FRIEDRICH JÜRGENSON
Sprechfunk mit Verstorbenen
Praktische Kontaktherstellung mit dem Jenseits

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DREISSIGSTES KAPITEL

Olgas Lied - Immer neue Sprecher und Sänger - Kotziks Berliner Humor - Eine verblüffende Prophezeiung

Seite 153 Im Spätherbst begannen wir, das große Steinhaus auf unserem Landsitz "Nysund" in Ordnung zu bringen. Es war eine beschwerliche und schmutzige Arbeit. Die Decken und Wände wurden gemalt, neue Fenster eingesetzt, der alte Fußboden geschliffen und versiegelt, und zu guter Letzt ließen wir eine moderne Warmwasserheizung installieren, damit unsere ganze Familie zu Weihnachten in das Haus einziehen konnte.

Persönlich tat es mir leid, die zum Anwesen gehörende stille Waldhütte verlassen zu müssen, schon allein darum, weil sie durch ihre abgelegene und reizende Lage die beste Voraussetzung für eine ungestörte Arbeit bot.

Der erste Winter, den wir auf dem Lande verbrachten, erwies sich als ungewöhnlich mild und kurz. Bereits im Februar schmolz der Schnee, und Anfang April blühten die ersten blauen Anemonen. Das milde Wetter lockte unseren Freund Hugo, den Tomatenzüchter, öfters auf das Land heraus. Mit seiner gewohnten Arbeitslust begann er sogleich, die Treibhäuser in Ordnung zu bringen, ja, er säte sogar Salat im Freien, obschon die Erde in der Tiefe noch gefroren war.

Da meine Frau Monika frühmorgens mit dem Wagen zur Stadt fuhr und die Kinder bis zum Nachmittag in der Schule weilten, pflegte ich das Essen vorzubereiten. Offen gestanden hat mir diese Beschäftigung seit jeher viel Spaß gemacht, hauptsächlich deshalb, weil ich mich keinerlei fertiger Rezepte bediene, sondern aus reiner Forscherliebe frisch-fröhlich die Speisen kombiniere.

Wir streiften - Hugo und ich - täglich durch die dichten Wälder, die sich meilenweit um Mölnbo erstrecken, und wenn wir dann Seite 154 müde und hungrig nach Hause kamen, schmeckte uns das Essen doppelt so gut.

Hugo war übrigens der Ansicht, daß meine geistigen Kontakte wichtiger als die Tonbandeinspielungen seien.

Hugos Lebensauffassung basierte auf der Philosophie des Spätbuddhismus und der Lehre von Krishnamurti. Gleichzeitig aber verfolgte er mit lebhaftem Interesse die Entwicklung in der Sowjetunion. Er glaubte sogar, daß die große Erneuerung des Abendlandes durch den Einsatz der slawischen Völker verwirklicht werde. Ob diese Erneuerung durch die kommunistische Ideologie oder durch eine heute noch unbekannte geistige und soziale Synthese zustandekommen sollte, wußte Hugo nicht, jedoch hoffte er auf die Gleichberechtigung aller Völker und auf den Sieg des geistigen Sozialismus.

Allerdings hatte Hugo in den letzten Jahren merkbar begonnen, seine Denkweise zu ändern, was zweifellos das Verdienst meiner geistigen Erlebnisse war. Mir aber tat es leid, daß Hugo den Bandeinspielungen so wenig Interesse entgegenbrachte.

Trotz aller Intelligenz und Aufgeschlossenheit hatte Hugo die Tragweite der technisch-physikalischen Verbindungsbrücke zu den Toten nicht ganz erfaßt. Die Toten ihrerseits sprachen öfters von Hugo auf dem Tonband. Ein paar Mal äußerten sie sich besorgt über Hugos Gesundheit. Er litt öfters an Hexenschüssen, die ihn erheblich in der Gartenarbeit störten.

Er trotzte aber ständig allen Krankheitssymptomen, ja, er ging hart gegen sich selber vor. In gewissem Sinne hatte er den für seine physischen Belange zuständigen Instinkt zum Schweigen gebracht, und nur, wenn eine Krankheit ihn ins Bett zwang, fügte er sich murrend und unwillig.

In jenem Frühling bekam ich eine sehr eigenartige Sendung. Ich erhielt sie wie gewöhnlich durch eine Art symbolische Vorführung, die über Gesang, kurze Bemerkungen und Zwischenrufe mir eine persönliche Botschaft zu Seite 155 vermitteln bemüht war. Es sang eine ganz hervorragende Frauenstimme, die Grace Moore oder auch Lina Cavallieri hätte gehören können. Zum Schluß der Sendung erklang der Name einer Jugendfreundin meiner Schwester, mit der auch ich freundschaftlich verbunden gewesen war.

Unsere Jugendfreundin hieß Olga Z., und obwohl sie verheiratet gewesen und geschieden war, wurde sie von uns bei ihrem Mädchennamen gerufen. Ich hatte Olga seit 23 Jahren nicht wieder gesehen, und alle Verbindungen waren durch den zweiten Weltkrieg abgebrochen.

Infolge eines sonderbaren Umstandes sollte meine Schwester Elly auf Olgas Adresse stoßen. Kurz und gut: Olga besuchte uns im Juni auf Nysund und übernahm vor ihrer Abreise die Maschinenschrift meines Manuskriptes.

Unterdessen strömten neue Sendungen ein. Eine entzückende Sopranstimme mit einem weichen und warmen Timbre trug ein ungarisches Lied vor, das sie aber in deutscher, russischer, schwedischer und ungarischer Sprache sang. Gleichzeitig aber wurde ihr Gesang von einer anderen hohen Frauenstimme begleitet, die ganz weit aus der Ferne zu singen schien und ebenfalls ihren Text in einem vielsprachigen Gemisch vortrug.

Diese Frau berichtete über Hitlers Tätigkeit im Jenseits und erwähnte deutlich meinen Namen und Mälarhöjden. Zu guter Letzt stimmte eine ziemlich ungeschulte Männerstimme ein: "Babanzef ljubit (liebt) sähr Mälarhöjden!" sang sie intensiv, und ich erkannte sofort die Stimme eines weißrussischen Offiziers, der mit meiner Kusine in Estland verheiratet gewesen und kurz vor Kriegsende als deutscher Offizier an der Ostfront gefallen war.

Im Juni meldete sich auf dem Tonbande ein alter Bekannter, der Paul Kotzik hieß und als Masseur bei meinem Vater im Sanatorium angestellt gewesen war. Ich hatte Kotzik das letzte Mal im Jahre 1915 getroffen. Er massierte damals die Frau des Odessaer Gouverneurs und konnte dadurch Seite 156 trotz Krieg und als Reichsdeutscher sich frei in der Stadt bewegen.

Kotzik war ein glänzender Masseur, kerngesund, der das ganze Jahr über barhäuptig und ohne Mantel herumlief. Er verfügte über einen frischen Humor, war nett zu uns Kindern und weihte mich in die Kunst des Fotografierens ein. Er hatte übrigens großen Erfolg bei Frauen, zog es aber vor, als Junggeselle durchs Leben zu wandern. Kotzik war Berliner, sein Humor war dementsprechend typisch berlinerisch - frisch, trocken und frech.

Nach so vielen Jahren hätte ich seine Stimme natürlich kaum wiedererkennen können, wenn man mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätte. Kotzik sprach reines Berlinerisch, und zwar sehr deutlich. Es war die Stimme eines älteren Mannes. Eine Violine spielte weit im Hintergrund eine sonderbare, melancholische Melodie. Kotzik sprach intensiv, rasch und ohne Pausen. Er schien es eilig zu haben; seine Stimme klang wehmütig und traurig.

Gleich zu - Anfang erklang eine mechanische Männerstimme und kündigte deutlich, wie durch ein Sprachrohr, kurz "Hör Kotzik" an.

Die gleiche "Sprachrohrstimme" schaltete sich noch einmal dazwischen ein und sagte deutlich: "s'war Kotzik!"

Kotzik schloß seinen Vortrag mit dem lauten Ausruf: "Ah - jetzt kommt der Mölnbowagen!"

Ich werde auch diese Aufnahme erst nach genauer Analyse und Entstörung veröffentlichen.

Ich hatte im Mai eine kurze Mitteilung erhalten, an der ich verständnislos vorbeigegangen war und deren Sinn ich erst im August erfassen sollte. Es war die Stimme meines Jugendfreundes Herbort B., der leise, aber deutlich: "Friedrich, damit du weißt - Serapo!" sagte.

Die Fortsetzung folgte nach ein paar Tagen, wurde aber von einer anderen Stimme gesprochen. Ich vermute, daß es die meines Mailänder Gesanglehrers Danni war. Die Seite 157 Stimme verriet einen belustigten Tonfall und sagte erstaunt: "Drei Stück in einem Aeroplan - mamma mia!" Ich aber ging achselzuckend an etwas vorüber, was in Wirklichkeit eine verblüffende Prophezeiung war. Erst aber muß ich noch ein Ereignis berichten, das plötzlich im Juli eintraf und unsere ganze Familie in tiefe Trauer versetzte.

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