FRIEDRICH JÜRGENSON
Sprechfunk mit Verstorbenen
Praktische Kontaktherstellung mit dem Jenseits

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ACHTUNDZWANZIGSTES KAPITEL

Das Problem der genauen Identifizierung der Sprecher und Sänger - "Zigaretten weg!" - Eine kuriose Phantasiesprache- Ein Dasein ohne Klassen-, Rang- und Rassenunterschiede - Was sind das für Flug- oder Fahrzeuge? - Himmel und Höllen im kirchlichen Sinne gibt es nicht

Seite 140 Es bestand keine Schwierigkeit, die Stimmen meiner verstorbenen Verwandten, intimen Freunde und Bekannten und die Stimmen gewisser prominenter Persönlichkeiten, die ich zu ihrer Lebenszeit im Rundfunk gehört hatte, wiederzuerkennen.

Wenn aber Stimmen ihre Namen nannten oder von Lena angemeldet wurden, die ich früher nicht gehört hatte und von denen es keine Schallplattenaufnahmen oder Tonbänder gab, so konnte die Frage "wer ist wer?" mir viel Kopfzerbrechen bereiten. Dabei bezweifelte ich keinesfalls die Richtigkeit ihrer Behauptungen, doch bestand die Schwierigkeit darin, daß die Toten meistenteils in Gruppen auftraten und sehr rasch und eifrig durcheinander sprachen.

Nicht alle Stimmen eigneten sich auch für die Tonbandaufnahmen, denn es gab dumpfe und klanglose Organe, deren Mitteilungen auch für ein geübtes Ohr kaum zu verstehen waren.

Ich habe schon kurz den Fall Chesman erwähnt. Die Kontakte, die sich mit ihm Anfang Mai 1960 ergaben, waren von höchst interessantem Inhalt, jedoch von schlechter Tonqualität. Ich möchte diese Einspielung ebenfalls einer technischen Analyse und Reinigung unterwerfen und erst dann den Text veröffentlichen.

Soviel kann ich aber sagen, daß aus dem ersten Kontakt mit Chesman hervorging, daß er sich auf irgendeinem "craft" (Flugzeug, Fahrzeug) zu befinden schien und daß ihm der Begriff Mälarhöjden irgendwie eingeschärft worden war. Ich fand es sehr bemerkenswert, daß der Name Mälarhöjden mehrere Male Seite 141 von Chesman eindringlich wiederholt wurde, obwohl er für einen Amerikaner schwer aussprechbar ist.

Chesman hat übrigens mit keinem Wort seine Hinrichtung erwähnt oder seine schmerzlichen Probleme hervorgehoben. Seine neue Lage schien ihn gänzlich in Anspruch zu nehmen. Anscheinend empfand er eine große Erleichterung, denn seine Stimme verriet einen freudigen Unterton, ja, mitunter klang sie beinahe ausgelassen, und es fiel ihm merkbar schwer, seinen Übermut zu beherrschen.

Am nächsten Vormittag trat ein sonderbarer Vorfall ein. Ich hatte damals das Rauchen noch nicht gänzlich aufgegeben, und eine halbleere Zigarettenschachtel lag auf dem Tische neben dem Radio.

Ich schaltete auf Einspielung und erhielt sogleich Kontakt. Es sprach eine bekannte Frauenstimme. Sie nannte erst zwei Stichworte und fügte dann ruhig und deutlich auf Schwedisch und Deutsch hinzu: "Höre Friedel - unser Freund muß flach liegen platt zur Erde..."

Ich hatte auf dieser Stelle die Skala aus Versehen weitergedreht und erhielt plötzlich eine englische Reportage über Prinzessin Margarets Hochzeit. Als ich die vorige Welle zurückholte, war die bekannte Frauenstimme verschwunden. Ich ahnte, daß die Mitteilung Chesman galt, und wartete noch eine Weile.

Plötzlich begann Lena heftig zu flüstern: "Zigaretten weg! Nach unten! Nimm weg, weg!" rief sie rasch und erregt. Ich ergriff automatisch die Zigarettenschachtel und warf sie in den Kachelofen.

Als ich nach einer Weile den Kopfhörer wieder aufgesetzt hatte, sollte ich an einer Vorstellung teilnehmen, die einen recht eigenartigen Eindruck hinterließ und die ich beinahe als surrealistisch bezeichnen möchte. Ich hatte zunächst den akustischen Eindruck eines großen Raumes oder einer Halle, in der verschiedene Stimmen echohaft hohl ertönten.

Gleichzeitig konnte man die Anrufe und das Einschalten der Ferngespräche hören, ein Geräusch, das mit einem eigenartigen melodischen Klange verbunden war. Seite 142 Wie ich später erfuhr, entsprangen diese musikalischen Schalttöne der Funktion gewisser Radars oder Roboter, über die ich damals noch sehr wenig unterrichtet war.

Es herrschte eine große Aufregung unter den im Saal Anwesenden, und man redete in buntem Sprachgemenge durcheinander. Ich konnte Deutsch, Schwedisch, Englisch, Jiddisch und dazu noch eine ganz tolle Phantasiesprache heraushören, die zwar von den Jenseitigen anscheinend verstanden wurde, mir aber als ein sinnloses Kauderwelsch erschien.

Offenbar handelte es sich um Chesman, der vom heftigen Rauchverlangen befallen war und außerdem sich in einem nur halbwachen Zustande befand.

Wenn, wie gesagt, die Qualität dieser Einspielung viel zu wünschen übrigließ, so genügte sie mir doch insofern, als ich von jener Stunde an endgültig und ohne die geringsten Schwierigkeiten das Rauchen aufgab.

Wenn manchmal gewisse Gespräche der Verstorbenen sonderbar und nicht ganz zusammenhängend zu wirken pflegten, so schien doch ein verborgener Sinn hinter allen -Äußerungen zu liegen. Es mußte sich vorwiegend um Menschen handeln, die durch schwere, seelische Krisen gegangen waren und sich nun in einem Zustand der unbehinderten Reaktion befanden.

Man erhielt den Eindruck, daß die Verstorbenen ihre Gefühle ständig abreagierten, und zwar ganz spontan und ungehemmt. Von diesem Standpunkte aus hätte man das Jenseits als die Lebensebene des totalen Unterbewußtseins bezeichnen können, wo allen Gefühlen völliger Freilauf gestattet war. Es war mit anderen Worten die Lebensebene der Emotion, der Vorstellungen und Empfindungen.

Alles schien hier rasch vor sich zu gehen, zu wechseln, sich zu formen und umzuformen. So war es auch mit der Sprache bestellt, die sich blitzschnell in ein vielsprachiges Gemisch verwandeln konnte, dessen Färbung wiederum durch die Art der verschiedenen Menschengruppen geprägt wurde.

Die grundsätzliche Lebensveränderung durch den Tod schien nicht Seite 143 nur die sprachlichen und nationalen Schranken ausgetilgt zu haben, sondern die von uns so scharf beachteten Klassen-, Rang- und Rassenunterschiede schienen ebenfalls ihren Sinn und ihre Bedeutung verloren zu haben.

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Trotz der verworrenen Ausdrucksweise der Totensprache schien diese doch mit einer eigenen Logik erfüllt zu sein. Man könnte hier vielleicht von einer "irrationalen Konsequenz" sprechen, die, von den Schranken des Großhirns befreit, sich von der "Wahrheit des Gefühls" tragen und leiten läßt!

Da die menschliche Natur - von Ausnahmen abgesehen - lieber zum Heiteren als zum Traurigen sich hingezogen fühlt, so herrscht im Jenseits vorwiegend ein fröhlicher und ungezwungener Ton. Die Verhältnisse der neuen Lebensebene begünstigen natürliche Umgangsformen und geben oft genug Anlaß zu kindlichem Übermut und überschäumender Ausgelassenheit.

Während wir noch auf Erden Lebende unsere Gefühle, Absichten und Gedanken hinter der dichten Hülle unseres Körpers verbergen können, widerspiegelt die feinstoffliche Beschaffenheit der Toten alle deren innere Vorgänge, so daß sie eigentlich zur Verständigung untereinander gar keiner Worte bedürfen. So könnte die Gemeinschaft der Toten gewissermaßen mit einer seelischen Nudistenkolonie verglichen werden.

Gerade aber durch diese allgemeine seelische Entblößung, die rein automatisch alle Verstellung und Heuchelei ausschaltet, ergaben sich ebenso natürliche Beziehungen untereinander; denn dort, wo man nichts verbergen kann, braucht man auch nichts zu befürchten.

Wie sich bald erweisen sollte, besteht tatsächlich in den Sphären der wachen postmortalen Wirklichkeit kein Grund zur Furcht mehr. Allerdings leben - wenigstens anfangs - die Ängste in der Erinnerung weiter und können durch die Bilder der Vergangenheit vergegenwärtigt werden. Solche Angsterscheinungen pflegten öfters im Zustande des Halbschlafes vorzukommen, und deswegen Seite 144 wurde der Weckung der Schlafenden ganz besondere Sorgfalt zugemessen.

Anscheinend war auch Chesman in so einen unbehaglichen Traumzustand geraten, in dem er durch wachgerufene Erinnerungen ebenfalls vom Verlangen nach Zigaretten geplagt wurde. Meine Aufmerksamkeit war öfters von gewissen Äußerungen angezogen worden, die anscheinend mit dem Rätsel jener mystischen Flugzeuge in Verbindung standen.

Die Worte: "Freddie, wir fliegen" oder "Friedel, wir sitzen im Totenschiff" sowie auch die Ausdrücke "Teleship", "craft" usw. sind öfters von mir gehört und auf Tonband festgehalten worden. Wenn ich auch noch nichts Genaueres darüber erfahren hatte, so war es offenbar, daß es sich hier um irgendwelche Beförderungsmittel handelte, und zwar um eine Art des Fliegens.

Man flog ohne Bindung an Raum und Zeit bzw. man erreichte gerade durch diese Art des Fliegens die Überwindung der irdischen Bewußtseinszustände. Man flog und überschritt die Lichtgeschwindigkeit, gelangte in jenen Zustand, den Einstein visionär erkannt und den H. G. Wells in seinem Roman von der Zeitmaschine beschrieben hat. Die Lösung dieses Problems ist nur in der vierten Dimension zu finden.

Heute, nachdem das Grundproblem - das persönliche Überleben des Todes - durch die Tonbandkontakte mit den Verstorbenen eine objektive Lösung gefunden hat, scheint mir die Frage nach Art und Beschaffenheit jener fliegenden Fahrzeuge wenn auch interessant, so doch von ziemlich sekundärer Bedeutung zu sein.

Der Beweis aber, daß der Mensch als bewußte Einheit nach dem Tode weiterlebt, ist von allergrößter Bedeutung, ebenso natürlich die Tatsache, daß die Verstorbenen uns über Radio und Tonbandgerät erreichen können.

Prominente Persönlichkeiten der Antike, des Mittelalters oder des Frühbarocks haben sich bei mir nie gemeldet. Ich vermute, daß die meisten von ihnen bereits mehrere Male wiedergeboren und gestorben waren und sich zur Zeit Seite 145 unter anderen Namen auf Erden oder im Jenseits befinden.

Schon allein die frappierende Tatsache, daß Menschen wie Hitler, Stalin, Trotzkij, Lenin, van Gogh, Eleonore Duse, Annie Besant, meine Mutter, d'Annunzio, Göring, Himmler, Felix Kersten, "Montedoro" und viele andere bekannte jüdische und christliche Wissenschaftler, Musiker, Komponisten und Sänger, aber auch einfache Arbeiter und Handwerker gemeinsam auftraten, sich duzten und eine gemeinsame Aufgabe durchzufahren suchten - schon allein diese Tatsache ist von entscheidender Bedeutung.

Wenn nun im Jenseits zwischen den Henkern und ihren Opfern eine wahrhaftige Versöhnung stattgefunden hat, so konnte ich diese Tatsache nur freudig begrüßen. Ich sah und erkannte darin den ersten praktischen Beweis dafür, daß die Möglichkeit der Verwirklichung einer allmenschlichen Gemeinschaft besteht.

Für mich bestand auch kein Zweifel, daß alle diese Toten den wahren Sinn des Gesetzes von Ursache und Wirkung durchschaut hatten und dem Urgeheimnis des Lebens und Todes auf die Spur gekommen waren.

Damit aber soll keineswegs gesagt sein, daß alle Menschen nach dem Tode sich plötzlich in reine Engel verwandeln. Die entscheidende Veränderung, die in der Psyche der Toten stattfand, war nur im gewissen Grade auf die Erlösung von aller körperlichen Gebrechlichkeit zurückzuführen.

Die entscheidende Rolle muß dagegen Einflüssen jener zeit- und raumlosen Dimension zugemessen werden, die durch ihre bewegliche Gleichzeitigkeit den Toten den großen Vorzug der direkten Wahrnehmung ermöglicht. Die praktischen Folgen dieser zeitlosen Wahrnehmung lassen sich von unserem Lebensstandpunkt aus schwer, für die meisten überhaupt nicht ermessen.

So können die Toten zum Beispiel die Ursache und Wirkung aller Geschehnisse und Dinge als eine gleichzeitige und in sich abgeschlossene Einheit erfassen. Dadurch aber ist es ihnen möglich - und zwar rein praktisch -, den Unsinn und die Verzerrung aller ideologischen Doktrinen zu Seite 146 durchschauen, ganz gleich, ob sie religiöser, wissenschaftlicher oder politischer Art sind.

Die Toten wissen Bescheid, mitunter mehr als genügend. Da sie einerseits die Sterbenden überwachen und andererseits die Gestorbenen empfangen, so sind sie auch mit der Ursache dessen, was wir Tod nennen, gut vertraut. Sie wissen, daß, wenn die Menschen sich nicht gelegentlich durch Klassen-, Rassen- oder Religionskämpfe gegenseitig vernichten, sie sich trotzdem ihr Dasein durch widersinnige Lebensführung verkürzen, denn sie hetzen, trinken, rauchen, prassen, lieben und hassen sich zu Tode, ja, im Grunde genommen, berauben sich die meisten ihres Lebens selbst, und nur sehr wenige sterben eines natürlichen Alterstodes.

Die Toten wissen Bescheid; im Jenseits sprechen die Tatsachen eindringlich und unverkennbar. Alle die Vorstellungen und gegensätzlichen Begriffe, die heute unser Denken so rastlos bewegen, wie Vernichtung und ewiges Leben, Hölle und Himmel, Gott und Teufel, Moral und Unmoral, Haß und Zuneigung haben jenseits des Grabes ihre zeitbedingte Beschaffenheit und imaginäre Triebkraft verloren und sind an ihrer eigenen Unsinnigkeit zugrunde gegangen.

Deswegen können auch die Peiniger und die Gepeinigten, die Richter und die Gerichteten, die Mächtigen und die Geringen in einer völlig natürlichen Ausgeglichenheit der Gegensätze gemeinsam von neuem beginnen.

Die Toten haben im Hades kein Dantisches Inferno vorgefunden, auch keinen persönlichen Gott. Auch die Begriffe Himmel, Hölle und Teufel der Heiligen Schriften haben sich als nicht existent erwiesen. Der Mensch selber hat sich mittels seiner höchst unvollkommenen Vorstellungskraft das Bildnis von einer persönlichen Gottheit geschaffen.

Da aber die Wirklichkeit über jedes Vorstellungsbild weit erhaben und vom dreidimensionalen Gehirnverstand nicht erfaßbar ist, haben sich die Menschen einen Sündenbock konstruiert, dem sie die ganze Schuld an allem Leid und Mißgeschick zuschieben können. Mit Seite 147 Gott und Teufel als Weltbildgrundlage hat man sich aber die Tür zur Selbsterkenntnis verriegelt.

Die Toten kennen diesen Teufelskreis und seine fatalen Auswirkungen, ist doch ein großer Teil von ihnen direkt aus den Abgründen unserer Erdenhöllen ins Jenseits befördert worden. Sie wissen auch deshalb Bescheid, weil sie aus der Höhe ihrer zeitlosen Dimension die Geschichte unserer Menschheit mit all ihren Zusammenhängen sachlich überblicken können.

Die Toten blicken voller Bedenken zurück, denn die Anzahl unserer Erdenhöllen ist in den letzten Jahrzehnten gewaltig gestiegen. Vor allem aber sind die Toten dem Ursprunge dieses fatalen Kreislaufs auf die Spur gekommen, der in unserem falschen Denken und Fühlen besteht und die meisten Menschen in einer Art hypnotischem Bann gefesselt hält.

Doch trotz aller scheinbaren Hoffnungslosigkeit wissen die Toten, daß dieser stählerne Teufelskreis gesprengt werden kann. Die große Schwierigkeit besteht nur darin, daß wir - die noch auf Erden Lebenden - in einen traumähnlichen Zustand verstrickt sind und diesen Traum für Wirklichkeit halten.

Wir haben zwar die Weckrufe der schon Erwachten ständig in unseren Träumen vernommen, sie aber als Stimmen unserer Traumgestalten aufgefaßt. Wie aber sollen uns die erwachten Toten ansprechen können, wenn wir seit Jahrtausenden die Weckrufe aller auf unserem Plan lebenden Weltlehrer verschlafen haben?

Vor allem aber: haben wir nicht einen großen Teil dieser Weckrufer ausgestoßen, verfolgt, umgebracht? Und unsere Schwestern und Brüder - sind sie nicht von uns mit Trauerflor und Tränen zur "ewigen Ruhe" getragen, beerdigt oder verbrannt und dann vergessen worden? In Wahrheit - wie viele kümmerte das Schicksal der Toten? Beklagten und beweinten wir nicht vielmehr unseren eigenen Schmerz, unsere Einsamkeit nach dem Verluste?

Seite 148 Und wer wünschte es schon, mit den Verstorbenen in Verbindung zu treten, mit Gespenstern also, die einen zweifelhaften Ruf genießen? Es ist schon so: Die Hindernisse befanden und befinden sich ausschließlich auf unserer Seite, denn von seiten der Toten ist die Verständigungsbrücke bereits errichtet.

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