiefes Mitleid mit den Leuten. Denn sie waren wie Schafe ohne Hirten. Sofort begann er mit seiner Predigt und belehrte sie über manche Wahrheiten. 35 Die Zeit war inzwischen schon weit vorgerückt. Da traten die Jünger zu ihm und sagten: "Die Gegend ist unbewohnt, und es ist schon spät.

36 Entlasse daher die Leute, damit sie in die nächstliegenden Gehöfte und Ortschaften gehen können, um sich Lebensmittel zu kaufen." 37 Er gab ihnen zur Antwort: "Gebt ihr ihnen doch zu essen!" Sie entgegneten: "Sollen wir etwa hingehen und für zweihundert Mark Brot kaufen, um ihren Hunger zu stillen?"

38 Er fragte sie: "Wie viele Brote habt ihr denn bei euch? Geht und sehet nach!" Sie sahen nach und meldeten ihm: "Fünf Brote und zwei Fische." 39 Nun ordnete er an, dass alle sich in Einzelgruppen auf dem grünen Rasen niederlassen möchten: 40 Sie taten es in Gruppen von Hundert und von Fünfzig.

41 Dann nahm er die fünf Brote und die beiden Fische, blickte zum Himmel empor und sprach den Segen. Darauf brach er die Brote und gab sie den Jüngern. Diese legten sie vor die Leute hin. Auch die beiden Fische ließ er unter alle verteilen. 42 Ein jeder aß sich satt.

43 Die Brotreste hob man auf; auch die Fischreste. Es gab soviel, dass man zwölf Körbe damit füllen konnte. 44 Von denen, die gegessen hatten, betrug allein die Zahl der Männer fünftausend.

45 Gleich darauf stand er auf und drängte seine Jünger, das Boot zu besteigen und nach dem jenseitigen Ufer auf Bethsaida zu vorauszufahren. Er selbst wolle das Volk entlassen.

46 Als er die Leute nach Hause geschickt hatte, stieg er auf die An-höhe, um sich dem Gebet zu widmen. 47 Es war bereits spät am Abend, und das Boot hatte bei seiner Rückfahrt erst den halben Weg zurückgelegt. Er selbst weilte noch immer ganz allein an Land.

48 Er sah, wie sie sich beim Rudern abmühten; denn sie hatten heftigen Gegenwind. Ungefähr um drei Uhr morgens ging er über den See und kam auf sie zu. Doch sah es so aus, als wollte er an ihnen vorüber gehen. 49 Als sie ihn so auf dem See dahinschreiten sahen, meinten sie, es sei ein Gespenst und schrieen laut auf; 50 vor Schrecken zitterten sie an allen Gliedern. Er rief ihnen sofort zu: "Nur Mut! Ich bin es! Fürchtet euch nicht!"

51 Dann stieg er zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich. Sie gerieten vor Staunen ganz außer sich. 52 Denn aus dem Wunder der Brotvermehrung hatten sie noch nicht die rechte Lehre gezogen. Ihr Herz war dafür noch nicht empfänglich. - 53 Sie landeten bei Genezaret. 54 Als sie ausstiegen, erkannten ihn die Leute sofort.

55 Sie eilten nach allen Richtungen und suchten alle Kranken auf Tragbetten herbeizuschaffen. Man pflegte diese nämlich dorthin zu bringen, wo man gehört hatte, dass sich Jesus gerade aufhielt. 56 Und wo er in Dörfern, Städten oder Gehöften einkehrte, da legte man die Kranken auf die freien Plätze und bat ihn, die Kranken nur die Quasten seines Mantels berühren zu lassen. Und alle, die ihn anrührten, wurden gesund.

Kapitel 7

1 Eines Tages waren Pharisäer und einige Schriftgelehrte aus Jerusa-lem bei ihm. 2 Sie sahen, wie einige von seinen Jüngern mit 'unreinen Händen' - nämlich ohne sich vorher die Hände gewaschen zu haben - ihr Brot aßen. 3 Denn die Pharisäer, wie überhaupt alle Juden, nehmen nie eine Mahlzeit zu sich, ohne vorher gründlich die Hände gewaschen zu haben, indem sie an den von den Vorfahren überlieferten Satzungen festhalten.

4 Kommen sie vom Markt heim, so nehmen sie keine Speisen zu sich, ohne ihre Hände erst in Wasser getaucht zu haben. Noch eine Reihe anderer Vorschriften gibt es, die sie nach althergebrachter Sitte beobachten, zum Beispiel: Die Reinigung von Trinkgeschirren, Krügen, Kesseln und Ruhebetten. 5 Darum fragten ihn nun die Pharisäer und Schriftgelehrten: "Warum halten sich deine Jünger bei ihren täglichen Verrichtungen nicht an die Überlieferungen der Vorfahren? Sie essen ja das Brot mit 'unreinen' Händen."

6 Er gab ihnen zur Antwort: "Treffend hat Jesaja als Prophet Gottes euch Heuchler mit den Worten gekennzeichnet: 'Dies Volk kleidet seine Liebe zu mir bloß in Worte, aber in seinem Herzen ist es vollständig von mir abgefallen. 7 Die Art in der sie mich verehren, ist töricht; denn ihre Lehren sind Menschensatzungen.'

8 Gottes Gebot lasst ihr außer acht, aber von Menschen eingeführte Gebräuche beobachtet ihr genau. Ihr taucht Krüge und Trinkgeschirre ins Wasser und tut noch eine große Anzahl ähnlicher Dinge." 9 Dann fuhr er fort: "Trefflich versteht ihr es, das Gebot Gottes beiseite zu schieben, um euch an die überlieferten Satzungen zu halten.

10 So hat zum Beispiel Mose geboten: 'Du sollst Vater und Mutter ehren!' und: 'Wer Vater und Mutter flucht, soll des Todes sein!' 11 Ihr jedoch behauptet: Wenn jemand zu Vater oder Mutter sagt: Was du von mir bisher als Unterstützung bekommen hast, ist von jetzt an 'Korban' - was 'Gabe für den Tempelschatz' bedeutet - 12 so brauche er nichts mehr für Vater oder Mutter zu tun.

13 So hebt ihr durch eure Menschensatzungen, die ihr immer weiter vererbt, das Gebot Gottes auf. Noch viele solcher Beispiele könnte ich euch anführen." 14 Dann rief er das Volk näher heran und sprach: "Höret alle gut zu und verstehet meine Worte richtig: 15 Nichts von alledem, was in den Menschen von außen her hineinkommt, kann ihn 'unrein' machen. Aber was aus dem Innern des Menschen hervorkommt, das ist es, was ihn verunreinigen kann. 16 Wer das rechte Verständnis hat, wird mich verstehen."

17 Nun entfernte er sich vom Volke und ging nach Hause. Dort fragten ihn seine Jünger nach dem Sinn des Gleichnisses. 18 Er erwiderte: "Seid auch ihr immer noch ohne Verständnis? Begreift ihr denn nicht, dass alles, was von außen in den Menschen eingeht, ihn nicht 'unrein' machen kann?

19 Es dringt ja nicht in sein Herz ein, sondern in den Magen. Von dort wird es auf dem natürlichen Wege, auf dem jede Speise ihre Reinigung erfährt, wieder ausgeschieden. 20 Was dagegen aus dem Menschen hervorkommt, das kann ihn 'unrein' machen.

21 Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken: 22 Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut, Torheit. 23 Alles Böse dieser Art kommt von innen heraus und macht den Menschen 'unrein'."

24 Von da brach er auf und kam in das Gebiet von Tyrus. Dort kehrte er in einem Hause ein, ohne dass es jemand erfahren sollte. Doch es blieb nicht geheim. 25 So hörte denn auch eine Frau davon, deren Töchterlein von einem bösen Geist besessen war. Sie kam in das Haus und warf sich ihm zu Füßen.

26 Sie war eine Heidin und stammte aus Phönizien. Sie bat ihn, den bösen Geist aus ihrer Tochter auszutreiben. 27 Doch er gab ihr zur Antwort: "Lass die Kinder sich zuerst satt essen, dann erst kommen die Hündlein an die Reihe; denn es ist nicht recht, wenn man den Kindern das Brot wegnimmt und es den Hündlein hin-wirft."

28 Sie erwiderte darauf: "Das ist richtig. Herr! Aber auch die Hündlein unter dem Tisch bekommen von den Brosamen der Kinder." 29 Da sagte er zu ihr: "Um dieses Wortes willen gehe getrost heim; der böse Geist ist von deiner Tochter gewichen." 30 Sie eilte nach Hause und fand ihre Tochter ruhig auf dem Bette liegen. Der böse Geist war von ihr ausgefahren.

31 Darauf verließ er wieder das Gebiet von Tyrus und ging über Sidon an das Galiläische Meer und von dort hinauf mitten in das Gebiet der Zehn Städte. 32 Hier brachte man einen Taubstummen zu ihm mit der Bitte, ihm die Hand aufzulegen.

33 Er führte ihn abseits von der Volksmenge, um mit ihm allein zu sein. Dann benetzte er seine Finger mit Speichel und hielt sie in die Ohren des Tauben. Ebenso berührte er auch die Zunge des Stummen mit Speichel. 34 Dann blickte er zum Himmel empor, seufzte im Gebet und sprach: "Effatha!" - das heißt: "Werde gelöst!" 35 Sofort wurden seine Hörorgane frei, seine bis dahin gebundene Zunge wurde gelöst, und er konnte richtig sprechen.

36 Jesus ermahnte die Anwesenden dringend, keinem etwas davon zu sagen. Aber je mehr er es ihnen verbot, um so mehr machten sie es weit und breit bekannt. 37 Die Leute gerieten außer sich vor Staunen und sagten: "Alles, was er tut, ist mit höchstem Erfolg gekrönt. Selbst den Tauben gibt er das Gehör wieder und den Stummen die Sprache."

Kapitel 8

1 Eines Tages war wieder eine große Volksmenge um ihn versammelt, und die Leute hatten nichts zum Essen bei sich. Da rief Jesus seine Jünger zu sich und sagte; 2 "Ich fühle Mitleid mit dem Volke. Sie halten nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen. 3 Ich will sie nicht ohne Nahrung nach Hause gehen lassen, damit sie nicht unterwegs ermatten. Denn manche von ihnen sind weit hergekommen."

 

4 Die Jünger entgegneten: "Aber wie könnte man in einer unbewohnten Gegend, wie dieser, für so viele Menschen Brot genug herbeischaffen?" - 5 "Wie viele Brote habt ihr denn bei euch?" - fragte Jesus. Sie antworteten: "Sieben." 6 Da ließ er die Volksmenge sich auf dem Boden lagern. Dann nahm er die sieben Brote, sprach den Segen darüber, brach sie in Stücke und reichte sie seinen Jüngern zum Austeilen. Die legten sie dann vor die Leute hin.

 

7 Sie hatten auch noch ein paar Fische. Auch über diese sprach er den Segen und ließ sie ebenfalls aus-teilen. 8 Alle aßen sich satt. Die übriggebliebenen Stücke sammelte man vom Boden auf. Es gab sieben Körbe voll. 9 Die Menschenmenge zählte ungefähr viertausend. Hierauf entließ er sie. - 10 Sofort bestieg er mit seinen Jüngern das Boot und landete in der Gegend von Melegada.

 

11 Hier kamen die Pharisäer zu ihm und suchten ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen. Sie wollten ihn auf die Probe stellen und verlangten von ihm ein Wunderzeichen am Himmel. 12 Unter dem Einfluss des Geistes, der ihn leitete, brach er in die Klage aus: "Wozu verlangt diese Art Menschen ein Zeichen? Ich versichere euch: Nie wird einer solchen Sorte Menschen ein Zeichen gegeben werden." 13 Mit diesen Worten ließ er sie stehen, bestieg sein Boot und fuhr nach dem jenseitigen Ufer.

14 Sie hatten vergessen, Brote mitzunehmen. Nur ein einziges Brot hatten sie im Boot bei sich. 15 Nun sprach er ihnen gegenüber folgende Warnung aus: "Seid ja auf eurer Hut vor dem Sauerteig der Pharisäer und der Anhänger des Herodes!" 16 Da dachten sie bei sich: "Das sagt er wohl deshalb, weil wir keine Brote bei uns haben."

17 Jesus kannte ihre Gedanken und gab ihnen zur Antwort: "Was macht ihr euch Gedanken darüber, dass ihr keine Brote mitgenommen habt? Seid ihr immer noch nicht zur richtigen Einsicht und zum rechten Verständnis gelangt? Ist euer Herz immer noch unempfänglich für die Wahrheit?

18 Ihr habt Augen zum Sehen und seht doch nicht? Ihr habt Ohren zum Hören und könnt nicht hören? Habt ihr vergessen, wie viel Körbe voll Überbleibsel ihr damals aufgelesen habt, 19 als ich fünf Brote für fünf-tausend Menschen brach?" "Zwölf" - erwiderten sie. 20 "Und als ich die sieben Brote für die viertausend brach, wie viel Körbe voll Brotreste habt ihr damals gesammelt?" - "Sieben", war die Antwort. 21 "Wie ist es nur möglich", - sagte er - "dass ihr daraus nicht die richtigen Schlüsse ziehen könnt?"

22 Dann kamen sie nach Bethanien. Hier brachte man ihm einen Blinden und bat ihn, er möchte seine Augen berühren. 23 Er nahm den Blinden am Arm und führte ihn vor das Dorf. Hier befeuchtete er dessen Augen mit Speichel, legte ihm seine Hände auf und fragte ihn: "Kannst du etwas sehen?" 24 Jener blickte auf und erwiderte: "Ich sehe die Leute; aber sie kommen mir vor wie Bäume, die sich fortbewegen."

25 Da legte er ihm nochmals die Hände auf die Augen. Nun konnte er deutlich sehen und war geheilt. Auch auf die Entfernung konnte er alles scharf erkennen. 26 Jesus schickte ihn nach Hause und gab ihm die Mahnung: "Gehe heim und erzähle niemand in deinem Dorfe etwas davon!" 27 Jesus ging darauf in Begleitung seiner Jünger nach Cäsarea Philippi. Unterwegs richtete er an seine Jünger die Frage: "Für wen halten mich die Leute?"

28 Sie gaben ihm zur Antwort: "Die einen halten dich für Johannes den Täufer; andere sagen, du seiest Elia; wieder andere sehen in dir einen der früheren Propheten." 29 Da fragte er weiter: "Für wen haltet ihr mich denn?" Petrus gab ihm darauf die Antwort: "Du bist der Messias!" 30 Er erteilte ihnen die strenge Weisung, niemand zu sagen, was sie über ihn wussten.

31 Nun begann er sie darauf vorzubereiten, dass der Menschensohn viel leiden müsse; dass er von den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten aus der Volksgemeinschaft ausgestoßen und getötet werde; aber am dritten Tage werde er wieder auferstehen. 32 Er sprach das mit aller Offenheit aus.

33 Da nahm ihn Petrus beiseite und suchte durch eindringliches Zu-reden ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Jesus aber wandte sich um und schaute seine Jünger fragenden Blickes an. Dann wies er Petrus mit den scharfen Worten zurecht: "Geh mir aus den Augen, Satan! Du lässt dich nicht von den Gedanken Gottes, sondern vom rein menschlichen Empfinden leiten."

34 Sodann ließ er die Volksmenge näher an die Jünger herantreten und hielt folgende Ansprache: "Wenn jemand meinen Weg gehen will, dann muss er seine irdische Gesinnung aufgeben. Er muss das für ihn bestimmte Kreuz willig auf sich nehmen. Erst dann ist er fähig, mir zu folgen.

35 Denn wer sich sein rein irdisches Lebensglück zu sichern sucht, der wird das wahre Lebensglück verlieren. Wer aber das irdische Lebensglück durch Befolgung der Heilsbotschaft verliert, der wird das wahre Lebensglück erlangen. 36 Denn was wird es dem Menschen nützen, alle weltlichen Güter erworben zu haben, wenn er dabei sein wahres Lebensglück einbüßt?

37 Mit welchem irdischen Gut könnte er denn das verlorene Lebensglück zurückkaufen? 38 Wer sich meiner und meiner Lehren diesem gottentfremdeten und sündenbeladenen Geschlecht gegenüber schämt, dessen wird sich auch der Men-schensohn schämen, wenn er in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Boten Gottes kommen wird."

Kapitel 9

1 Dann fuhr er fort: "Ich gebe euch die Versicherung: Einige von denen, die hier bei mir stehen, werden den irdischen Tod nicht schmecken, bis sie das Geisterreich Gottes in seiner Machtentfaltung mit eigenen Augen gesehen haben."

2 Sechs Tage später nahm Jesus den Petrus, Jakobus und Johannes mit sich und führte sie an eine einsame Stelle auf einem hohen Berge, wo sie ganz allein waren. Dort wurde er vor ihren Augen verwandelt. 3 Seine Kleider wurden glänzend und so schneeweiß, wie sie kein Mensch auf der Welt bleichen kann. 4 Es erschien ihnen Elia und in seiner Begleitung Mose. Beide hatten mit Jesus eine Unterredung.

5 Dann wandte sich Petrus an Jesus. "Meister", - sagte er - "wir fühlen uns hier so glücklich! Wir wollen drei Hütten aus belaubten Zweigen errichten: eine für dich, eine für Mose und eine für Elia!" 6 Er war nämlich in einem Zustand, in dem er nicht mehr wusste, mit welchen Worten er seinen Gefühlen Ausdruck verleihen solle; denn alle beherrschte ein unbeschreibliches Gefühl seelischer Ergriffenheit.

7 Dann kam eine lichte Wolke und hüllte sie ein. Aus der Wolke vernahmen sie eine Stimme: "Dieser ist mein geliebter Sohn! Höret auf ihn!" 8 Als sie sich nach der Stimme näher umschauten, sahen sie niemand. Nur Jesus stand bei ihnen. 9 Während sie vom Berge hinabstiegen, gab er ihnen die Weisung, von dem, was sie erlebt hatten, keinem etwas zu sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.

10 Diese letzten Worte gaben ihnen besonders viel zu denken, und sie suchten in gegenseitigem Meinungsaustausch zu ergründen, was er wohl unter dem Ausdruck 'bis er von den Toten auferstanden sei' gemeint habe. 11 Dann fragten sie ihn: "Was ist eigentlich Wahres an der Behauptung der Pharisäer und Schriftgelehrten, dass Elia zuerst wiederkommen müsse?"

12 Er antwortete: Jedesmal, wenn Elia kommt, hilft er alles wieder zu Gott zurückzuführen. 13 Ich sage euch, dass Elia bereits gekommen ist, und dass man ihm alles antat, was man wollte, und wie es von ihm geschrieben steht. In derselben Weise steht es ja auch von dem Menschensohn in der Schrift, dass er viel zu leiden hat und als Missetäter getötet wird."

14 Als er zu den übrigen Jüngern zurückkam, sah er eine große Volksmenge um sie versammelt. Schriftgelehrte waren mit ihnen am Verhandeln. 15 Sobald die Menge ihn erblickte, gerieten sie alle in freudige Erregung. Sie eilten auf ihn zu und begrüßten ihn aufs Herzlichste. Er fragte sie: "Was habt ihr denn mit den Jüngern zu verhandeln?"

16 Da trat einer aus der Menge vor und sagte: "Meister, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht. 17 Er ist von einem Geist besessen, der ihn stumm macht. 18 So oft der ihn packt, zerrt er ihn hin und her. Schaum tritt ihm vor den Mund. Er knirscht mit den Zähnen und liegt ohnmächtig da. Ich bat deine Jünger, den Geist auszutreiben; doch sie vermochten es nicht."

19 Jesus entgegnete: "O, diese ungläubige Sorte von Menschen! Wie lange muss ich wohl noch unter euch weilen? Wie lange noch Geduld mit euch haben? So bringt ihn denn her zu mir!" 20 Sie führten ihn zu ihm. Als der Geist seiner ansichtig wurde, wand sich der Knabe in Krämpfen. Er fiel hin, Schaum trat ihm vor den Mund, und er wälzte sich am Boden. 21 Jesus richtete an den Vater des Knaben die Frage:

22 "Wie lange hat er das Leiden schon?" - "Bereits von Kindheit an" - erwiderte dieser. "Oft warf der Geist ihn sogar ins Feuer oder ins Wasser, um ihn umzubringen. Wenn du kannst, so hilf uns Herr, und habe Erbarmen mit uns!" 23 Jesus gab ihm zur Antwort: "Was deine Worte: 'wenn du kannst' betrifft, so sage ich dir: Habe festen Glauben und Vertrauen! denn dem, der fest glaubt und vertraut, ist alles möglich."

24 Sofort rief der Vater des Knaben unter Tränen laut aus: "Ich glaube! Hilf mir, den Mangel an Glauben zu überwinden!" 25 Als nun Jesus sah, dass der Volksandrang immer größer wurde, gab er dem bösen Geist den strengen Befehl: "Du Geist, der du dein Opfer taub und stumm gemacht hast, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und kehre nie mehr in ihn zurück!"

26 Unter einem lauten Schrei und heftigen Zuckungen des Knaben fuhr der Geist aus. Der Knabe lag wie tot da, so dass die Menge rief: "Er ist tot!" 27 Jesus aber fasste ihn bei der Hand und richtete ihn empor. Da stand er gesund auf seinen Füßen.

28 Als Jesus darauf in ein Haus trat und die Jünger mit ihm allein waren, fragten sie ihn: "Warum konnten wir den Geist nicht austreiben?" 29 Er gab ihnen zur Antwort: "Diese Art Geister kann nur durch Gebet ausgetrieben werden."

30 Von dort gingen sie weiter und wanderten durch Galiläa. Niemand sollte es erfahren. 31 Denn er wollte sich ausschließlich der Belehrung seiner Jünger widmen. Er erzählte ihnen nun davon, dass der Menschensohn in die Hände der Menschen ausgeliefert werde; dass sie ihn töten würden; aber nach drei Tagen werde er auferstehen. 32 Sie verstanden jedoch die Bedeutung seiner Worte nicht, hatten aber auch nicht den Mut, ihn um weitere Aufklärung zu bitten.

33 Dann kehrte er nach Kapharnaum zurück. Als er in seiner Wohnung angelangt war, fragte er sie: "Worüber habt ihr euch unterwegs miteinander unterhalten?" 34 Sie schwiegen. Sie hatten sich nämlich darüber gestritten, wer von ihnen der Größere sei. 35 Jesus nahm Platz und rief die Zwölf zu sich.

36 Dann nahm er ein Kind, stellte es mitten unter sie, legte seinen Arm um das Kind und sagte zu ihnen: 37 "Wer sich eines Kindes annimmt, das so ist, wie dieses Kind, und führt es mir zu, der nimmt sich meiner Sache an, und wer sich meiner Sache an-nimmt, der nimmt sich dadurch in Wirklichkeit nicht meiner Sache an, sondern der Sache dessen, der mich gesandt hat."

38 Bei dieser Gelegenheit sagte Johannes zu ihm: "Meister, wir sahen, wie einer als Anhänger deiner Lehre böse Geister austrieb; doch weil er nicht zu unserm Kreise gehört, haben wir es ihm untersagt." - 39 "Untersagt es ihm nicht!" - entgegnete Jesus - "Wer nämlich als Anhänger meiner Lehre ein Wunderzeichen wirkt, wird nicht so leicht schlecht von mir reden.

40 Ein solcher ist ja nicht gegen uns, - er ist für uns. 41 Wenn daher jemand als Anhänger meiner Lehre euch einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr treu zu mir als dem Messias haltet, so soll es ihm gewiss nicht unbelohnt bleiben. 42 Wer aber eines von diesen Kleinen, die ihr gläubiges Vertrauen in mich setzen, von mir trennt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde.

43 Und wenn deine eigene Hand dich von mir zu trennen droht, so haue sie ab! Es ist besser für dich, verstümmelt in das geistige Leben einzugehen, als dass du deine beiden Hände behältst und in die Tiefe geworfen wirst, 44 wo das Feuer nicht eher erlischt, als bis alles Schlechte verbrannt ist.

45 Und wenn dein Fuß dich von mir zu trennen droht, so haue ihn ab. Es ist besser für dich, lahm in das geistige Leben einzugehen, als dass du deine Füße behältst und in den Abgrund geworfen wirst. 47 Und wenn dein Auge dich von mir zu trennen droht, so reiße es aus!

Es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes einzugehen, als dass du deine zwei Augen behältst und in die Tiefe gehen musst; 48 dort wird der Wurm des Schmerzes, der seine Opfer quält, nicht eher sterben und das Feuer des Leidens nicht eher gelöscht werden, als bis alles Unreine vernichtet ist. 49 Denn wie jedes Gott geweihte Opfertier gesalzen wurde, so muss auch jeder, der für Gott zubereitet wird, mit dem Salz des Leidens gesalzen werden.

50 Das Salz ist etwas Gutes. Wenn es aber seine Kraft verlieren würde, gäbe es dann überhaupt noch etwas, womit man seine Salzkraft wiederherstellen könnte? Bewahret daher das rechte Verständnis für das Salz des Leidens in eurem eignen Leben, dann habet ihr auch stets Frieden mit euren Mitmenschen."

Kapitel 10

1 Von hier gelangte er in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordan. Wieder strömte das Volk in Scharen zu ihm. Und wieder belehrte er sie in seiner gewohnten Weise. 2 Da stellten Pharisäer die Frage an ihn: "Ist es einem Manne gestattet, sich von seiner Frau zu scheiden?" Mit dieser Frage wollten sie ihm eine Falle stellen. Er antwortete ihnen mit der Gegenfrage: 3 "Welche Anweisung hat Mose euch in diesem Punkt gegeben?" -

4 Sie erwiderten: "Mose hat gestattet, einen Scheidebrief auszustellen und dann die Frau zu entlassen." - 5 "Nur mit Rücksicht auf eure Herzenshärtigkeit" - entgegnete Jesus - "hat Mose euch diese Anweisung gegeben. 6 Aber Gott selbst schuf im Anfang Männliches und Weibliches als paarweise zusammengehörig. 7 Infolge dieser Zusammengehörigkeit wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und unzertrennlich mit seinem Weibe leben.

8 Beide sollen so zusammengehören, als wären sie nur ein einziges Lebewesen. In Wirklichkeit sind sie also nicht als zwei zu betrachten, sondern als nur eine Lebenseinheit. 9 Was Gott in solcher Weise zusammenfügte, darf der Mensch nicht trennen."

10 Zu Hause fragten ihn die Jünger noch einmal über diesen Punkt. 11 Er gab ihnen folgende Erklärung: "Wer sich von seiner Frau scheidet und eine andere heiratet, begeht gegen seine erste Frau Ehebruch. 12 Und wenn eine Frau ihren Mann verlässt und einen andern heiratet, begeht auch sie Ehebruch."

13 Eines Tages brachte man kleine Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände zum Segnen auflege. Die Jünger gaben jedoch denen, die sie brachten, einen scharfen Verweis. 14 Jesus sah dies und wurde darüber sehr unwillig. "Lasst doch die Kindlein zu mir kommen" - sagte er -"und wehret es ihnen nicht! Denn denen, welche die Gesinnung eines Kindes haben, wird die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes zuteil.

15 Ich versichere euch: Wer die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes nicht mit der Gesinnung eines Kindes zu erlangen sucht, wird nie Zutritt zu dieser Geisterwelt haben." 16 Dann rief er die Kinder zu sich, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.

17 Als er von dort weiter zog, kam einer auf ihn zugeeilt, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: "Guter Meister, was muss ich tun, um das künftige Leben zu erlangen?" 18 Jesus erwiderte: "Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein.

19 Du kennst die Gebote: Du sollst nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen, nicht falsches Zeugnis ablegen, keinem das ihm Zukommende vorenthalten, deinen Vater und deine Mutter ehren!" 20 Jener entgegnete: "Meister, das alles habe ich von Jugend auf befolgt."

21 Da schaute ihn Jesus mit einem Blick der Liebe an und sagte: "Eins fehlt dir noch! Gehe hin, verkaufe alles, was du hast und gib den Erlös den wahrhaft Armen! Dann wirst du Reichtümer im Jenseits haben. Alsdann komme wieder zu mir und werde mein Begleiter." 22 Über diese Antwort wurde jener sehr traurig und ging ganz enttäuscht weg; denn er besaß ein großes Vermögen.

23 Da blickte Jesus seine Jünger der Reihe nach an und sprach: "Wie schwer ist es doch für die Begüterten, in Verbindung mit dem Geisterreich Gottes zu kommen! Es ist leichter, dass ein Kamel [Strick] durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher den Zutritt zur Geisterwelt Gottes erlangt."

24 Die Jünger zeigten sich über diesen Ausspruch sehr betroffen. Aber Jesus wiederholte nochmals: "Kinder, wie schwer ist es doch für die, welche sich auf Geld und Gut verlassen, in Verbindung mit dem Geisterreich Gottes zu kommen! 25 Und es ist tatsächlich leichter, dass ein Kamel [Strick] durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher die Verbindung mit Gottes Geisterwelt erlangt."

26 Da waren sie noch mehr betroffen und sagten zueinander: "Welcher Reiche kann dann überhaupt noch gerettet werden?" 27 Jesus blickte sie ernst an. "Von Seiten der Menschen" - sagte er - "ist das allerdings unmöglich, aber bei Gott ist es möglich." 28 Nun ergriff Petrus das Wort. "Siehe", - sagte er - "wir gehören doch zu denen, die alles verließen und dir nachfolgten."

29 Hier unterbrach ihn Jesus mit den Worten: "Ich gebe euch die Zusicherung: Keiner verlässt Haus, Bruder oder Schwester, Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker um meinetwillen und wegen der Heilsbotschaft, 30 ohne hundertmal Wertvolleres schon im Diesseits dafür wiederzuerhalten.

Wer Heimat, Schwestern und Brüder, Mutter und Kinder und Besitztum im Stich lassen musste, weil er verfolgt wurde, der wird auch im Jenseits das Leben erlangen. 31 Viele, die unter den Ersten waren, werden dabei zu den Letzten gehören und viele, die unter den Letzten waren, werden bei den Ersten sein."

32 Sie befanden sich auf dem Weg nach Jerusalem. Jesus ging vor ihnen her. Auf seinen Jüngern lag der Druck einer schlimmen Vorahnung, auf denen, die ihnen folgten, ein Angstgefühl. Da ließ er die Zwölf noch einmal näher an sich herantreten und fing an, mit ihnen über das zu sprechen, was ihm bevorstand.

33 "Seht", - sagte er - "wir gehen jetzt nach Jerusalem hinauf. Dort wird der Menschensohn den Hohenpriestern und Schriftgelehrten ausgeliefert werden. Diese werden ihn zum Tode verurteilen und den Heiden übergeben. 34 Man wird ihn verspotten, anspeien, geißeln und töten. Aber am dritten Tag wird er auferstehen."

35 Da traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu ihm und sagten: "Meister, wir möchten dich bitten, uns einen Wunsch zu erfüllen." - 36 "Was wünscht ihr denn?" - fragte er. 37 "Gewähre uns doch", - erwiderten sie - "dass der eine von uns beiden zu deiner Rechten und der andere zu deiner Linken sitze, sobald du zu den höchsten Ehren gelangt bist."

38 Jesus aber entgegnete: "Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr denn den Kelch trinken, den ich trinken muss oder die Taufe empfangen, die ich empfangen werde?" 39 Sie antworteten: "Ja, wir können es." - "Den Kelch", - fuhr Jesus fort - "den ich trinken muss, werdet zwar auch ihr zu trinken bekommen, und mit der Taufe, die ich empfange, werdet auch ihr getauft werden.

40 Aber den Platz zu meiner Rechten oder Linken habe nicht ich zu vergeben, sondern er wird nur denen zuteil, für die er bestimmt ist." 41 Als die zehn andern Jünger dies hörten, wurden sie über Jakobus und Johannes unwillig. 42 Da rief Jesus sie zu sich und sagte: "Ihr wisst, dass die Könige der Völker unter dem Vorwand des Herrschens ihre Untergebenen als Sklaven behandeln, und ihre Statthalter sie ausbeuten.

43 Das darf bei euch nicht vorkommen. Vielmehr muss derjenige, der bei euch groß dastehen will, euer Diener sein; 44 und wer von euch als Erster gelten will, soll der Knecht aller sein. 45 Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um andern zu dienen und sein Leben als Lösegeld für alle die vielen hinzugeben."

46 Sie gelangten nach Jericho. Als er mit seinen Jüngern unter Begleitung einer zahlreichen Volksmenge Jericho verließ, saß ein Blinder am Weg und bettelte. Es war Bartimäus, der Sohn des Timäus.

47 Als er hörte, Jesus von Nazareth sei da, begann er laut zu rufen: "Jesus - Sohn Davids - erbarme dich meiner!" 48 Die Menge rief ihm unter Drohworten zu, er solle stille sein. Da schrie er nur noch lauter: "Sohn Davids, erbarme dich meiner!" 49 Jesus blieb stehen und befahl, ihn herbeizurufen. Man rief den Blinden. "Sei frohen Mutes!" - sagte man ihm -"Stehe schnell auf! Er ruft dich!"

50 Der Blinde warf seinen Mantel von sich, sprang auf und kam auf Jesus zu. 51 Dieser redete ihn mit den Worten an: "Was wünschest du denn von mir?" - "Lieber Herr und Meister!" - antwortete der Blinde - "Ich möchte sehen können." 52"Gehe hin", - sagte Jesus - "dein gläubiges Vertrauen hat dir Rettung gebracht!" Sofort konnte der Blinde sehen und begleitete Jesus auf seiner Wanderung.

Kapitel 11

1 Jetzt näherte er sich Jerusalem und erreichte Bethanien am Ölberg. Jesus sandte zwei seiner Jünger voraus 2 und gab ihnen folgende Weisung: "Geht dort in das Dorf, das vor euch liegt. Gleich wenn ihr hin-ein kommt, werdet ihr ein Eselfüllen angebunden finden, auf dem noch kein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her.

3 Sollte jemand euch fragen, warum ihr das Füllen losbindet, so gebt ihm zur Antwort: Der Herr braucht es und schickt es bald wieder hierher zu-rück." 4 Sie gingen hin und fanden ein Füllen, das an der Außenseite der Stalltüre dicht an der Straße angebunden war. Sie banden es los. 5Einige von den dort anwesenden Leuten fragten: "Was macht ihr da? Weshalb bindet ihr das Füllen los?"

6 Sie gaben ihnen die Antwort, die Jesus ihnen aufgetragen hatte. Da ließ man sie gewähren. 7 Sie brachten das Füllen zu Jesus und breiteten ihre Mäntel darüber. 8 Dann setzte er sich darauf. Viele legten ihre Mäntel als Teppich auf den Weg. Andere brachen kleine Zweige von Bäumen ab und streuten sie auf den Weg.

9 Die, welche den Zug eröffneten und die, welche den Schluss des Zuges bildeten, brachen in den Ruf aus: 10 "Gesegnet ist, der da kommt im Namen des Herrn! Gesegnet ist das Reich unseres Vaters David, das jetzt zu uns kommt! Hosanna in den Himmelshöhen!"

11 So zog er in die Stadt Jerusalem und in den Tempel ein. Darin sah er sich alles genau an und ging dann in später Abendstunde in Begleitung der Zwölf nach Bethanien.

12 Am folgenden Morgen brachen sie wieder von Bethanien auf. Unterwegs bekam er Hunger. 13 In einer gewissen Entfernung sah er einen Feigenbaum in vollem Blätterschmuck. Er ging darauf zu, um zu sehen, ob er vielleicht einige Früchte daran finden könne. Doch als er hinkam, fand er nichts als Blätter.

Denn es war noch nicht die Zeit der Feigenreife. 14 Da rief er dem Baume zu: "In diesem Zeitalter soll niemand mehr eine Frucht von dir essen!" Seine Jünger hörten diesen Ausspruch.

15 Nach ihrer Ankunft in Jerusalem besuchte er den Tempel und machte sich daran, alle Käufer und Verkäufer, die er dort antrat, sowie die Tische der Geldwechsler und die Bänke der Taubenhändler hinauszuschaffen 16 und duldete nicht, dass einer auch nur ein Gerät durch den Tempel trug.

17 Dann belehrte er die Anwesenden über sein Vorgehen indem er ihnen sagte: "Es steht geschrieben: "Mein Haus soll von allen Völkern als ein 'Bethaus' angesehen werden; ihr aber habt eine 'Räuberhöhle' daraus gemacht." 18 Die Oberpriester und Schriftgelehrten hörten von diesem Auftreten Jesu und sannen auf Mittel und Wege, ihn umzubringen.

Denn sie fürchteten seinen Einfluss, weil seine Lehre auf die Masse des Volkes einen gewaltigen Eindruck machte. 19 Darum pflegte er erst in den späten Abendstunden die Stadt zu verlassen.

20 Als sie am andern Morgen in der Frühe an dem Feigenbaum vor-überkamen, sahen sie ihn bis in die Wurzeln verdorrt. 21 Da fiel dem Petrus der gestrige Vorfall ein und er sagte zu Jesus: "Siehe, Meister, der Feigenbaum, über den du den Fluch ausgesprochen hast, ist verdorrt."

22 Jesus gab ihm zur Antwort: "Hättet ihr doch nur das rechte Gottvertrauen! 23 Denn glaubet mir: wenn einer zu diesem Berge sagt: 'hebe dich hinweg und stürze dich ins Meer'! - und hegt in seinem Herzen keinen Zweifel, sondern vertraut fest darauf, dass sein Wort in Er-füllung geht, dem wird die Erfüllung gewährt.

24 Darum sage ich euch: Alles, was ihr euch im Gebet erfleht, wird euch zuteil werden. Nur müsst ihr das feste Vertrauen haben, dass ihr es empfangt. 25 Und wenn ihr dasteht und betet, so müsst ihr zuerst vergeben, wenn ihr jemand etwas zu vergeben habt. Dann wird auch euer himmlischer Vater euch eure Verfehlungen vergeben. 26 Wenn ihr jedoch andern nicht verzeiht, dann wird euer himmlischer Vater auch euch eure Übertretungen nicht verzeihen."

27 Sie kehrten dann wieder nach Jerusalem zurück. Als er im Tempel umherging, traten die Oberpriester, Schriftgelehrten und Ältesten des Volkes an ihn heran 28 und stellten die Frage an ihn: "In welchem Auftrag tust du das alles? Oder wer gab dir die Vollmacht, so aufzutreten?" -

29 "Ich will euch eine einzige Gegenfrage stellen" - antwortete Jesus; "könnt ihr mir diese beantworten, dann will ich euch auch sagen, auf Grund welcher Vollmacht ich das alles tue. 30 Taufte Johannes im Auftrag Gottes oder im Auftrag von Menschen? Antwortet mir!"

31 Da dachten sie bei sich: Was sollen wir antworten? Sagen wir, dass er im Auftrag Gottes taufte, dann wird er uns entgegenhalten: warum habt ihr ihm denn nicht geglaubt? 32 So müssen wir also wohl sagen: Im Auftrag von Menschen.

Aber dazu hatten sie nicht den Mut, weil sie dann das Volk zu fürchten hatten. Denn alle erkannten Johannes als einen Propheten Gottes an. 33 So gaben sie denn Jesus die Antwort: "Wir wissen es nicht." - "Dann sage auch ich euch nicht", - entgegnete Jesus - "auf Grund welcher Vollmacht ich das alles tue."

Kapitel 12

1 Er begann dann wieder in Gleichnissen zu ihnen zu reden. "Ein Mann" - sagte er - "legte einen Weinberg an. Er umgab ihn mit einem Zaun, grub einen Keller für die Weinfässer und baute einen Wachtturm. Dann verpachtete er den Weinberg an Weinbauern und ging außer Landes.

2 Als der Pachtzins fällig war, sandte er einen Knecht zu den Weinbauern, um den ihm zustehenden Teil der Früchte des Weinbergs als Pachtzins in Empfang zu nehmen. 3 Diese aber ergriffen und miss-handelten den Knecht und schickten ihn mit leeren Händen zurück.

4 Er sandte einen zweiten Knecht zu ihnen. 5 Auch diesem schlugen sie den Kopf blutig und beschimpften ihn. Er sandte einen dritten Knecht. Den schlugen sie tot. So schickte er noch viele andere Knechte. Die einen misshandelten sie und die andern brachten sie um.

6 Nun hatte er nur noch einen, den er schicken konnte - seinen geliebten Sohn. Schließlich sandte er auch diesen noch zu ihnen. Denn er sagte sich: 'Sie werden doch wohl vor meinem Sohn Achtung haben.' 7 Jene Weinbau-ern aber sprachen zueinander: 'Das ist der Erbe! Kommt, wir wollen ihn töten!

8 Dann fällt das Erbgut an uns!' Sie ergriffen ihn, brachten ihn um und warfen ihn draußen vor den Weinberg. 9 Was wird nun wohl der Herr des Weinbergs tun? - Er wird kommen und die Weinbauern umbringen und den Weinberg an andere verpachten.

10 Habt ihr nicht den Ausspruch in der Schrift gelesen: 'Der Stein, den die Bauleute für unbrauchbar erklärten, ist zum Eckstein geworden. 11 Durch den Herrn wurde er dazu gemacht, und in unsern Augen erscheint dieser Eckstein als ein Wunderwerk'."

12 Bei dieser Gelegenheit machten sie Versuche, ihn in ihre Gewalt zu bekommen. Denn sie wussten wohl, dass er das Gleichnis gegen sie gerichtet hatte. Doch sie hatten noch zuviel Furcht vor dem Volke. So ließen sie denn von ihm ab und entfernten sich.

13 Darauf sandten sie einige von den Pharisäern und den Anhängern des Herodes zu ihm in der Absicht, ihn durch eine Frage in eine Falle zu locken. 14 Die Pharisäer leiteten ihre Frage in arglistiger Weise folgendermaßen ein: "Meister", - sagten sie - "wir wissen, dass du stets die Wahrheit sagst und dabei auf niemand Rücksicht nimmst.

Denn du schaust nicht den Menschen nach den Augen, sondern lehrst den Weg zu Gott, wie es der Wahrheit entspricht. Was meinst du nun: Ist es recht, wenn man dem Kaiser die Kopfsteuer zahlt - oder ist es nicht recht? Sollen wir sie also entrichten - oder sollen wir sie verweigern?"

15 Jesus durchschaute diese Heuchler und gab ihnen zur Antwort: "Warum wollt ihr mir eine Falle stellen? Gebt mir einen Denar her! Ich will ihn mir ansehen." 16 Sie reichten ihm die Münze. "Wessen Bild und Aufschrift ist dies?" - fragte er. "Des Kaisers!" - war die Antwort.

17Jesus erwiderte: "So gebt dem Kaiser, was er zu beanspruchen hat und Gott, was Gott verlangt!" Groß war ihre Verblüffung über eine solche Antwort.

18 Dann traten Saduzäer zu ihm, welche lehren, es gäbe keine Auferstehung und erzählten ihm folgende Geschichte: 19 "Meister", - sagten sie - "Mose hat die Bestimmung getroffen, dass ein Bruder die Witwe seines verstorbenen Bruders heiraten soll, wenn sie kinderlos ist, damit er für den verstorbenen Bruder Nachkommenschaft zeuge.

20 Nun lebten einst sieben Brüder. Der erste heiratete, war aber bei seinem Tode kinderlos. 21 Infolgedessen nahm der zweite Bruder die Witwe zur Frau. Aber auch dieser starb kinderlos. Ebenso der dritte. 22 So ging es mit allen sieben. Keiner hinterließ Kinder. Zuletzt starb auch die Frau.

23 Wem von den sieben wird nun bei der Auferstehung die Frau angehören? Alle sieben hatten sie ja zur Frau gehabt." 24 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Verrät nicht schon eure ganze Fragestellung, dass ihr in diesem Punkte vollständig irrige Anschauungen habt, weil ihr weder die Schriften kennt noch die Wirkung der von Gott festgelegten Gesetze versteht?

25 Denn die, welche von den Toten auferstehen, brauchen sich als Mann nicht eine Frau zum Zweck der Eheschließung zu suchen, noch als Frau einen Mann, sondern bei ihnen ist dasselbe Gesetz in Kraft, wie bei den Engeln im Himmel.

26 Dass aber die Toten tatsächlich auferstehen, habt ihr dafür nicht den Beweis im Buch Moses bei der Geschichte vom brennenden Dornbusch, die ihr sicherlich schon gelesen habt; nämlich die Stelle, wo Gott zu Mose sagt: 'Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs!'? 27 Gott ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr seid also in einem schweren Irrtum befangen."

28 Ein Schriftgelehrter, der dabeistand und diese Auseinandersetzung mit anhörte, konnte sich der Erkenntnis nicht verschließen, dass Jesus seinen Gegnern eine treffende Antwort gegeben hatte. Dieser kam nun zu Jesus und stellte an ihn die Frage: "Meister, was für ein Gebot ist das allerwichtigste?"

29 Jesus gab ihm die Antwort: "Das wichtigste ist: Höre Israel! Der Herr unser Gott ist der alleinige Herr. 30 Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft.

31 An zweiter Stelle steht das Gebot: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot steht höher als diese beiden." 32 Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: "Meister, du hast in vortrefflicher Weise die Wahrheit betont, dass nur einer Gott ist und es sonst keinen Gott außer ihm gibt; 33 dass es ferner viel mehr wert ist als alle Brandopfer und sonstige Opfer, wenn man ihn liebt aus ganzem Herzen, mit voller Überzeugung und mit ganzer Kraft, und den Nächsten wie sich selbst."

34 Als Jesus ihn so verständig antworten hörte, sagte er zu ihm: "Bei dir fehlt nicht mehr viel, dann bist du fähig, mit dem Geisterreich Gottes in Verbindung zu treten." Fortan wagte es niemand mehr, ihm eine Frage vorzulegen.

35 Eines Tages lehrte Jesus im Tempel und warf bei dieser Gelegen-heit die Frage auf: "Wie können die Schriftgelehrten behaupten, der Messias sei Davids Sohn? 36 David hat doch selbst unter dem Einfluss eines heiligen Geistes die Worte ausgesprochen: 'Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hingelegt habe zum Schemel deiner Füße.'

37 David selbst nennt ihn also 'Herrn'. Wie kann er da sein 'Sohn' sein?" 38 Die große Masse des Volkes hörte ihn gern, wenn er so redete. - In seiner Belehrung fuhr er fort: "Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die so gern in langen Gewändern einhergehen und sich auf den Märkten begrüßen lassen;

39 die in den Betsälen die ersten Sitze und bei den Gastmählern die Ehren-plätze einnehmen; 40 die das Besitztum der Witwen und Waisen infolge ihrer Habgier an sich bringen, indem sie vorgeben, lange Gebete für sie verrichten zu wollen. Ein um so strengeres Gericht erwartet sie."

41 Als er einmal dem Opferkasten gegenüber saß, beobachtete er, wie das Volk viel Geld hineinwarf. 42 Da kam auch eine Witwe und warf nur zwei Scherflein hinein. Es machte einen Pfennig aus. 43 Jesus rief seine Jünger herbei und sagte zu ihnen: "Glaubt mir, diese arme Witwe hat mehr geopfert als alte diejenigen, die eine Gabe in den Opferkasten warfen.

44 Denn die andern gaben von ihrem Überfluss; sie aber opferte alles, was sie in ihrer Bedürftigkeit besaß; sie gab das Letzte, was ihr noch für ihren Lebensunterhalt übrig geblieben war."

Kapitel 13

1 Beim Verlassen des Tempels sagte einer seiner Jünger zu ihm: "Meister, sieh mal, wie gewaltig sind doch die Steine und der ganze Bau des Tempels!" 2 Jesus erwiderte: "Ja, seht euch dieses gewaltige Bauwerk nur recht an!

Denn glaubt mir, es wird daran kein Stein auf dem andern bleiben. Alles wird niedergerissen. Aber ein anderer Tempel wird erstehen und zwar während dreier Tage, nicht erbaut von Menschenhänden."

3 Nachher kam er auf den Ölberg und setzte sich dort nieder. Sein Blick fiel auf den gegenüberliegenden Tempel. Petrus, Jakobus, Johan-nes und Andreas wandten sich in einem Augenblick, wo sie mit ihm allein waren, mit der Frage an ihn:

4 "Sage uns, wann wird sich dein Ausspruch erfüllen und was soll als Vorzeichen dafür gelten, dass der Tag der Erfüllung naht?" 5 Da begann Jesus sie darüber zu belehren. "Gebet acht", - sagte er - "dass ihr euch von niemand täuschen lasst. 6 Manche werden nämlich kommen und sich meinen Namen beilegen und sagen: Ich bin der Messias. Viele werden sich dadurch irre führen lassen.

7 Sollte Kriegslärm oder Kriegsgerüchte an euer Ohr dringen, so braucht ihr euch deswegen nicht zu beunruhigen. Denn solche Dinge bringen die Zeitläufe notwendigerweise mit sich. Aber das bedeutet keineswegs die Erfüllung. 8 Es ist ja nichts Außergewöhnliches, wenn sich ein Volk gegen das andere erheben wird und ein Reich gegen das andere.

Auch wenn in manchen Erdteilen Erdbeben entstehen und eine Hungersnot eintritt, so sind solche Ereignisse erst die Vorwehen des Tages, der das eigentliche Unheil gebären wird. 9 Ferner wird man vorher euch selbst vor die jüdischen Gerichtshöfe stellen und euch in den Synagogen auspeitschen. Vor Statthalter und Könige wird man euch führen, weil ihr meine Anhänger seid, und ihr werdet vor ihnen Zeugnis für die Wahrheit ablegen.

10 Denn zuerst muss die Verkündigung der Heilswahrheit zu allen Völkern gedrungen sein. 11 Wenn man euch nun festnimmt und vor Gericht stellt, so denkt vorher nicht ängstlich darüber nach, was ihr dort sagen sollt. Nur das habt ihr vorzubringen, was euch in jener Stunde eingegeben wird.

Denn nicht ihr seid es, die dann reden, sondern die heilige Geisterwelt redet durch euch. 12 Es wird eine Zeit kommen, wo der Bruder den Bruder dem Tode überliefert und der Vater sein Kind. Kinder werden gegen ihre Eltern auftreten und schuld an ihrer Hinrichtung sein.

13 Ihr werdet den Hass aller auf euch laden, weil ihr nach meinem Namen benannt werdet. Doch nur der wird gerettet werden, der bis zum Schluss standhaft bleibt."

14 "Sobald jedoch der Tag erscheint, an dem ihr den Gräuel der Verwüstung an einem Platze sich abspielen sehet, wo so etwas nie vorkommen dürfte, dann soll jeder, der sich meiner Worte erinnert, die Bedeutung dessen erkennen, was sich vor seinen Augen ereignet. Alsdann sollen die Leute von Judäa ins Gebirge fliehen.

15 Wer sich auf dem Dache seines Hauses befindet, soll sich nicht in das Innere des Hauses flüchten. Er soll nicht einmal hineingehen, um etwas daraus mitzunehmen. 16 Wer aufs Feld gegangen war, kehre nicht zurück, um noch seinen Mantel zu holen.

17 Wehe den Müttern, die in jenen Tagen ein Kind erwarten, sowie denen, die ein Kind an der Mutterbrust zu nähren haben. 18 Bittet Gott, dass diese Ereignisse nicht zur Winterzeit eintreten. 19 Denn jene Tage werden eine Zeit so furchtbarer Drangsal sein, wie sie seit der Erschaffung der Welt bis jetzt noch nicht da gewesen ist, und wie sie auch nie mehr wiederkommen wird.

20 Und wenn der Herr die Zahl dieser Tage nicht abgekürzt hätte, würde kein Wesen lebend davonkommen. Aber mit Rücksicht auf die Auserwählten, die er sich erkoren, hat er die Zahl jener Tage abgekürzt. 21 Wenn dann jemand zu euch sagt: Seht, hier ist der Messias! oder: Dort ist er! - so glaubt es nicht.

22 Denn es werden Medien der bösen Geisterwelt auftreten und Zeichen und Wunder tun, um womöglich auch die Auserwählten irre zu führen. Was euch betrifft, so haltet eure Augen offen! Seht, ich habe euch alles vorhergesagt."

24 "Aber sobald die geschilderte Drangsal jener Tage zu Ende ist, wird für ihre Opfer die Sonne untergehen und der Mond ihnen nicht mehr scheinen. 25 Die Sterne werden für sie am Himmel verschwinden, und die niedern Geistermächte des Jenseits in große Unruhe geraten.

26 Denn dann werden sie den Menschensohn an der Spitze der himmlischen Heerscharen mit großer Macht und Herrlichkeit kommen sehen. 27 Er wird seine Geisterboten aussenden und die dazu Bestimmten von allen vier Windrichtungen her zusammenholen, von einem Ende des Jenseits bis zum andern.

28 Den Feigenbaum möchte ich zu eurer Belehrung als Vergleich heranziehen. Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter hervortreiben, könnt ihr erkennen, dass der Sommer nahe ist. 29 So sollt ihr auch beim Eintreffen der oben erwähnten Ereignisse die Gewissheit haben, dass die Erfüllung meiner Vorhersage nahe bevorsteht.

30 Ihr könnt es mir glauben, dass dieses Volk nicht eher seine jetzige Laufbahn vollendet, als bis das alles sich erfüllt hat. 31 Das Himmelsgewölbe und die Erde werden einmal dahinschwinden, aber meine Worte werden nicht unerfüllt verrinnen.

32 Doch den genauen Tag und die genaue Stunde, wo sich das alles erfüllt, weiß niemand, weder die Boten des Himmels, noch auch der Sohn, sondern einzig und allein der Vater."

33 "Seht euch vor und wachet! Denn ihr wisset nicht, wann diese Schicksalsstunde schlägt. 34 Wie ein Mann, der auf Reisen geht, beim Verlassen seines Hauses den Knechten seine Anweisungen gibt und jedem einzelnen seine Aufgabe zuweist und dem Türhüter einschärft, dass er wachen soll -

35 so wachet auch ihr! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob spät abends oder um Mitternacht, ob zur Zeit des Hahnenschreies oder am Morgen; 36 wenn er unvermutet kommt, so darf er euch nicht beim Schlafe treffen. 37 Ich wiederhole daher: Wachet!"

Kapitel 14

1 Es waren nur noch zwei Tage bis zum Osterfest. Die Oberpriester und Schriftgelehrten überlegten hin und her, auf welche Weise sie Jesus festnehmen könnten, um ihn hinzurichten. 2 Darin waren sie sich einig, dass am Feste selbst jede Aufregung des Volkes unter allen Umständen vermieden werden müsse.

3 Jesus weilte in Bethanien im Hause Simons, des Aussätzigen. Während er beim Mahle lag, kam eine Frau mit einem Alabastergefäß, das wohlriechendes Salböl enthielt. Sie zerbrach das Gefäß und goss ihm den Inhalt über das Haupt.

4 Darüber ärgerten sich seine Jünger und sagten: "Wozu eine solche Verschwendung des Salböls? 5 Man hätte es doch für mehr als dreihundert Mark verkaufen und den Erlös den Armen geben können." In dieser Weise suchten sie ihrem Ärger gegen die Frau Luft zu machen.

6 Jesus aber gab ihnen einen Verweis. "Lasst sie in Ruhe!" - sagte er. "Warum behelligt ihr sie? Die Frau hat mir einen großen Liebesdienst erwiesen. 7 Arme habt ihr allezeit bei euch und könnt ihnen Gutes tun, so oft ihr wollt. Mich aber habt ihr nicht immer in eurer Mitte.

8 Sie tat alles, was in ihren Kräften stand. Sie salbte meinen Leib schon im voraus für den Tag meines Begräbnisses. 9 Ich gebe euch die Versicherung: Wo immer in der ganzen Welt die Heilsbotschaft verkündet wird, da wird man auch von dem erzählen, was diese Frau getan und so ihr Andenken ehren."

10 Judas Ischariot, einer von den Zwölf, ging zu den Oberpriestern und erklärte sich bereit, ihnen Jesus in die Hände zu liefern. 11 Darüber waren diese hocherfreut und versprachen, ihm Geld dafür zu geben. Nun suchte er nach einer günstigen Gelegenheit, ihn durch Verrat an sie auszuliefern.

12 Am ersten Tag der ungesäuerten Brote, an dem man das Oster-lamm zu schlachten pflegte, fragten ihn seine Jünger: "Wo wünschest du, dass wir hingehen sollen, um die Vorbereitungen für das Essen des Osterlammes für dich zu treffen?" 13 Er sandte zwei seiner Jünger weg mit dem Auftrag: "Gehet in die Stadt! Da wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt.

14 Folget ihm in das Haus, in das er geht und sagt dem Herrn dieses Hauses: Der Meister lässt fragen: wo ist das Gastzimmer für mich, in dem ich mit meinen Jüngern das Osterlamm essen kann? 15 Er wird euch alsdann ein großes Obergemach zeigen, das mit Tischchen und Polstern versehen und schon fertig hergerichtet ist. Dort macht alles für uns zurecht!"

16 Die beiden Jünger entfernten sich und kamen in die Stadt. Dort fanden sie alles so, wie er es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Ostermahl. 17 Bei Anbruch der Nacht fand er sich mit den Zwölf dort ein. 18 Sie legten sich zu Tisch und aßen. Plötzlich sagte Jesus: "Einer von euch wird mich verraten - einer, der mit mir das Mahl teilt."

19 Sie wurden von tiefem Schmerz ergriffen, und einer nach dem andern richtete die Frage an ihn: "Ich bin es doch nicht etwa?" - und ein anderer: "Ich doch wohl auch nicht?" 20 Er antwortete: "Einer von diesen Zwölf ist es und zwar der, welcher mit mir seine Finger in dieselbe Schüssel taucht.

21 Der Menschensohn muss freilich den Schicksalsweg gehen, der in der Schrift für ihn nieder-gelegt ist. Wehe aber dem Menschen, der an ihm Verrat übt. Es wäre ihm besser, wenn er nicht Mensch geworden wäre." 22 Während des Mahles nahm Jesus das Brot, sprach den Segen darüber, brach es in Stücke und ließ es herumreichen mit den Worten: "Nehmet es! Dies ist das Sinnbild meines Leibes!"

23 Dann nahm er einen Becher, sprach den Segen darüber und ließ ihn bei den Anwesenden herumreichen. Alle tranken daraus. Alsdann sagte er zu ihnen: 24 "Das ist das Sinnbild des Blutes meines Bundes, das für viele vergossen wird.

25 Ich versichere euch: Ich werde von dem Erzeugnis des Weinstocks keinen Trunk mehr vorsetzen, bis zu jenem Tage, wo ich es in der Geisterwelt Gottes trinke und zwar in einer Form, die euch jetzt noch unbekannt ist."

26 Nun stimmten sie den Lobgesang an, verließen die Stadt und gingen nach dem Ölberg. 27 Unterwegs sagte Jesus zu ihnen: "Ihr werdet mich alle im Stiche lassen. Denn es steht geschrieben: 'Ich werde den Hirten niederschlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.'

28 Doch nach meiner Auferstehung werde ich euch nach Galiläa vorausgehen." 29 Petrus beteuerte: "Wenn auch alle dich verlassen werden, - ich nicht!" 30 Jesus entgegnete: "Du kannst mir glauben: noch in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen."

31 "Selbst wenn ich mit dir sterben müsste, so würde ich dich doch nicht verleugnen" - beteuerte Petrus von neuem. Das Gleiche taten auch alle andern.

32 Sie begaben sich dann an einen Ort mit Namen Gethsemane. Dort sagte er zu seinen Jüngern: "Setzt euch hier nieder, bis ich gebetet habe." 33 Dann nahm er den Petrus, Jakobus und Johannes mit sich. Plötzlich überkam ihn ein Gefühl entsetzlicher Angst und tiefster Verlassenheit.

34 Er wandte sich an die drei mit den Worten: "So über alle Maßen groß ist die Betrübnis meiner Seele, dass ich wünschte, ich wäre tot. Bleibet hier und wachet!" 35 Dann ging er ein wenig weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, diese Stunde möchte doch von ihm genommen werden, wenn es möglich sei.

36 Sein Gebet lautete: "Mein Vater, alles ist dir möglich. Lass daher diesen Kelch an mir vorübergehen! Doch nicht mein Wille geschehe, sondern der deinige." 37 Er kehrte zu den Dreien zurück, fand sie aber schlafend. Da wandte er sich an Petrus mit den Worten: "Simon, du schläfst? Hattest du nicht die Kraft, eine einzige Stunde wach zu bleiben?

38 Wachet und betet, damit ihr nicht der Versuchung zum Opfer fallet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach." 39 Dann ging er wieder hin und betete. 40 Als er zurückkam, fand er sie wieder schlafend. Denn ihre Augen waren ihnen vor Müdigkeit zugefallen. Sie wussten nicht, was sie ihm zu ihrer Entschuldigung antworten sollten.

41 Als er dann zum drittenmal zu ihnen kam, redete er sie mit den Worten an: "Ein andermal könnt ihr schlafen und ausruhen. Jetzt hat es keinen Zweck mehr, und es ist nicht die geeignete Stunde dazu. Denn jetzt wird der Menschensohn in die Hände der Sünder ausgeliefert. 42 Steht auf, wir wollen gehen! Schon ist mein Verräter in der Nähe."

43 Kaum hatte er dies gesagt, da erschien Judas Ischariot, einer von den Zwölfen. In seiner Begleitung befand sich ein Haufen bewaffneter Männer. Sie trugen Schwerter und Knüttel und waren von den Ober-priestern, Schriftgelehrten und Ältesten geschickt.

44 Sein Verräter hatte folgendes Zeichen mit ihnen verabredet: "Der, den ich küssen werde, der ist's. Den nehmt fest und führt ihn vorsichtig ab!" 45 Er trat nun auf Jesus zu und sprach: "Meister!" - und küsste ihn. 46 Die Männer legten nun Hand an ihn und nahmen ihn fest.

47 Da zog einer das Schwert und schlug damit nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das Ohr ab. 48 Jesus wandte sich mit den Worten an die Menge: "Mit Schwertern und Knütteln seid ihr hierher gekommen, um mich festzunehmen, als handele es sich um den Kampf mit einem Räuber.

49 Tag für Tag pflegte ich zu euch in den Tempel zu kommen und dort meine Ansprachen zu halten, und ihr habt nie Hand an mich gelegt. Aber die heutige Gefangennahme musste geschehen, damit die Schrift erfüllt würde."

50 Da ließen alle Jünger ihn im Stich und ergriffen die Flucht. 51 Nur ein Jüngling hielt sich in seiner Nähe und ging mit dem bewaffneten Haufen. Er trug einen leinenen Überwurf. Da ergriffen sie auch ihn, um ihn festzunehmen. 52 Der aber ließ den Überwurf in ihren Händen und floh im bloßen Unterkleid.

53 Man führte Jesus zu dem Hohenpriester. Bei ihm hatten sich alle Oberpriester, Ältesten und Schriftgelehrten versammelt. 54 Petrus war ihm von weitem bis in den inneren Hof des hohenpriesterlichen Palastes gefolgt und hatte sich zwischen die Dienerschaft gesetzt, um sich am Feuer zu wärmen.

55 Die Oberpriester und der gesamte Hohe Rat suchten nach einem Beweis gegen Jesus, um ihn zum Tode verurteilen zu können, fanden aber keinen. 56 Zwar legten viele ein falsches Zeugnis gegen ihn ab, doch ihre Aussagen widersprachen sich.

57 So traten einige auf und brachten die falsche Anschuldigung vor: 58 "Wir hörten diesen da sagen, er wolle den Tempel, der von Menschenhand aufgeführt ist, niederreißen und in drei Tagen einen andern aufführen, der nicht von Menschenhand errichtet sei." 59 Doch auch sie widersprachen sich in ihren Zeugenaussagen.

60 Da erhob sich der Hohepriester, trat vor und richtete an Jesus die Frage: "Hast du nichts auf diese Zeugenaussagen zu erwidern?" 61 Doch Jesus schwieg und gab keinerlei Antwort. Nun stellte der Hohepriester eine zweite Frage an ihn: "Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?"

62 Jesus gab ihm zur Antwort: "Ja, ich bin es! Und ihr werdet den Menschensohn, umgeben von den himmlischen Heerscharen, zur Rechten des Allmächtigen sitzen sehen." 63 Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und rief: "Wozu brauchen wir noch Zeugen?

64 Ihr habt ja selbst seine Gotteslästerung gehört. Wie lautet euer Urteil?" Alle stimmten für 'schuldig' und verurteilten ihn zum Tode. 65 Sofort spieen einige ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten, wobei sie riefen: "Jetzt beweise, dass du ein Prophet bist." Auch die Knechte griffen wiederholt nach ihm und gaben ihm Backenstreiche.

66 Unterdessen saß Petrus unten im Verhör. Eine von den Mägden des Hohenpriesters kam an ihm vorbei. 67 Sie sah, wie Petrus sich wärmte, schaute sich ihn näher an und rief aus: "Du bist ja derselbe, der bei dem Nazarener - diesem Jesus - war."

68 Der aber leugnete. "Davon weiß ich nichts," - sagte er - "und ich kann nicht verstehen, wie du dazu kommst, so etwas zu behaupten." Sofort stand er auf und ging hinaus, vor den Eingang zum Vorhof. In diesem Augenblick krähte ein Hahn.

69 Aber auch hier sah ihn dieselbe Dienstmagd wieder, und so-fort erzählte sie den Umstehenden: "Dieser da gehört auch zu jener Gesellschaft." 70 Wiederum leugnete Petrus. Doch nach wenigen Augenblicken hielten ihm die Anwesenden von neuem vor: "Ganz gewiss gehörst du zu dieser Gesellschaft; du bist ja aus Galiläa."

71 Da begann er sich zu verfluchen und unter Schwüren zu erklären: "Ich kenne jenen Menschen nicht, von dem ihr redet." 72 Da krähte zum zweitenmal ein Hahn. Nun erinnerte sich Petrus des Wortes, das Jesus ihm gesagt hatte. Und er brach in Tränen aus.

Kapitel 15

1 Beim Morgengrauen hielten die Oberpriester mit den Ältesten und Schriftgelehrten und dem ganzen Hohen Rat eine Beratung ab. Dann ließen sie Jesus fesseln und in den innern Vorhof führen. Darauf lieferten sie ihn an Pilatus aus. 2 Dieser stellte an ihn die Frage: "Bist du der König der Juden?" Seine Antwort lautete: "Ja, ich bin es!"

3 Dann häuften die Oberpriester Anklage auf Anklage gegen ihn. 4 Pilatus fragte ihn von neuem: "Entgegnest du nichts? Höre nur, was sie alles gegen dich vorbringen!" 5 Jesus aber gab keinerlei Antwort mehr, so dass sich Pilatus sehr darüber wunderte.

6 Nun pflegte Pilatus an einem Festtag einen Gefangenen frei zu lassen, den das Volk sich auswählen konnte. 7 Damals war ein Mann namens Barabbas im Gefängnis. Er hatte sich an einem Aufstand beteiligt und war zusammen mit den andern Aufständigen, die einen Mord begangen hatten, festgenommen worden.

8 Die Volksmenge, die immer mehr anschwoll, begann nun die Vergünstigung zu fordern, die er ihnen bisher stets gewährt hatte. 9 Pilatus richtete die Frage an sie: "Soll ich euch den König der Juden freigeben?" 10 Denn er wusste wohl, dass man Jesus nur aus Neid an ihn ausgeliefert hatte.

11 Die Oberpriester hatten jedoch infolge ihrer Überredungskünste die Menge dazu gebracht, die Freilassung des Barabbas zu fordern. "Aber was wollt ihr denn", - 12 entgegnete ihnen Pilatus - "dass ich mit dem König der Juden tun soll?" 13 Da schrie die Menge: "Ans Kreuz mit ihm!" 14 "Was hat er denn Böses getan?" rief Pilatus ihnen zu. Da schrieen sie noch lauter: "Ans Kreuz mit ihm!"

15 Nun gab Pilatus ihnen den Barabbas frei. Dann schlug er Jesus mit der Geißel zum Zeichen des Todesurteils und übergab ihn zur Kreuzigung.

16 Die Soldaten führten ihn nun in den innern Hof der Statthalterei und riefen die ganze militärische Abteilung zusammen. 17 Sie legten ihm einen Purpurmantel um und setzten ihm eine Dornenkrone auf. 18 Dann begrüßten sie ihn als 'König' mit dem Ruf: "Heil dem König der Juden!"

19 Dabei schlugen sie ihn mit einem Rohr aufs Haupt und spieen ihm ins Gesicht. 20 Dann nahmen sie den Purpurmantel ab und legten ihm seine Kleider wieder an. Darauf führten sie ihn hinaus zur Kreuzigung.

21 Einen gewissen Simon aus Cyrene, den Vater des Alexander und des Rufus, der vom Felde heimkehrte und gerade vorbeikam, zwangen sie, für ihn das Kreuz zu tragen. 22 So führten sie ihn nach dem Richtplatze Golgotha. Dieser Name bedeutet 'Schädelstätte'.

23 Hier wollten sie ihm Wein, der mit Myrrhe gewürzt war, zu trinken geben. Doch er weigerte sich, ihn zu nehmen. 24 Nach erfolgter Kreuzigung teilten sie seine Kleider unter sich. Dabei ließen sie das Los darüber entscheiden, wer etwas davon erhalten sollte und welches Stück.

25 Es war neun Uhr morgens. Dann stellten sie eine Wache bei ihm auf. 26 Die Inschrift die den Grund seiner Hinrichtung angeben sollte, lautete: "Dieser ist der König der Juden."

27 Gleichzeitig mit ihm kreuzigten sie zwei Räuber, den einen zu seiner Rechten, den andern zu seiner Linken. 29 Die Vorübergehenden schmähten ihn, indem sie ihm kopfschüttelnd zuriefen: "Ach ja, du bist ja der, welcher den Tempel in drei Tagen niederreißt und ihn in drei Tagen wieder aufbauet!

30 So steige doch jetzt vom Kreuze herunter und rette dich selbst!" 31 Auch die Oberpriester und Schriftgelehrten riefen einander höhnisch zu: "Andern hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen!

32 Dieser Messias - dieser König von Israel! Mag er doch vom Kreuz heruntersteigen, damit wir es sehen und an ihn glauben!" Selbst die beiden, die mit ihm gekreuzigt wurden, schmähten ihn.

33 Um zwölf Uhr mittags kam eine Finsternis über das ganze Land. Sie dauerte bis drei Uhr nachmittags. 34 Um drei Uhr rief Jesus mit lauter Stimme: - "Eli, Eli, lama dsaphthani?" Das heißt: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"

35 Als dies einige von den Umstehenden hörten, sagten sie: "Er ruft den Elia!" 36 Da lief einer hin, füllte einen Schwamm mit Essigwein, steckte ihn an ein Rohr und wollte ihm zu trinken geben, indem er sagte: "Wir wollen doch mal sehen, ob Elia wirklich kommt und ihn herabnimmt."

37 Aber Jesus stieß einen lauten Schrei aus und verschied.

38 Da zerriss der Vorhang im Tempel von oben bis unten entzwei.

39 Als der Hauptmann, der dort in der Nähe stand, Jesus so schreien hörte und sah, dass er seine Seele ausgehaucht hatte, rief er aus: "Dieser Mann war wirklich eines Gottes Sohn!"

40 In der Ferne standen Frauen und schauten herüber. Unter ihnen befanden sich Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus des Kleinen und des Jose, sowie Salome. 41 Diese waren auch in der Zeit, wo Jesus in Galiläa weilte, beständig bei ihm. Bei ihnen standen noch viele andere Frauen, die ebenfalls mit ihm nach Jerusalem gekommen waren.

42 In den letzten Stunden vor Sonnenuntergang, in denen man die Vorbereitungen auf den kommenden Sabbat zu treffen pflegt, und die man daher 'Vorsabbat' nennt, 43 begab sich Joseph von Arimathäa mit kühnem Entschluss zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Joseph war ein hochgeachtetes Mitglied des Hohen Rates und hatte sein ganzes Leben hindurch sehnsüchtig auf das Kommen des Reiches Gottes gewartet.

44 Pilatus konnte es kaum glauben, dass Jesus schon tot sei; er ließ daher den Hauptmann kommen und fragte ihn, ob der Tod wirk-lich schon eingetreten sei. 45 Als er von dem Hauptmann die Bestätigung erhielt, stellte er Joseph den Leichnam zur Verfügung.

46 Dieser kaufte nun Leinwand, nahm Jesus vom Kreuze herab, wickelte ihn in die Leinwand ein und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes und entfernte sich. 47 Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, hatten die Stelle gesehen, wo er hingelegt worden war.

Kapitel 16

1 Diese beiden waren hingegangen und hatten sich wohlriechende Stoffe gekauft, um seinen Leichnam zu salben. 2 In der Frühe des ersten Tages nach dem Sabbat machten sie sich auf den Weg zum Grabe. Es ging gerade die Sonne auf.

 

3 Unterwegs sagten sie zu einander: "Wer wird uns den Stein vom Eingange des Grabes wegwälzen?" Er war nämlich sehr groß. 4 Doch sie kommen zum Grabe und finden den Stein bereits weggewälzt. 5 Als sie die Grabkammer betreten hatten, sahen sie an der rechten Seite einen Jüngling sitzen. Er war mit einem langen weißen Gewande bekleidet. Ein Schauder erfasste sie.

 

6 Er redete sie mit den Worten an: "Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesum, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden. Er ist nicht hier. Seht, hier ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. 7 Nun geht schnell zurück und bringt seinen Jüngern und auch dem Petrus folgende Botschaft: 'Siehe, ich gehe euch nach Galiläa voraus; dort werdet ihr mich wiedersehen, wie ich es euch versprochen habe.'"

 

8 Da eilten sie aus der Grabkammer und liefen, so schnell sie konnten. Denn Furcht und Entsetzen hatte sie er-fasst. Keins sprach mit dem andern ein Wort. So lähmte die Angst ihre Zunge.

9 Unter den ersten, denen Jesus bei seiner Auferstehung in den frühen Morgenstunden nach dem Sabbat erschienen war, befand sich, wie bereits erwähnt, Maria von Magdala. Es war jene Maria, aus der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte.

10 Diese brachte die Nachricht zu denen, die seine Begleiter gewesen waren, die aber nun um ihn trauerten und weinten. 11 Als sie nun hörten, dass er lebe und ihr erschienen sei, wollten sie es nicht glauben. 12 Hernach erschien er zweien von ihnen in einem andern als dem gewöhnlichen menschlichen Körper, und zwar während einer Wanderung, welche die beiden über Land machten.

13 Auch diese kamen und brachten den andern die Kunde. Aber auch ihnen schenkten sie keinen Glauben.

14 Später erschien er den Elfen selbst, als sie bei Tische lagen. Er tadelte scharf ihren Unglauben und ihre innere Verstocktheit, die sie dadurch bewiesen hatten, dass sie denen nicht glaubten, die ihn nach seiner Auferstehung von den Toten mit eigenen Augen gesehen hatten.

Sie suchten sich gegen diesen Vorwurf zu verteidigen, indem sie folgenden Einwand vorbrachten: "Das jetzige Zeitalter mit seiner Gesetzlosigkeit und seinem Unglauben steht ganz unter der Herrschaft Satans. Der verhindert durch seine böse Geisterwelt, dass die Wahrheit Gottes sich als eine Kraft erweisen kann.

So enthülle du uns nun den Weg, den du kennst, auf dem man das Wohlgefallen Gottes erlangt." So sprachen sie zu Christus. Er gab ihnen darauf folgende Antwort: "Der Kreislauf der Jahre der Herrschaft Satans ist nun beendet. Jetzt naht sich eine andere Herrschaft - eine wunderbare.

Für alle, welche die Sünde des Abfalls begangen haben, wurde ich dem Todesfürsten ausgeliefert, damit die Abgefallenen sich der Wahrheit wieder zuwenden und nicht länger in ihrem Abfall verharren, sondern die unvergängliche himmlische Herrlichkeit des Geistes sich erwerben, welche denen als Erbteil zufallen wird, die das Wohlgefallen Gottes erlangen."

15 Dann gab er ihnen den Auftrag: "Gehet hin in das ganze Weltall und predigt die Heilsbotschaft der ganzen Schöpfung. 16 Wer glaubt und sich taufen lässt, soll Rettung finden. Wer aber nicht glaubt, über den wird das verdiente Strafurteil ergehen.

17 Den Gläubigen jedoch werden folgende Beweise der Wahrheit zuteil werden: Unter Anrufung meines Namens werden sie böse Geister austreiben; sie werden in fremden Sprachen reden;

18 Schlangen werden sie mit ihren Händen ohne Gefahr anfassen können; sollten sie etwa Tödliches trinken, so wird es ihnen nicht schaden; Kranken wer-den sie die Hände auflegen, und sie werden gesund werden."

19 Nachdem der Herr Jesus diese Worte beendet hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes. 20 Jene aber gingen hin und predigten überall. Der Herr stand ihnen mit seiner Kraft bei und bestätigte die Wahrheit ihrer Lehre durch die Wunderzeichen, die ihre Predigt begleiteten.

rodiehr  Aug. 2012


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